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Zeitung << 2/2010 << Ein wunderbares Buch


Ein wunderbares Buch
Bernhard Schlink: Der Vorleser

Autorinnen: Katalin Birinyi, Nikolett Novák

„Sie ist reizbar, rätselhaft und viel älter als er… und sie wird seine erste Leidenschaft. Sie hütet verzweifelt ein Geheimnis. Eines Tages ist sie spurlos verschwunden. Erst Jahre später sieht er sie wieder.“

Der Vorleser wurde in über 39 Sprachen übersetzt und steht als erstes deutsches Buch auf der Bestsellerliste der New York Times. In den Jahren 2007 und 2008 wurde eine englischsprachige Verfilmung (The Reader) von Schlinks erfolgreichem Roman umgesetzt (vgl. „Liebesgeschichte und das dritte Reich“, GeMa 2/2009).
Der Roman ‚Der Vorleser’ von Bernhard Schlink erschien im Jahre 1995. Das Buch handelt von einer Liebesbeziehung zwischen einem fünfzehnjährigen Jungen, Michael Berg, und einer sechsunddreißigjährigen Frau, Hanna Schmitz. Das Werk beschäftigt sich mit einer Liebesgeschichte, mit der Schuldfrage, mit den Problemen der Nachkriegsgeneration und mit dem Holocaust.
Das Buch gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil führt die Affäre von Hanna und Michael ein, im zweiten Teil wird der Prozess gegen Hanna beschrieben und der dritte Teil erzählt von Hanna und Michael nach dem Prozess.

Der erste Teil:
Michael ist 15 Jahre alt und aufgrund von Gelbsucht sehr schwach. Er trifft Hanna, die ihm hilft. Er beginnt eine Beziehung mit ihr. Diese Beziehung besteht aus einem Ritual: Michael liest Hanna vor, dann baden sie und schlafen schließlich miteinander. Warum das Vorlesen für sie so wichtig ist, ahnen die Leser_innen schon, da der Autor einige Situationen erwähnt, in denen man erkennen kann, dass sie vielleicht nicht lesen kann. Die Leser_innen wissen es aber nicht genau, deshalb ist dieses Kapitel sehr geheimnisvoll. In diesem Kapitel tauchen viele Fragen auf: Warum beginnt Hanna eine Beziehung mit Michael, der viel jünger ist als sie? Warum verlässt sie ihn? Warum verabschiedet sie sich nicht von ihm?

Der zweite Teil
Michael versteht es nicht. Er fühlt sich schuldig aus mehreren Gründen: Normverletzende Sexualität und der „Verrat” an Hanna. Bevor Hanna weggeht, besucht sie Michael in der Schule, er geht aber nicht zu ihr, sondern unterhält sich weiter mit seinen Mitschüler_innen. Deswegen fühlt er sich sehr schlecht. Später, als er an der rechtswissenschaftlichen Fakultät Student ist, geht es ihm viel besser, er denkt nicht mehr an Hanna, doch dann beginnt er ein Seminar, in dem er einen Prozess besuchen soll. Im Gerichtssaal sieht er Hanna wieder. Sie ist die Angeklagte, sie wird für den Tod von KZ- Gefangenen zur Verantwortung gezogen, die in einer Kirche in Auschwitz verbrannten. Danach fühlt sich Michel wieder schuldig, weil er zärtliche Gefühle für eine Mörderin empfand. Es ist fraglich, ob diese Schuld tatsächlich Schuld ist. Es ist interessant, dass Hanna sich gar nicht schuldig fühlt. Die Leser_innen wissen jetzt schon mit Gewissheit, dass Hanna weder lesen noch schreiben kann, es kommt also ihr Analphabetismus zu Tage. Das Buch erweckt tiefe Gedanken. Es fragt sich, ob Hannas Taten ihr selbst bewusst sind.

Der dritte Teil:
Michael schickt Hanna Hörkassetten, Hanna kann so lesen und schreiben lernen. Michael empfindet nichts mehr für sie, doch warum schickt er ihr dann Kassetten? Einmal besucht Michael Hanna, er ist aber sehr kühl zu ihr. Er bietet ihr eine Arbeitsmöglichkeit und eine Wohnung an, weil sie keine Verwandten mehr hat. Am Ende begeht Hanna Selbstmord, wir wissen nicht, warum.

Dieser Roman erweckt in uns sehr tiefe Gefühle, er ist aus mehreren Gründen lehrreich. Man macht sich danach Gedanken über Liebe, über Schuld, über Analphabetismus...
Sehr interessant ist die Art der Schuld, wann ist man schuldig, in welcher Situation, zu welcher Zeit und in welchem Zustand? Was ist überhaupt Schuld?
Der Vorleser ist ein verständliches und sehr gut lesbares Buch, weil Schlink einfache, moderne Sprache und kurze, klare Sätze benutzt. Die Leser_innen können sich eine eigenen Meinung bilden und Fragen stellen. Der Roman ist auf jeden Fall lesenswert.
Wir empfehlen dieses gute Buch allen Menschen, die interessante Wendungen mögen.