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Zeitung << 2/2010 << Die hässliche Wahrheit unter der prächtigen Oberfläche


Die hässliche Wahrheit unter der prächtigen Oberfläche
Stanley Kubrick: Eyes Wide Shut

Autorinnen: Andrea Kálmán, Boglárka Pap

Was fällt einem ein, wenn man den Namen Stanley Kubrick hört? Wahrscheinlich die vielen Filme, die mit seinem Namen verbunden sind. Zum Beispiel „Full Metal Jacket“, „Shining“ und natürlich „Eyes Wide Shut“. Die Meinungen der Zuschauer waren immer geteilt, und im Kreis der Kritiker_innen sind seine Filme oft zum Gegenstand von Streit geworden.
Zum Film „Eyes Wide Shut“ hat der Regisseur das Buch Traumnovelle von Arthur Schnitzler als Grundlage genommen. Der Film handelt von einem Ehepaar, Bill und Alice Harford. Anscheinend leben sie in einer glücklichen Familie schon seit neun Jahren. Diese Scheinbarkeit fällt gleich in der ersten Szene auf, wenn das Ehepaar auf einem Ball ist, zu dem ein einflussreicher Mann sie eingeladen hat. Dort amüsieren sie sich mit anderen Menschen. Hier beginnt der Konflikt, und die Wirklichkeit ist vom Traum nicht mehr zu trennen. Das Fremdgehen, der Flirt, die Welt der Prostitution und die Sexualität spielen eine sehr wichtige Rolle in der Handlung. An einem lockeren Abend hat das Ehepaar gekifft. So erzählt Alice eine Story, in der sie mit einem Seeoffizier zusammen sein wollte. Bill ist enttäuscht, deshalb unterhält er sich mit einer Prostituierten in ihrer Wohnung. Später führt Bill uns in eine Sekte, wo alle Männer eine Maske und ein Kostüm (einen Umhang) tragen. Die Frauen sind nackt, sie tragen nur eine Maske. Über diese Ereignisse wusste Alice nichts. An einem Abend, als Bill nach Hause kommt, ist eine Maske auf dem Bett neben seiner Alice.
Eyes Wide Shut ist ein hervorragender Film von Kubrick. Der Film ist zugleich tief und nachdenklich. Es ist schwer zu beantworten, ob der Film uns gefällt oder nicht. Der Film lässt in uns strittige Fragen.
Warum gefällt uns der Film? Unserer Meinung nach war der Regisseur ein Genie, weil er uns aus einer langweiligen Geschichte in die heutige Welt führt. Es war eine wirklich gute Idee, dass Kubrick als Hauptpersonen das Traumpaar Tom Cruise und Nicole Kidman gewählt hat. Dieses Paar stellt die Schönheit, den Wohlstand, die Perfektion dar, jeder Mensch sehnt sich nach diesen Tugenden. Und nicht zuletzt stellt Kubrick den Film nicht im alten Wien, sondern im modernen New York dar. Wir halten das für sehr wichtig, weil der Mensch der modernen Zeit sich so in die Situation des Ehepaars leichter einleben kann. Obwohl der Film eine negative Ausstrahlung hat, konnte Kubrick die Scheinheiligkeit und die Unwahrheit mit Drogen, Erotik und Gefahr ausdrücken. Er spielt mit Farben. Meistens dominieren drei Farben: rot, blau und schwarz. Das Rot als die Farbe des Blutes und der Liebe ist das Ausdrucksmittel der Erotik, des Rausches, der Leiblichkeit und der Macht der Triebe. Das Blau ist die Farbe des Wassers und der Kälte. Es illustriert die Sauberkeit, die Sittlichkeit, die Ordnung und die Rationalität. Das Schwarz ist die Farbe des Dunkels und der Nacht. Es schildert die Gefahr, die Nebligkeit und den Unverstand.
Warum gefällt uns der Film nicht? Weil der Regisseur die positiven, guten Dinge so darstellt, dass diese uns als Negativum vorkommen. Zum Beispiel: Eine Heirat soll eigentlich etwas Gutes bedeuten, aber hier sehen wir sie als einen Zwang: Sie müssen zusammen sein. Sie fühlen sich nicht frei, aber in einer Ehe sollen beide Partner als gleichberechtigte Menschen leben. Ein anderes Beispiel ist die Sexualität. Normalweise bedeutet sie Genuss, aber hier tritt sie als das Motiv der Wildheit und einer drängenden Flucht in die Freiheit auf, Sex als eine Orgie ohne alle Empfindungen.
Eigentlich müssen sich alle Menschen mindestens einen Kubrick-Film anschauen. Dazu empfehlen wir diesen, weil man in diesem Werk alle wichtigen Eigenschaften der Kubrick-Filme sehen kann. Kubrick ist zwar nicht unser Lieblingsregisseur. Würden wir aber gefragt, wer der kraftvollste Regisseur der Welt ist, dann würden wir seinen Namen unter den ersten drei erwähnen.