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Zeitung << 1/2011 << Deutsche Praktikanten in der Gastronomie in Szeged


Deutsche Praktikanten in der Gastronomie in Szeged
Gastschüler aus München

Autoren: Péter Bozó, Attila Bús

Attila Bús hat vor drei Jahren – noch als Schüler der Szegeder Ferenc Hansági Mittelschule – im Rahmen eines Leonardo-Projekts als Kochpraktikant einen Monat lang in München gearbeitet. Heute ist er Germanistikstudent an der Universität Szeged und Mentor der deutschen Konditorpraktikanten, die mit dem Austauschprogramm seiner ehemaligen Schule nach Szeged kommen. Im Mai 2011 sind drei Schüler aus München nach Ungarn gekommen und haben in Szeged als Konditorpraktikanten gearbeitet. Am Ende ihres Szegeder Aufenthalts sprach Attila Bús – zusammen mit Péter Bozó – mit den deutschen Gastschülern über ihre Erlebnisse, aber auch über kulturelle Unterschiede zwischen Ungarn und Deutschland.

Was meint ihr, warum ist es wichtig die deutsch-ungarischen Kontakte zu halten?
Die Welt wächst durch die Globalisierung immer mehr zusammen, und auch der Eintritt in die EU erfordert ein gegenseitiges Verständnis in Bezug auf die unterschiedlichen Kulturen und Lebensweisen. Außerdem ist es wichtig, auch etwas über andere EU-Länder zu wissen, welchen Lebensstil und welche geschichtliche Vergangenheit sie haben. Der Schüleraustausch ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt, um genau dieses Verständnis zu fördern, da man ja wirklich vor Ort ist und die eventuellen Unterschiede direkt erfährt.

Wie beurteilt ihr die ungarischen Einflüsse in Deutschland? Kennen die Deutschen zum Beispiel ungarische Produkte? Ist Ungarn ein beliebtes touristisches Ziel für die Deutschen?
Die ungarische Salami und das Paprika-Gewürz sind natürlich genauso in Deutschland bekannt und geschätzt. Inwieweit Ungarn für den Tourismus interessant ist, kann ich leider nicht beurteilen, da wir ja nur Budapest und Szeged kennengelernt haben.

Was meint ihr, sollen die Ungarn von den Deutschen lernen oder umgekehrt?
Lernen können wohl beide Länder voneinander. Im Großen und Ganzen unterscheiden sich die beiden aber eigentlich nur im Grad der Modernisierung (Internet in ländlichen Gegenden, Häuserausbau usw.), was auf die Stadtzentren wiederum natürlich nicht zutrifft. Wovon wir in Deutschland uns wohl definitiv eine Scheibe abschneiden können, ist die Zahl der (scheinbaren) Arbeitslosen: dem Anschein nach werden in Ungarn für „Kleinigkeiten“ Arbeitsplätze geschaffen – und seien es nur die fünf Wachen am Eingang der Metro-Station. Die Sauberkeit auf den Straßen sollten die Deutschen von den Ungarn lernen, es liegen keine Zigaretten herum. Der Respekt und die Höflichkeit den Lehrern gegenüber ist in Ungarn besser.

Wieso habt ihr Ungarn ausgewählt?
Erstens, weil wir die ungarischen Produkte und Spezialitäten in der Konditorei kennenlernen wollten, und zweitens ist Ungarn bekanntermaßen ein relativ günstiges Reiseziel, wie fast alle osteuropäischen Länder. Mich persönlich reizt der EU-Ostblock gerade wegen der „einfachen“ Art Lebensmittel (gerade aus dem Bäckerhandwerk) zu produzieren. Diese eher unmoderne Art qualitativ hochwertigere Lebensmittel herzustellen, findet man in Deutschland nur noch selten. Dass es eben zum Teil ein ärmliches Land ist und nicht die modernen Umstände wie in Deutschland herrschen.

Was waren eure Erwartungen von Ungarn?
Ich habe ehrlich gesagt nicht viel erwartet, vor allem nicht, dass wir so gastfreundlich empfangen und betreut werden. Ich war gespannt auf die Arbeit in den Betrieben. Aber Gott sei Dank war im Betrieb auch alles in Ordnung. Nur sind meiner Meinung nach hier die hygienischen Umstände niedriger als in Deutschland. Sonst war mein Problem, dass ich dieses Land nicht kannte, und ich hatte keine persönlichen Vorstellungen.

Seid ihr enttäuscht oder war alles so, wie ihr es euch vorgestellt habt?
Enttäuscht waren wir nicht. Die Gastfreundschaft überragt bis jetzt alles, was ich überhaupt erwartet hatte. Ich finde es sehr schön, dass man so freundlich, gastfreundlich und fürsorglich empfangen wird.

Wie habt ihr euch hier bis jetzt gefühlt?
Eher ein bisschen unwohl, da man die Sprache nicht beherrscht und man somit immer etwas misstrauisch ist. Ich war ein bisschen böse, abgesehen vom kalten Wetter und leichtem Heimweh. Sonst ist dieses Land nicht so altmodisch und zurückgeblieben, wie ich früher gedacht habe. Am Ende haben wir uns schon ganz wohl gefühlt, dafür können wir Attila dankbar sein. Er hat uns alles gezeigt in Szeged und Umgebung, so haben wir jetzt eine viel schönere Seite von Ungarn gesehen.

Was waren die Unterschiede zwischen dem Praktikum in Ungarn und in Deutschland?
Es ist erstaunlich, aus welchen einfachen Mitteln die Lehrlinge eine derartige Hochzeitstorte gezaubert haben. Kaum ein Lehrling in Deutschland würde quasi ohne die sämtlichen und reichlich vorhandenen technischen Hilfsmittel eine solche Leistung erzielen können. Die hygienischen Umstände sind nicht so hoch wie in Deutschland, was mich ein bisschen erschrocken hat.

Möchtet ihr nochmal nach Ungarn kommen?
Wenn ich das nächste Mal meine Freundin mitnehmen könnte, würde ich definitiv wieder nach Ungarn kommen, weil die Städte sehr schön sind und auch die Menschen, wie schon gesagt, sehr nett, aber man vermisst den deutschen Lebensstandard.