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Zeitung << 1/2003 << Filmtipp 1
Filmtipp 1
Hundstage
Autor: Dávid Horváth
Hundstage sind die heißesten Tage des Sommers. Bei so einer Hitzewelle wird vor uns der Stadtrand von Wien, mit seinen Einkaufszentren und Wohnblöcken lebendig. Sechs Episodenfilme zeigen uns das Leben der Leute einer Reihenhaussiedlung. Die Geschichten verlaufen parallel und sind miteinander verwoben: Ein verwitweter Rentner (Erich Finsches), der seinen 50. Hochzeitstag mit seiner alten Putzfrau feiert; eine ältere Klavierspielerin, die nur Sex haben will; ein Vertreter für Alarmanlagen (Alfred Mrva); eine geschiedene Frau, die mit ihrem Exmann in einem Traumhaus zusammenlebt, außerdem besucht sie regelmäßig Swingerclubs; ein junges Mädchen (Gerti Lehner) mit ihrem eifersüchtigen Freund und eine verrückte Autostopperin, die mit ihren Werbespots, Fragen und Kirchenliedern auf dem Parkplatz der Shopping City Süd die Leute fertig macht. Bei drückender Schwüle werden hässliche, alte, schwitzende Körper, seelische Krüppel, Frauen mit Hängebusen auf die Leinwand gebracht. Dieser Film ist ein Gemisch von schockierenden, obszönen Bildern, Ekel und Porno. Einige Tabus werden gebrochen, wie z.B. Geschlechtsverkehr im Rentneralter. Es ist ein körperlicher, naturalistischer Film, die Menschen werden so dargestellt, wie sie sind. Ist es eine Tragödie oder eine Karikatur? Vielleicht will der Regisseur Ulrich Seidl mit Hundstagen der österreichischen Gesellschaft einen Spiegel vorbehalten? Fakt ist, er gewann mit diesem Film den großen Preis der Jury in Venedig 2001. Ob er ihn verdient hat, sollte der Zuschauer entscheiden. Eins ist sicher: Wer sich diesen Film angeschaut hat, wird ihn nie wieder vergessen.
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