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Zeitung << 2/2010 << Jadwiga Halas


Jadwiga Halas
Polnische Erasmus-Studentin in Szeged

Autoren: Anna Angyalka Lukács, Zoltán Tóth

Im GeMa sind schon zahlreiche Erasmus-Berichte unserer Studierenden erschienen. Wir haben uns gefreut, beschwert, zurückgesehnt. Aber wie sieht eigentlich die Uni Szeged mit den Augen einer Erasmus-Studentin aus? Auf diese Frage gab uns Jadwiga Ha³as eine Antwort. Sie ist die erste Studentin, die sich aus unserem neuen Partnerinstitut, dem Institut für Germanistik der Uniwersytet Rzeszowski, nach Szeged getraut hat.

Warum kommt man als Germanistikstudentin nach Ungarn?
Das war meine letzte Möglichkeit als Eramus-Studentin irgendwo hinzufahren. Wie alle Germanistikstudenten wollte auch ich nach Deutschland. Leider hatte ich nicht genug Punkte, also schien mir Ungarn eine gute Alternative zu sein. Ich dachte, es wäre eine gute Gelegenheit dieses Land kennenzulernen und so war es auch.

Und hat es sich aus der Sicht des Studiums gelohnt?
Ich glaube, schon. Sprachübung war die Hauptsache, das hat hier gut funktioniert. Mit meiner Freundin, die ich hier kennengelernt habe, sprechen wir auf Deutsch. Das hilft auch viel.

Lässt es sich hier leicht Freundschaften schließen oder eher weniger?
Eher weniger. Aber das liegt bestimmt auch daran, dass ich nicht so ein großer Partymensch bin und nur ab und zu feiern gegangen bin. Es sind eher Bekanntschaften als Freunde. Ungarische Studenten konnte ich auch nicht so richtig kennenlernen. Die Leute, die sich kennen, unterhalten sich untereinander. Manchmal, wo wir in kleinen Gruppen waren, dann schon. Aber wenn ich so alleine da war, ist niemand hingekommen um sich zu unterhalten und ich bin zu schüchtern für sowas.

Und wie fandest du die Ungarn? Sehr anders als Polen?
Ich habe nicht so viele kennengelernt, aber im Allgemeinen nett und hilfsbereit. Wer sehr anders ist als bei uns, sind die Verkäuferinnen. Wenn man ins Geschäft kommt, sind sie sehr nett, nicht so wie bei uns. Erstaunlich ist noch, dass die Autofahrer stehen bleiben und die Fußgänger über die Straße lassen.

Wo liegen die Unterschiede zum polnischen Studium?
Da wären einmal die Pausen. Wir haben nur 15 Minuten Pause, nicht so lange wie hier. Und wir haben nicht so eine freie Auswahl bei den Fächern. Ein bisschen schon, aber nicht so viel wie hier. Man trifft eine Entscheidung, ob man Lehrer oder Übersetzer werden will, und kann danach nur in diesem Bereich Kurse belegen. Dieses System finde ich besser, bin auch eher daran gewöhnt. Zuerst dachte ich, es wäre hier genauso wie bei uns. Aber dann in den Kursen habe ich gesehen, dass die Zusammensetzung der Studenten immer anders ist. Wir haben in Rzeszów feste Gruppen, wo sich alle kennen. Man hat den Eindruck, die Leute hier kennen einander nicht, ich frage mich, wie kann das sein, wenn sie seit drei Jahren zusammen studieren? Dann habe ich es verstanden. Jedenfalls finde ich es besser, wenn man genau weiß, welche Fächer man belegen muss, um seinen Abschluss zu bekommen. Aber vielleicht funktioniert ja euer System besser.

Was für Kurse hast du besucht?
Lexikologie, kontrastive Landeskunde, BRD-DDR, das fand ich sehr gut, Jugendsprache, und die Ungarisch-Sprachkurse.

Und wie hat es mit dem Ungarischlernen geklappt?
(lacht) Ich hatte eine Fünf, das heißt sehr gut.

Du warst die Erste aus eurer Uni, die nach Ungarn gekommen ist. Sehr tapfer! War Dein Aufenthalt gut organisiert?
Also, ich fand es ziemlich kompliziert, immer darüber nachzudenken, ob man alle Papiere hat, die Punkte, die Unterschiede zwischen den Systemen. Immer über diese Sachen nachdenken zu müssen ist anstrengend. Aber ich habe schnell eine Wohnung gefunden, in nur 3-4 Tagen. Bis dahin war ich in einer Pension. Die organisierten Programme waren auch gut, es gab ab und zu Theaterbesuche, am Anfang hat man uns die Stadt gezeigt und gesagt, wo man in welchen Fällen hin muss, wen man bei Krankheit usw. anrufen muss. Wir haben uns am Anfang wirklich sehr viel geholfen.

Wie kamst du mit dem Geld zurecht? Musstest du viel aus eigener Tasche bezahlen?
Man kommt ganz gut zurecht. Ich habe schon dazubezahlt, hätte ich aber nicht gemusst. Das war nur, weil ich jede Menge Klamotten und so was gekauft habe. Für Wohnung und Essen reicht das Geld.

Was hast du am meisten vermisst?
Meine Familie und Bekannten. Deshalb bin ich auch einmal für zwei Wochen nach Hause gefahren. Meine Gewohnheiten habe ich auch sehr vermisst. Zum Beispiel gehen wir mit meinen Freundinnen immer einkaufen, Second-Hand-Shopping ist sozusagen unser Sport. (lacht) Das klingt vielleicht blöd, aber solche Sachen kann man auch vermissen. Die Bücher haben mir auch sehr gefehlt! Ich lese unheimlich gerne! Ein toller Bestseller wäre gut gewesen, hatte ich aber leider nicht dabei. Also musste ich mir alle 100 Folgen von Desperate Houswives angucken.

Du hast erzählt, dass du sehr gerne kochst. Hast du manchmal polnische Gerichte gekocht, ein bisschen gegen das Heimweh?
Ich habe schon das gekocht, was ich auch normalerweise koche, aber das ist nichts typisch Polnisches. Aber das kann ich natürlich auch. Es gab mal eine Party, wo alle etwas Typisches aus ihrem Land machen mussten, da habe ich einen leckeren Salat gemacht.

Wie fandest du die ungarische Küche?
Eigentlich sehr gut, habe hier richtig zugenommen. Aber ich kann mich nicht daran gewöhnen, dass in jeder Wurst Paprika drin ist. Das gibt’s bei uns nicht. Kürtöskalács finde ich toll! (lacht)

Du schreibst jetzt deine Masterarbeit. Worum geht’s da?
Mein Thema ist „Diminutiva in den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm“. Ich finde dieses Thema gut für mich geeignet, weil es märchenhaft ist, aber doch noch mit Wissenschaft zu tun hat. Viel lustiger als meine Bachelor-Arbeit über „Außenseiter in der deutschen Literatur nach 1945“. Ziemlich depressives Thema.

Wie geht es nach dem Abschluss weiter?
Zuerst kommen die Sommerferien! Und danach ein richtiger Job oder ein bezahltes Praktikum.

Was machst du zuerst, wenn du wieder zu Hause bist?
Ich werde einfach da weitermachen, wo ich mit meinen Freunden aufgehört habe.