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Zeitung << 1/2003 << „Die den Adler tragen


Die den Adler tragen
Eine kurze Geschichte der deutschen Fußball-Nationalmannschaft von den Anfängen bis zur Gegenwart

Autor: István Vidákovics

Seit spätestens dem 4. Juli 1954 weiß jeder, was für einen Stellenwert Deutschland in der Fußballwelt hat, und wir in Ungarn wissen das besonders gut. Denn an jenem Abend wurde eine Fußballnation geboren, während eine andere mit ihrem Canossagang begann und ihn auch heute noch fortsetzt. Es ist offensichtlich jedem bekannt, dass mehr als 80 Prozent der Germanistikstudierenden Studentinnen sind und die meisten von ihnen sich kaum für Fußball interessieren, selbst einige Jungen nicht. Denn in Ungarn ist Fußball – und leider auch andere Sportarten – bei weitem nicht so populär wie in Deutschland, besonders nicht unter den Studierenden. Fußball gehört zum deutschen Alltagskultur und in einem Germanistischen Magazin sollte auch Sport Platz haben. Vielleicht werden dadurch einige Leser in den “Bann des runden Leders” gezogen und letztendlich würden sie es gar nicht bereuen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wurde am 28. Januar 1900 mit 86 Vereinen in Leipzig gegründet. Der erste deutsche Meister im Jahre 1903 war der VfB Leipzig. 1906 und 1913 wiederholten sie ihren Sieg. Die Nationalmannschaft bestritt ihr erstes Spiel am 5. April 1908 in Basel gegen die Schweiz und verlor mit 3:5. Aber mit den Jahren wurde das Land zu einer Fußballgroßmacht.

Der erste WM-Titel für Deutschland 1954
Die drei Sterne auf dem Trikot der Nationalmannschaft stehen für die drei WM-Titel (1954, 1974, 1990). Manche Nationen würden sich schon über einen freuen und wir Ungarn gehören zu dem Kreis. Schließlich ist es uns Ungarn fast gelungen offiziell die beste Mannschaft der Welt zu haben. An jenem vielzitierten Abend 1954 hatten wir vielleicht die Besten der Welt, aber mit dem Titel konnte die jahrelange phantastische Leistung der ungarischen Mannschaft doch nicht gekrönt werden. Seit mehr als drei Jahren waren wir unbesiegt, 1953 fügten wir England eine Niederlage von 3:6 im Wembleystadion zu, die nie zuvor von einer europäischen Mannschaft zuhause besiegt wurden. Sogar Deutschland, das übrigens mit einer B-Mannschaft aufgetreten ist, wurde in der Vorrunde mit 8:3 besiegt. Aber all das war zu wenig. “Halten Sie mich verrückt, halten Sie mich übergeschnappt, aber das ist ein Fußballherz, das hier höher schlägt!” – so kommentierte der deutsche Rundfunkreporter Herbert Zimmermann den WM-Triumph in der Schweiz. In der Vorrunde wurde die Türkei mit 4:1 und mit einem 7:2 im Entscheidungsspiel kalt gestellt, zwar eine Niederlage von 3:8 gegen Ungarn, aber im Viertelfinale 2:0 gegen Jugoslawien, im Halbfinale 6:1 gegen Österreich, und im Finale sollte diese Serie fortgesetzt werden. In Bern erwischte Ungarn einen guten Start und ging durch Puskás und Czibor mit 2:0 in Führung, aber dann kam die Hilfe für die Deutschen von oben. Es fing an zu regnen, was den ungarischen „Künstlern“ gar nicht lag. Die physisch besser vorbereiteten Deutschen glichen durch Morlock und Rahn aus, und dann folgte noch die kalte Dusche für Ungarn. Nach einer Flanke von Schäfer köpften die ungarischen Abwehrspieler den Ball genau vor die Füßen von Helmut Rahn, der aus gut 16 Metern mit Links den Ball ins Tor schoss. 1954 wurde Deutschland zum ersten Mal Weltmeister.

Europameister 1972
Dem ersten WM-Titel folgten noch zwei weitere. Aber der nächste Erfolg war der Sieg bei der Europameisterschaft 1972. Im EM-Viertelfinale gelang ein Sieg von 3:1 im Wembleystadion, im Halbfinale eine 2:1 gegen Belgien und im Endspiel wurde die damalige Sowjetunion mit 3:0 bezwungen. Die deutsche Nationalmannschaft – mit Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Georg Schwarzenbeck, Horst Höttges, Herbert Wimmer, Siggi Held, Paul Breitner, Günter Netzer, Jürgen Grabowski, Uli Hoeneß und Gerd Müller – wurde zum ersten Mal Europameister.

Weltmeister 1974
1974 vor heimischer Kulisse gelang wieder ein WM-Triumph. Nach fünf Siegen – gegen Chile, Australien, Jugoslawien, Schweden und Polen – und einer Niederlage gegen die DDR bezwang die Bundesrepublik Holland mit 2:1 im Finale. Gerd Müller stellte einen Rekord auf, denn bei den Weltmeisterschaften 1970 und 1974 erzielte er insgesamt 14 Tore, mit denen er den Titel “Bomber der Nation” zurecht verdient hatte. Kein anderer Spieler hat bis heute so viele Tore bei Weltmeisterschaften erzielt.

Europameister 1982 und 1996
Acht Jahre später wurde das Land wieder Europameister nach einem 2:1 Sieg im Finale gegen Belgien durch zwei Treffer von Horst Hrubesch. Das gelang auch 1996 in England. Die von Berti Vogts geleitete Nationalmannschaft besiegte im Finale Tschechien mit einem historischen “Golden Goal” von Oliver Bierhoff. Endergebnis: 2:1.

Der dritte WM-Titel für Deutschland 1990
Zuvor hatte Deutschland 1990 bei der WM in Italien den dritten WM-Titel geholt. Mit einem zweifelhaften Elfmetertor – verwandelt von Andi Brehme, herausgeholt von Rudi Völler – wurde Argentinien, der amtierende Weltmeister, bezwungen. Damit war der dritte WM-Erfolg perfekt. Neben all diesen Titeln gelangen dem Nationalteam weitere gute Platzierungen bei Endrunden. Viermal wurde Deutschland Vize-Weltmeister (1966, 1982, 1986, 2002), zweimal WM-Dritter (1934, 1970) und zweimal Vize-Europameister (1976, 1992). Deutschland ist eine Fußball-Großmacht und Fußball spielt eine wichtige Rolle im deutschen Alltag, wie man beispielsweise an den speziellen Fußballsendungen im Fernsehen sehen kann. Es gab viele große Erfolge und es wird sicherlich noch welche geben. Vielleicht schon bei der WM 2006 im eigenen Land? Die Voraussetzungen sind bestens: gute Nachwuchsspieler, ein immer stärker werdendes Team mit einem hervorragenden Trainer Rudi Völler, heimische Kulisse. Mit Hilfe der “alten deutschen Tugenden” und mit ein wenig Glück wäre das durchaus möglich und die Sammlung würde sich mit einem weiteren Pokal erweitern.