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Zeitung << 2/2010 << Klassische Philologie und Kampfkunst


Klassische Philologie und Kampfkunst
Interview mit Noémi Benedek, der neuen Sófi-Preisträgerin

Autor: Róbert Lessmeister

In der „Universitäts-Zeitungsbranche” ist ihr Name in Szeged ein Begriff. Noémi Benedek hat nämlich mit ihren 21 Jahren allen Grund stolz zu sein: Aufgrund ihrer vielen Verdienste erhielt sie den berühmten Sófi-Preis der Universität Szeged. Dies galt als Hauptanlass für unser Treffen im Vorgarten eines Universitätslokals. Kurz zuvor befand sich Noémi noch mitten im Feiern im Kreise ihrer Freund_innen.

Noémi, was gibt den Anlass zu dieser guten Laune?
Es geht nicht um mich, sondern um zwei nette Kommilitonen, die gerade zur PhD-Bildung zugelassen wurden.

Soviel ich weiß, ist es gar nicht so lange her, dass auch du einen besonderen Grund zum Feiern hattest. Für viele, die dich vorher nicht kannten, wurde dein Name dadurch bekannt.
Meine Anerkennung durch den Sófi-Preis war für mich ein wirklich großes Ereignis. Er wurde mir vor allem wegen meiner journalistischen Tätigkeit zugesprochen. Ich bin nämlich seit 2009 Chefredakteurin bei der Studierendenzeitung „Bölcsõ”. Dazu kommen noch meine Publikationen, die diesen Preis rechtfertigen.

War denn die Herausforderung nicht allzu groß für eine 19jährige Studentin?
Ich brachte schon einige „Berufserfahrung” mit, weil ich schon bei der Studierendenzeitung „Szte-Reo” als Chefredakteurin tätig gewesen war. Im Moment ist es so, dass meine jetzige Arbeit vielmehr organisatorischer als journalistischer Natur ist.

Damit ist die Liste aber nicht erschöpft, denn du bekamst 2007 auch die Jahresauszeichnung des Presseverbandes der ungarischen Hochschulen und Universitäten zugesprochen.
Ja, das war der „Schreiben des Jahres-Preis”, und in diesem Artikel ging es um die Emos, eine sehr bekannte Subkultur der Jugendlichen. Das Thema war damals sehr aktuell, und der Artikel hatte allgemein großen Beifall geerntet.

Neulich las ich ganz zufällig in der Tageszeitung „Délmagyarország”, dass du im November 2010 wegen eines Artikels in der „Bölcsõ”, der große Resonanz gehabt hat, in Makó, der Geburtstadt von Pulitzer, mit dem ungarischen Pulitzer-Preis für Student_innen beehrt wurdest. Daraufhin las ich natürlich den Artikel.
Ja, ich schrieb über ein aktuelles Problem, das für manche als Tabu gilt, von dem aber heute viele Studentinnen betroffen sind. Die wirtschaftliche Lage ist in Ungarn so elend, dass leider viele den Weg der Prostitution wählen, um sich ihr Studium leisten zu können.

Ich finde es super, dass so ein Tabuthema angesprochen wurde. Es sind bestimmt sehr viele, die sich betroffen fühlen. Damit meine ich diejenigen, die in einer Finanzkrise stecken, und trotzdem nicht diesen „leichteren” Weg wählen. Bleiben wir noch beim Thema Presse. Du hast auch ein halbes Jahr beim GeMa mitgemacht. Welche Eindrücke hast du von der Zeitung?
Ich denke, dass das GeMa eine gute Zeitung ist, und es ist kein Zufall, dass es sich einer solchen Popularität erfreut, und 2005 in Deutschland unter die deutschsprachigen Top 10 der Studierendenzeitungen kam. Ich bin froh, dass ich am GeMa mitschreiben durfte. Es ist offensichtlich nicht leicht, mit diesem breiten Artikelspektrum das Gleichgewicht zwischen öffentlicher und wissenschaftlicher Sphäre zu finden.

Und nun zu deinem Studium. Dass du nach alldem zwei Fächer hast, ist nahezu selbstverständlich. Wie kamst du aber auf klassische Philologie? Wurzelt dieses Interesse in deiner Kindheit?
Ich habe insgesamt acht Jahre Latein gelernt. Dass ich es an der Uni weiterführte, ist Istvánné Váradi, meiner damaligen Lateinlehrerin zu verdanken, durch deren außergewöhnlichen Charakter und Lehrstil ich diese tote Sprache, wie auch die antike Kultur liebgewann. Mein Germanistikstudium ist die Weiterführung meines zwölfjährigen Deutschlernens, das ich damals als Herausforderung betrachtete. Der Akzent liegt jetzt aber mehr auf Latein und der klassischen Philologie.

Wie du am Anfang erwähntest, hast du mehrere Publikationen. Gehören sie alle in den Bereich der klassisschen Philologie?
Ja. Ich habe mehrere Vorträge gehalten, z.B. mit dem Titel: „Die Vorbilder von Senecas Tragödie ’Medea’”, was übrigens auch das Thema meiner Arbeit für den Wissenschaftlichen Studentenzirkel OTDK ist. Ein weiterer wichtiger Vortrag war: „Der Gegenstand der Parodie in Aristophanes Komödie ’Frösche’”. Ich kann hier nicht alles aufzählen, ich möchte aber erwähnen, dass ich viel übersetze, vor allem aus Erasmus’ Werken. Die Übersetzung des Dialogs „Vom Abt und der gebildeten Frau” wird bald erscheinen.

Langsam wurde eine vage Erinnerung in mir lebendig, früher einmal von einer Schwarzgurt-Kampfsportlerin namens Noémi Benedek gehört zu haben. Die Idee, sie könnte mit unserer Noémi identisch sein, schob ich immer mehr beiseite, als ich ihre überdurchschnittliche geistige Leistung, die nach meinen Maßstäben mit einer Sportkarriere unvereinbar ist, kennenlernte. Trotzdem spreche ich die Namensgleichheit an.
Es handelt sich um keine Namensgleichheit. Ich bin eine Schwarzgurt-Taekwondo Meisterin, und habe eine zehnjährige Sportkarriere mit Trainerschaft hinter mir.

Also doch. Ich bin sprachlos! Wie hast du das alles geschafft?
Diese Frage könnte ich gerade mithilfe der östlichen Philosophie beantworten, deren Wesen ich während meiner aktiven Taekwando-Periode immer besser verstand. Demzufolge habe ich immer versucht, mein Leben nach zwei Grundprinzipien zu gestalten: Einerseits sollte man sein Leben nicht auf eine Karte setzen, andererseits darf man nie nur halb begeistert ans Werk gehen. Deshalb widme ich mich meinen Lebensaufgaben mit voller Hingabe. Es wird nicht immer alles restlos gelingen, aber man sollte zumindest danach streben. Steht man nicht auf mehreren Standbeinen, kann es passieren, dass man auf einmal ziellos dasteht. Eine Hierarchie besteht jedoch zwischen meinen Zielen, die das Maß, inwiefern ich diesen Dingen nachgehe, bestimmt.

Kannst du mir die Hierarchie deiner Ziele nennen?
Nun, es kann sein, dass ich gerade jetzt, nach dem ungarischen studentischen Pulitzer-Preis einiges umwerten muss. Der Lehrberuf, der bisher an erster Stelle stand, kann doch etwas nach hinten rücken, um dem Journalismus, den ich bisher eher als Hobby betrachtet habe, Platz zu machen. Die klassische Philologie galt bisher als zweites in der Hierarchie. Bis zu meinem Diplom habe ich jedenfalls noch anderthalb Jahre Zeit. Das Ergebnis des Wissenschaftlichen Studierendenzirkels, an dem ich gerade arbeite, wird auch weitgehend meine Laufbahn beeinflussen.

Nach diesem Start ins Leben braucht man keinen Hellseher zu sein, um Noémi eine schöne Karriere zu prophezeihen, was ich ihr gegenüber auch äußerte. Ich bin gespannt auf ihren Werdegang. Treffen wir uns in zehn Jahren wieder?
Danke. Abgemacht!