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Zeitung << 2/2010 << Über deutsche Grenzen hinaus
Über deutsche Grenzen hinaus
Interview mit Prof. Dr. Detlef Haberland
Autorin: Anna Angyalka Lukács
An einem Freitagmorgen fühlt sich doch jeder so „freitag“. Die Menschen haben ein Freitag-Gesicht, es ist Freitag-Wetter, die Zeit vergeht im Freitag-Tempo. Im Büro von Frau Katona erwartete mich allerdings an der Universität Szeged keine Freitagsstimmung, sondern ein Lächeln mit einem schwungvollen „Guten Morgen!“. So macht Arbeiten doch Spaß! Mit einer Tasse heißem Tee in der Hand nahm ein amüsantes Gespräch mit Professor Haberland, unserem Gastprofessor aus Oldenburg, seinen Lauf.
Professor Haberland, Sie sind nicht das erste Mal hier. Was hat sie diesmal zu uns gebracht?
Vor allen Dingen ist mein fünfter Aufenthalt in Szeged einem besonderen Ziel gewidmet, nämlich ausgewählte Studierende in einem Intensivkurs auf den wissenschaftlichen studentischen Landeswettbewerb (OTDK) vorzubereiten und damit die hiesigen Kollegen zu unterstützen. Darüber hinaus bin ich vom Lehrstuhl für deutsche Literatur und Kultur und der Akademie der Wissenschaften eingeladen worden, einen Vortrag zu halten.
Professor Haberland stellte sich eine Woche lang den TeilnehmerIinnen des OTD zur Verfügung. Schon Wochen – oder für manche einen Tag – vor seiner Ankunft wurden Briefe versendet und wie zu Weinachten Wunschlisten für Fachliteratur abgegeben. Es ist doch schön, wenn Wünsche in Erfüllung gehen. Zwei Termine die Woche, eine große Hand voll Inspiration und Ansporn wurden uns zuteil, selbst die noch zweifelnden Teilnehmer_innen wurden von der Begeisterung des in Sachen wissenschaftlichen Arbeitens schon längst geübten Professors angesteckt.
Sie verbindet eine längere Beziehung mit der Universität Szeged. Wie sind sie mit dieser Stadt in Verbindung gekommen?
Das erste Mal bin ich 2002 nach Szeged gekommen, und zwar im Rahmen einer Kurzdozentur des DAAD, zu seiner Zeit von Professor Bernáth eingeladen. Ich habe damals eine Vorlesung über Literatur des Barock abgehalten und ein Seminar zur Lyrik des Barock, die entsprechenden Prüfungen abgenommen und die Hausarbeiten betreut.
Was war Ihr Eindruck von unserer Universität?
Wenn es mir nicht gefallen hätte, wäre ich nicht zurückgekommen. (lacht) Mir hat sowohl die Vorlesung als auch das Seminar großen Spaß gemacht, weil die Studierenden ausgesprochen neugierig waren. Barock wurde seiner Zeit hier kaum unterrichtet, daher füllte ich eine Lücke aus, was den Studierenden sehr gut gefallen hat. Ich habe Freundschaften mit vielen Kollegen geschlossen, mit denen ich immer wieder gerne zusammen arbeite.
Ihre Studien waren sehr vielseitig. Womit ist dieser Wissenshunger zu begründen?
(lacht laut) Ich denke, Wissenshunger ist zunächst normal für jemanden, der in der Wissenschaft arbeitet. Ich habe nicht nur Germanistik und Hispanistik studiert, sondern als Nebenfach auch noch Geographie und Reisegeschichte, habe darüber hinaus in Fächern wie Altamerikanistik, vergleichende Religionswissenschaft und Kunstgeschichte hineingeschnuppert. Es ist natürlich nicht von mir zu behaupten, dass ich auf all diesen Gebieten wirklich kompetent forsche und publiziere, aber ein breites Interessenspektrum verhilft mir zu einer breiten Sicht auf mein eigentliches Fach, nämlich Germanistik.
Einer Ihrer Schwerpunkte ist deutsche Literatur aus und im östlichen Europa. In welchem Rahmen beschäftigen Sie sich mit diesem Thema?
Ich bin sowohl an der Universität Oldenburg, als auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesinstitutes für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) tätig. Das Ziel in diesem Arbeitsbereich ist es, die deutsche Kultur im östlichen Europa, von den baltischen Staaten bis hin zu Ungarn und Rumänien, zu erforschen, zu präsentieren und zu vermitteln. In diesem Rahmen kann jeder, der ein interessantes Desiderat in diesem Gebiet hat, einen Antrag an das Ministerium stellen und eine Förderung von Forschungen, Ausstellungen und Tagungen beantragen. Für Studierende besonders interessant ist die Förderung von Dissertationen im Rahmen des Immanuel-Kant-Stipendiums.
Immer, wenn ich mit Menschen spreche, die mit Literatur zu tun haben, hole ich mir ein Paar Tipps zum Blickfelderweitern. Hätten Sie eine Buchempfehlung für unsere Studierenden?
Also, einen Titel von Lernet Holenia, „Der Mann im Hut“, dann von Juli Zeh „Spieltrieb“ und von Fontane „Graf Petõfi“.
Haben Sie ein interessantes Hobby, das niemand von Ihnen vermuten würde?
Tja… ich restauriere alte Möbel.
(lacht) Da habe ich ja ins Schwarze getroffen. Wie kommt das?
Im Internat, in dem ich war, habe ich eine Tischlerlehre gemacht. Darüber hinaus beschäftige ich mich mit altem Glas des 18.-19. Jahrhunderts. Ein sehr zerbrechliches Hobby, aber sehr schwierig und daher reizvoll. Es ist ein wissenschaftliches Feld, wo sie nur durch langjährige Beschäftigung eine wirkliche Expertise erlangen, da bin ich natürlich noch lange nicht. Ich sammle in erster Linie ein ganz kleines Segment, nämlich Bäder- und Andenkengläser.
Da sieht man mal wieder, dass auch der Spieltrieb der Germanist_innen nicht zu unterschätzen ist. Kaum, dass diese Einführung begann, lass ich die Mitschrift und horchte ganz gespannt den Geschichten des Professors… wie leicht böhmische von venezianischen Gläsern zu unterscheiden seien, und warum alte Gläser unten Ringe haben (nein, es sind keine Jahresringe wie bei Bäumen). Sollte jemand einst wertvolle Möbelruinen bei sich rumstehen haben, werden diese in Bonn herzlichst erwartet, um einem Germanisten die langen Wochenenden zu vertreiben. Ich hörte noch Unglaubliches über nicht zerbrechende Wunderspiegel und nachdem ich einen Schnellkurs in „Wie lackiert man etwas pinselhaarspurenfrei?“ bekommen hatte, konnte ich schließlich meine letzte Frage stellen.
Wann sehen wir Sie wieder?
Ich hoffe sehr, dass ich möglichst bald komme, um alle Studenten und Freunde wiederzusehen. Die nächste Tagung ist die von Dr. Propszt. Eine Tagung zu Minderheitenprojekten im März 2011. Aber ich hoffe natürlich, dass ich noch viele, viele Male hier sein kann und gleichermaßen hoffe ich, dass viele Kollegen und Studierende den Weg nach Deutschland finden, ganz gleich ob nach Bonn oder nach Oldenburg.
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