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Zeitung << 1/2010 << Das Leben im Wohnheim mal anders
Das Leben im Wohnheim mal anders
Aus der Sicht der Außenseiter
Autor: Zoltán Tóth
In den zwei Tagen, die ich mit Anna Lukács in Baja verbracht habe, konnten wir uns mit dem Wohnheim etwas näher befassen, da es als unsere Unterkunft gedient hat. Die Zimmerverteilung war nicht ganz nach meinem Geschmack, denn Anna hat ein sonniges Vierbettzimmer bekommen und ich hätte mich mit einem Zimmer begnügen müssen, welches wie ich später herausfand, als umgebautes Pflegezimmer gedient hat. Da ich mich mit dem Zimmer nicht anfreunden konnte, hat mich meine Kollegin in ihr Zimmer gelassen, wo ich dann eine ruhige Nacht verbringen konnte.
Über das Wohnheim konnten wir vieles von Annas Schwester, Éva Lukács, erfahren. Sie war so nett uns vieles zu erzählen, was sie für wichtig hält. Als ich mich auf das Zimmer begeben habe, habe ich gesehen, dass es einen interessanten Raum im Flur gibt. Ich konnte den Sinn des Raumes erst nicht erkennen, denn ich sah darin immer nur ein junges Paar, wie sie sich ihre Liebe zeigten. Éva hat mir versichert, dass dieser Raum lediglich dazu da ist, damit die Schüler dort lernen können. Von dieser Funktion konnte ich nicht vieles sehen.
Sie hat mir auch von den verschiedenen Regeln berichtet. Das Wohnheim hat mehrere Ebenen, auf denen Jungs und Mädchen getrennt voneinander wohnen. Sie können natürlich miteinander sprechen, aber es ist strengstens verboten, dass sie zusammen auf ein Zimmer gehen. Wenn sie diese Regel missachten, bekommen sie immer eine Verwarnung, nach drei solchen Verwarnungen kann es zu ernsten Konsequenzen führen, wie zum Beispiel zum Rauswurf.
Auf die Hygiene wurde sehr geachtet, die Schüler mussten lediglich ihren Müll vor die Tür legen, der dann abgeholt wurde. Das Essen ließ aber nach der Meinung der dort Lebenden Einiges zu wünschen übrig. Wir haben in der einen Nacht, die wir dort verbracht haben, lediglich ein paar Schüler gesehen, die darüber meckerten, dass das Abendessen nur ein aufgewärmtes Brötchen sei, auf dem nicht einmal genug Wurst sei, geschweige denn Käse. Wir hatten dieses Problem mit dem Essen nicht, denn ein freundlicher Schüler wies uns darauf hin, dass wir am besten eine Pizza bestellen sollten, denn die Schüler bekommen eine Ermäßigung beim Kauf, und die Pizza wird sogar bis zur Tür des Wohnheims gebracht.
Die Schüler haben uns gesagt, dass es viele Vorteile hat, dass sie hier leben können. Eins davon ist, dass sie weg von den Eltern sind. Sie müssen zwar immer spätestens um zehn Uhr ins Gebäude zurückkehren, sind aber so lange frei und können machen, was sie wollen. Bei dieser Antwort habe ich mir aber die Frage gestellt, ob es denn gut ist, dass die Kinder so denken. Ich glaube, die Eltern zu Hause glauben doch, dass ihre Kinder den ganzen Tag behütet sind.
Was mich angeht, so glaube ich, dass es für sie ein wichtiger Schritt ist auf dem Weg zum Erwachsenwerden, denn ihre Hand wird nicht mehr von ihrer Mami gehalten, aber sie sind trotzdem noch nicht vollkommen alleine.
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