Ein neues Buch über die Geschichte Siebenbürgens

 

Die 1992 ins Leben gerufene „Szegedi Középkorász Mûhely” (Werkstatt der Mittelalterforscher von Szeged) feiert ihren zehnten Geburtstag. 1992 ist von dieser Werkstatt die Buchreihe „Szegedi Középkortörténeti Könyvtár” (Szegediner Bibliothek der Geschichte des Mittelalters) begründet worden. Der achtzehnte Band der Buchreihe ist ein Buch von Gyula Kristó, einem anerkannten Forscher des ungarischen Mittelalters, das unter dem Titel A korai Erdély (Die Frühgeschichte Siebenbürgens) erschienen ist. Seit mehreren Jahrzehnten untersucht der Autor die Geschichte Siebenbürgens, die eng mit der Politik und der Ideologie der verschiedenen Epochen verbunden ist. Die Geschichte Siebenbürgens ist bisher aus dem Gesichtspunkt des ungarischen, des rumänischen und des sächsischen Volkes geschrieben worden. Die Werke der rumänischen Historiker sind im Zeichen der dako-rumänischen Kontinuität entstanden, und im Mittelpunkt der ungarischen Siebenbürgen-Geschichte ist auch nicht Siebenbürgen selbst gestanden, sondern das Ungarntum in Siebenbürgen. Die deutschen (sächsischen) Historiker haben zeitweise von Siebenbürgen so geschrieben, als wäre es wie Österreich und Baiern ein rein deutsches Gebiet gewesen. Gyula Kristó stellt die Geschichte dieses Raumes mithilfe der Daten der schriftlichen Quellen, der Linguistik und der Archäologie vom Jahr der ungarischen Landnahme bis 1324 vor. Dieses Jahr kann einerseits mit zwei königlichen Maßnahmen verbunden werden, die den Woiwoden und den Adel von Siebenbürgen betroffen haben, andererseits lässt sich dieses Jahr mit dem Aussterben der letzten Generation der Dynastie der Árpáden verbinden.

Bei der Erklärung des historischen Siebenbürgen wird vom Autor die Ansicht vertreten, dass die altertümliche Provinz Dacia nicht mit dem Gebiet des späteren Siebenbürgens identisch ist. Siebenbürgen erscheint zuerst in lateinischen Urkunden des 11. Jahrhunderts, zum Teil mit einem Präposition wie ultra silvam ’jenseits des Waldes’, dann ultra silvas ’jenseits der Wälder’, oder in der Form von adjektivischen Ortsbezeichnungen Alba Transsilvana, Ultrasilvane partes und Ultrasiluanus. Die substantivierte Form Transsilvania wird erst von 1462 an ununterbrochen verwendet. Die erste ungarische Erwähnung des Begriffs erscheint bei Anonymus in der Form Erdeuelu, die sich auf eine Wortzusammensetzung erdõ + el(ü) ’erdõn túl’ (jenseits des Waldes) zurückzuführen lässt. Transsilvania ist die lateinische Übersetzung dieser ungarischen Form, und auch aus dem Wort Erdély kann man die 1444 zum ersten Mal erscheinende rumänische Wortform Ardeal ableiten. Die deutsche Benennung Siebenbürgen hängt nicht mit den Burgen der sieben siebenbürgischen Komitate (Burgkomitate), sondern mit Cibinburg ’Szebenvár’ neben Szeben (Hermannstadt, Sibiu) zusammen. Der Terminus ist außerhalb Siebenbürgens entstanden, und am Anfang hat er sich auf das Gebiet jenseits des Igyfon-Waldes bezogen. Mit der Ausbreitung der christlichen Kirche mit lateinischen Riten hat sich der Begriff auf immer größere Gebiete bezogen, die sich im 11. Jahrhundert bis zum Gebiet von Gyulafehérvár (Karlsburg oder Weißenburg, Alba Iulia) erstreckt haben. Der Autor hat bei der territorialen Bestimmung Siebenbürgens die Auslegung von Zsigmond Jakó angenommen, also enthält das von ihm untersuchte Siebenbürgen die sieben innersiebenbürgischen Komitate, das Szeklerland, das Land der siebenbürgischen Sachsen, und aus Partium die zwei Komitate Közép-Szolnok und Kraszna. Mit einem Wort: Das historische Siebenbürgen fällt überhaupt nicht mit dem heutigen rumänischen Siebenbürgen zusammen.

Nach der Analyse der Quellen behauptet der Autor, dass die landnehmenden Ungarn im 9. Jahrhundert Siebenbürgen nicht besetzt, sondern es nach der Tiefebene, die für ihre nomadische Lebensweise bessere Möglichkeiten geboten hat, besiedelt haben. Die Gräber aus der Zeit der Landnahme, die sich im Halbkreis im westlichen Teil Siebenbürgens aneinanderreihen und die an der tiefebenischen Seite des Siebenbürgischen Mittelgebirges deuten dem Autor nach auf das Existieren eines doppelten Schutzsystems, das gegen die Petschenegen gebaut worden ist. Durch die Wirkung der Veränderungen in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts – die ungarischen Streifzüge sind zu Ende gegangen, die Unterwerfung der freien, aber verarmten Mitglieder der Stämme und Sippen hat begonnen – ist es zur Besiedlung Siebenbürgens durch den Ungarn gekommen.

Der Autor setzt die ersten siebenbürgischen Gebiete der Ungarn in die nordwestliche Teile. Hier kann man auch den Stammesstaat des in den Quellen auftretenden Anführers Gyula, der im 11. Jahrhundert gelebt hat, lokalisieren, und auch hier ist nach der Niederschlagung Gyulas das erste Komitat Doboka zustandegekommen, das seinen Namen von dem siegreichen königlichen Heerführer bekommen hat. Aus diesem riesigen Komitat sind im 11–12. Jahrhundert die Komitate Kolozs, Kraszna und Torda herausgerissen worden. Das zweite Komitat Siebenbürgens war Fehér, dessen Einheit durch die Ansiedlung der Sachsen, dann durch die der Szekler gespalten worden ist. Aus dem Komitat Fehér sind im 12. Jahrhundert das Komitat Küküllõ, im 13. Jahrhundert das Komitat Hunyad organisiert worden. Der Gespan des Komitats Fehér hat bis zum Ende des 12. Jahrhunderts die Herrschaft über die anderen siebenbürgischen Komitate erworben und schon 1199 den Titel des Woiwoden getragen. Dieser Titel ist slawischer Herkunft, und früher kann Kean von seinen slawischen Untertanen so genannt worden sein. Der Woiwode – der der Vorgesetzte der siebenbürgischen Gespane war – ist in den letzten Jahrzehnten der Epoche zum Herrn von Siebenbürgen geworden, der aber vom König abhängig war.

Vom Zustandekommen der Komitate und Burggespanschaften haben wir keine schriftlichen Quellen. Die Komitate haben ihren Namen im allgemeinen von der Burg bekommen, die in ihrem Gebiet gelegen ist, und um die sich diese Komitate organisiert haben. In Siebenbürgen sind im 11. Jahrhundert fünf Burgen aus Holz und Erde gelegen: Dobokavár, Kolozsvár (in heutigem Cluj-Mãnãºtur), Tordavára (in heutigem Moldoveneºti), Hunyadvára (in der unmittelbaren Nähe von der heutigen Burg), (und Küküllõvár, dessen Datierung unsicher ist.). Das Frühere bulgarische Zentrum, Fehérvár (Weißenburg) ist aus Stein erbaut worden.

Am Anfang des 11. Jahrhunderts hat sich auch Siebenbürgen in den neu zustandekommenden christlichen ungarischen Staat eingefügt. Das bezeugt, dass auf dem Gebiet von Siebenbürgen parallel zum Entstehen der weltlichen Verwaltung auch die Kirchenorganisation ausgebaut worden ist. Nicht lange nach der Niederschlagung Gyulas muss das siebenbürgische Bistum von Stephan dem Heiligen ins Leben gerufen worden sein, das der Autor auf das nordsiebenbürgische Gebiet von Gyula setzt. Der Sitz der Diözese muss in der Burg von Doboka gewesen sein, und wahrscheinlich in der Zeit Ladislaus’ I. ist es an (Gyula-) Fehérvár gelangt, dessen Name aber nicht mit dem des niederschlagenen Gyulas verbunden werden kann, weil die Form Alba Jule (Gyulafehérvár) zum ersten Mal in einer Urkunde aus dem Jahre 1274 aufgetreten ist. Mit der territorialen Ausbreitung der Diözese ist der Begriff von Siebenbürgen auch immer breiter geworden, aber gleichzeitig ist er auch enger geworden, weil Ugocsa und Szatmár zum siebenbürgischen Bistum, nicht aber zum weltlichen Siebenbürgen gehört haben. In dem 12. Jahrhundert haben sich die Begriffe von kirchlichen und weltlichen Siebenbürgen voneinander getrennt. Siebenbürgen ist von dem im weltlichen Sinne verwendeten Siebenbürgen – Begriff vertreten worden.

Neben den weltlich – kirchlichen Institutionen sind im Laufe des 11–12. Jahrhunderts auch die Abteien der Benediktiner und die der Zistenzienser erschienen. Neben der Burgen der Gespane sind Kirchen erbaut worden, und auch die ländlichen Kirchen sind aufgetaucht. Aus den wenigen Quellen geht hervor, dass Siebenbürgen zur östlichen Grenzfestung der römisch – katholischen Kirche geworden ist.

Die in die Tiefebene ziehenden landnehmenden Ungarn haben in Siebenbürgen Slawen vorgefunden, die seit dem 7. Jahrhundert dort gelebt hatten, und im südlichen Teil eine protobulgarische (türkische) Bevölkerung, die die dortige Slawen erobert hatte. Infolge der schon erwähnten Veränderungen des 10. Jahrhunderts hat um die Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert eine bedeutende ungarische Bevölkerung im nördlichen Teil Siebenbürgens gelebt. Wegen der im 11. Jahrhundert fortsetzenden Ansiedlung muss man in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch im südlichen Teil von Siebenbürgen mit einem dichten ungarischen Siedlungsnetz rechnen. Im Kapitel „Új betelepülõk” (Neue Ansiedler) behandelt der Autor das Erscheinen der Sachsen, der Szekler und der Rumänen in chronologischer Reihenfolge und auch ihre Rolle im Ungarischen Königtum. Das Auftreten deutscher Ansiedler kann man von dem Ende des 11. Jahrhunderts an nachweisen. Im 12–13. Jahrhundert nimmt ihre Zahl zu. Die zunehmende Bedeutung der Deutschen zeigt das sog. Andreanum aus dem Jahre 1224, das die südsiebenbürgischen Sachsen von Szászváros (Broos, Orãºtie) bis Barót zu einem Volk vereinheitlicht hat und unter die Obergewalt des Gespans von Szeben gestellt hat. Dieser Freibrief hat den Sachsen eine weitreichende Autonomie gesichert, ihre Felder vor den Fremden geschützt und hat ihren Körperschaften eine besondere Beurteilung zukomen lassen. Die siebenbürgischen Sachen sind von 1298 an als universitas, von 1305 an als communitas, d. h. als eine geschlossene Körperschaft aufgetreten. Von 1302 an sind die Richterstühle erschienen, die als der organisatorischen Rahmen der Autonomie betrachtet werden können.

Die Szekler sind zusammen mit den landnehmenden Ungarn angekommen, und dem Autor nach haben sie eine türkische Sprache gesprochen. Nachdem das System der Grenzgespanschaften geendet hat, können sie vor der Unterwerfung einerseits freiwillig weggegangen sein, andererseits kann es auch die königliche Macht gewesen sein, die die Szekler aus dem westlichen Grenzgebiet und der Gegend von Bihar nach Osten umgesiedelt hat. Die Szekler haben die ungarische Sprache, die sie an ihrem früheren Ort erlernt hatten, und auch die Namen ihrer geographischen Umgebung mitgebracht. Die Analyse dieser Namen hilft den Forschern bei der Bestimmung ihrer früheren Wohnorte und bei der Rekonstruktion des Weges, auf dem sie um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert oder am Anfang des 13. Jahrhunderts nach Siebenbürgen gelangt sind. In den 1220-er Jahren hat der König einen Szeklergespan an die Spitze des Landes der Szekler gestellt, das ähnlich wie das Sachsenland zu einer territorialen Einheit ausgebaut worden ist. Wie an dem früheren Ort, sind die Szekler an ihrem neuen Ort dem König in erster Linie zu militärischem Dienst verpflichtet gewesen, überdies haben sie mit Tieren Steuern zahlen müssen. Wegen ihrer ethnischen Sonderstellung und der Stelle, die sie in der ungarischen Gesellschaft des 13. Jahrhunderts hatten, haben sie ihre Sonderrechte bis zum 16. Jahrhundert bewahrt. Ihre geschlossenen Körperschaften werden von den 1270-er Jahren an "Universität" (universitas) genannt. Die szeklerische Verwaltung selbst ist nach der im Buch behandelten Epoche, aufgrund des sächsischen Musters, zu den schon erwähnten sieben Stühlen organisiert worden.

Nach den Verfechtern der Theorie der dako-rumänischen Kontinuität hat sich die Bevölkerung von Dacia, das von dem Römischen Reich 105/106 erobert worden ist, nicht nur ihre Sprache, sondern auch ihre Kultur assimiliert, und als die Römer 271 die Provinz verlassen haben, ist eine stark romanisierte Bevölkerung in diesem Gebiet zurückgeblieben. Anders gesagt: Die Ahnen der heutigen Rumänen leben seit fast zwei Tausend Jahren in ihrer heutigen Heimat, in erster Linie in Siebenbürgen, wo die Provinz Dacia existiert hat.

Der Autor untersucht die Quellen, die sich auf dieses Gebiet und auf das dritte Drittel des 9. Jahrhunderts, also das Zeitalter der ungarischen Landnahme, beziehen. Danach behauptet er ausdrücklich, dass keine Rumänen in Siebenbürgen in dieser Epoche gelebt haben müssen. Die Wolohen, welche die Nestor – Chronik unter der Jahreszahl 898 erwähnt, sind dem Autor nach nicht die Nachkommen der seit dem 1. Jahrhundert dort lebenden romanisierten Daken, sondern sie sind mit den den westlichen Teil des Karpatenbeckens im 8. Jahrhundert erobernden Franken identisch. Die andere, „gemeinte” Hauptquelle der dako – rumänischen Theorie ist Anonymus, der in seiner romanhaften Gesta die Walachen erwähnt hat. Der anonyme Meister hat aber sein Werk 300 Jahre nach der Landnahme geschrieben, und in zahllosen Fällen beweist er in dem Werk, dass er weder die frühe Geschichte seines Volkes, noch die bedeutenden Persönlichkeiten des Zeitalters der Landnahme kennt. Die bei ihm auftretenden und den Ungarn gegenüber feindlichen Völker spiegeln die ethnische – politische Situation seines Zeitalters wider.

Die Rumänen waren am Ende des 10. Jahrhunderts in Griechenland und in der Gegend von Ohrid. Sie sind am nördlichen Teil der Balkanhalbinsel im 12. Jahrhundert erschienen, und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts (im Jahre 1166) haben sie sogar mit den byzantinischen Heeren Siebenbürgen angegriffen. In den schriftlichen Quellen von Ungarn sind sie in den 1210-er Jahren erschienen. Nach diesen Daten haben sie Siebenbürgen entlang des Flusses Alt betreten. In Siebenbürgen sind sie auch von Süden nach Norden gezogen, und haben sich überall am Rande der Bergländer niederlassen. Infoge des Mongolensturmes sind die Rumänen zuerst von der königlichen Macht, dann von der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert an von den Privatgutsherren in Siebenbürgen angesiedelt worden. Wenn man die auf Quellen basierenden Ergebnisse des Autors ansieht, taucht die Frage auf: Warum erscheinen die ersten Ortsnamen rumänischer Herkunft erst im 14. Jahrhundert – und auch diese in der Gegend von Fogaras, dann in den südlichen Teilen Siebenbürgens, während im größeren, nördlichen Teil des Gebiets weder Rumänen, noch rumänische Ortsnamen zu finden waren – und warum werden die ersten rumänischen orthodoxen Kirchen erst im 13–14. Jahrhundert erbaut, wenn in diesem Raum schon seit 271 eine romanisierte rumänische Bevölkerung gelebt hat?

Die transhumierende Viehhaltung (doppelten Weidewechsel) betreibenden Rumänen haben dem Herrscher mit Schafen Steuer zahlen müssen und sind zum militärischen Dienst verpflichtet gewesen. Am Ende des 13. Jahrhunderts ist die Rolle des Rumänentums aus dem Gesichtspunkt der schwächer werdenden königlichen Macht immer größer geworden. Andreas III. hat nach der Organisierung der Rumänen nach dem Muster der Szekler und der Sachsen gestrebt. Dieser Plan ist gescheitert, zum Teil darum, weil er das Rumänentum wegen seiner transhumierenden Lebensweise nicht hat ansiedeln können, und andererseits darum, weil die Möglichkeit der Privilegisierung infolge der Ansiedlung durch die Privatgutsherren abgeschnitten gewesen ist.

Mit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert ist auch eine Phase der Geschichte Siebenbürgens zu Ende gewesen. Das wird auch vom Quellenmaterial gezeigt, das vom Anfang des 13. Jahrhunderts an explosionsartig zugenommen hat. Unsere zeitgenössischen Quellen stellen uns das Bild einer sich bewegenden und sich anpassenden Gesellschaft vor.

Die Ansiedlung des Deutschen Ritterordens im Burzenland im Jahre 1211 und die Veraustreibung der Ritter im Jahre 1225 hat die Aufmerksamkeit der internationalen Politik auf Siebenbürgen gerichtet. Andreas II. hat die Ritter mit Waffengewalt vertrieben, da der Orden nach der Unabhängigkeit von der königlichen Macht strebte. Zwischen 1226 und 1235 hat Siebenbürgen eine staatsrechtliche Funktion bekommen. Andreas II. hat seinen ältesten Sohn Béla als Herzog an die Spitze von Siebenbürgen gestellt. Nach den schriftlichen Quellen hat sich Béla während seiner fast zehnjährigen Herrschaft hautpsächlich mit den Kumanen beschäftigt, weil er die Mongolengefahr erkannt hat. Mit der Krönung Bélas im Jahre 1235 ist die Institution des siebenbürgischen Herzogtums verschwunden.

Infolge der Verwüstungen, welche die Mongolen (Tataren) angerichtet haben, können die neuen Kennzeichen der Politik Béla IV. auch in Siebenbürgen beobachtet werden. Mit der Grenzwache hat er zuerst den 1247 hereingerufenen Malteserorden beauftragt, dann nachdem dieser abgezogen war, wurden die Szekler mit derselben Aufgabe beauftragt. Der König hat die Ansiedlung der Rumänen in Siebenbürgen fortgeführt. Nach 1242 ist es zur Errichtung von Steinburgen gekommen, die anfangs Verteidigungszwecken gedient haben, dann sind sie zu den Mitteln der herrschaftlichen Repräsentation geworden. In dem Zeitalter, das im Buch untersucht wird, sind im Gebiet Siebenbürgens nach dem Zeugnis der Quellen 26 Steinburgen und einige andere Festungen gestanden, die aus anderen Stoffen erbaut worden sind.

An der Spitze Siebenbürgens ist zwischen 1257 und 1270 der ältere Sohn Béla IV., der Thronfolger, der spätere István V. gestanden. Er hat auch den Titel des Herzogs von Siebenbürgen getragen, obwohl sich sein Herrschaftsgebiet auf den ganzen Landesteil östlich der Donau mit der Ausnahme von Brassó (Kronstadt) erstreckt hat. Während seiner Herrschaft hat der Herzog István eine groß angelegte siebenbürgische Politik betrieben, die sich in der Verstärkung des siebenbürgischen Adels gezeigt hat. Siebenbürgen ist 1264 von einem innerlichen Krieg zwischen István und seinem Vater, dann von dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den Sachsen und dem siebenbürgischen Bischof im Jahre 1277, und schliesslich 1285 von einem neuerlichen tatarischen Angriff erschüttert worden.

Im Buch wird neben dem wirtschaftlichen Leben Siebenbürgens auch die Geschichte der Urbanisierung behandelt. Bei der Rekonstruierung des gesellschaftlichen Bildes schreibt der Autor, dass keine Adelsgeschlechter in Siebenbürgen entstanden seien, die siebenbürgische Aristokratie sei also eine Importerscheinung. Die schon erwähnte Politik des Herzogs István hat dem Autor nach zur Erhöhung der Bedeutung des im 13. Jahrhundert entstandenen mittleren Adels und zur Herausbildung ihres eigenartig siebenbürgischen adeligen Selbstbewusstseins wesentlich beigetragen. Die gesellschaftliche Verstärkung des Adels beweist, dass die Adeligen von 1288 an zu den Teilnehmern der siebenbürgischen congregationes generales, d.h. Generalversammlungen gezählt haben, sie sind also von der königlichen Macht in die Rechtsprechung einbezogen worden. Parallel zu den anderen Teilen des Landes sind auch hier die adeligen Komitate erschienen. Im Laufe des 13. Jahrhunderts hat sich die Macht des Woiwoden gefestigt. Die Urkunden, die sich auf die ersten zwei Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts beziehen, verweisen auf gefährliche Zeiten, die 1322 während der Herrschaft des Woiwoden Tamás Szécsényi aus dem Geschlecht Kacsics friedlicher wurden. 1324, im letzten Jahre der untersuchter Epoche hat der König die frühere Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Woiwoden abgeschafft, und damit hat er die Macht des Woiwoden erheblich erhöht. In demselben Jahre hat er auch dem siebenbürgischen Adel Zugeständnisse gemacht, und das hat zu ihrer Vereinheitlichung wesentlich beigetragen. Die beiden Maßnahmen des Herrschers zeigen, dass die starke königliche Macht mit dem emporgekommenen Adel ein Bündnis eingegangen ist.

Das wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische System des aus den Quellen zum Vorschein kommenden Siebenbürgens hat sich zeitlich und auch auf der Art und Weise parallel zu den Geschehnissen des Ungarischen Königtums gestaltet. Die Geschichte der den organischen Teil des Ungarischen Königtums bildenden Siebenbürgischen Woiwodenschaft kann also nicht von der Geschichte des zeitgenössischen Ungarns getrennt werden.

Dieser mit Karten illustrierte Band, dessen Tatsachen auf der Analyse der Quellen basieren, ist eines der bedeutendsten Werke seit dem dreibändigen Buch Erdély története (Die Geschichte Siebenbürgens). Der Autor stellt die Geschichte Siebenbürgens sachlich, ausschliesslich auf den Quellen basierend und mithilfe der rationalen Analye dieser Quellen dar. Er zeigt, dass alle drei Völker, die heute in diesem Raum leben, Einwanderer, also nicht autochthon sind. Gestehend, dass die Darstellung der Frühgeschichte Siebenbürgens keine einfache Aufgabe ist, zeigt er genauso, dass die von der Nationalpolitik befreite Analyse des Quellenmaterials ein unparteiisches und zusammenfassendes Bild über die 430-jährige Geschichte Siebenbürgens bietet.

Szilvia Kovács