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Zeitung << 2/2009 << Bilingual lernen
Bilingual lernen
Der Unterricht im Petõfi-Sándor-Gymnasium in Mezõberény
Autorin: Csilla Sztankó
Während unseres Besuchs im Petõfi-Sándor-Gymnasium in Mezõberény (PSG) konnten wir einen Einblick in das deutsch-ungarische bilinguale Schulsystem in Ungarn gewinnen. Dabei haben uns zwei Lehrkräfte der Schule bereitwillig geholfen: Szilvia Lajkóné Hajdu, eine ehemalige Germanistikstudentin der Universität Szeged, und Wolfgang Marek, muttersprachlicher Lektor.
Bilingualer Deutschunterricht in der Praxis
Die mit der Zeit immer mehr ausgeprägte Verbreitung der englischen Sprache ist ein primärer Grund dafür, dass das Petõfi-Gymnasium mit Problemen bezüglich der immer niedrigeren Bewerbungsrate kämpft. Trotz der Tatsache, dass die Popularität der Schule in den letzten paar Jahren gesunken ist, läuft der Unterricht auf einem hohen Niveau. Die Mehrheit der Schüler aus der bilingualen Klasse studiert weiter. Szilvia hat uns damit ausführlicher bekannt gemacht.
Der Unterricht beginnt mit der neunten Klasse. Im ersten Jahr haben die Schüler neben einigen Fächern wie z.B. Ungarisch, Mathe und Sport überwiegend Deutschstunden. Es ist wichtig zu erwähnen, dass während der Sprachstunden die Klasse in zwei Gruppen eingeteilt wird, damit der Lehrer in kleineren Gruppen eine effiziente Arbeit durchführen kann. Diese Einteilung geschieht auf Grund eines Einstufungstestes. Es kommt nur selten vor, dass Anfänger und Fortgeschrittene gemischt in derselben Gruppe vertreten sind. Der Spracherwerb ist recht intensiv: zwanzig Stunden pro Woche. Die zwanzig Deutschstunden werden unter drei Lehrern aufgeteilt. Dieses Programm besteht aus zwölf sog. Kerndeutschstunden, vier Konversationsstunden und vier Stunden fürs Schreiben. Wolfgang Marek führt als Muttersprachler die Konversationskurse für zwei Gruppen im ersten Jahrgang. Er meint, dass das System auch Schwierigkeiten bereitet, die darin bestehen, dass alle drei Lehrer auf der Basis desselben Buches unterrichten sollen. Es ist aber nicht immer einfach, den Lehrstoff nach den drei Aspekten aufzuteilen, da er in den Büchern als eine Einheit behandelt wird. Er würde es für die beste Möglichkeit halten, wenn alles in einer Hand liegen würde. Trotz dieser Probleme versucht er den Unterricht mit der Integration von selbst ausgedachten Übungen wie Rollenspielen und Erzählung von eigenen Geschichten interessant und kreativ zu gestalten.
Nach der sprachlichen Vorbereitung im ersten Jahr werden ab der zehnten Klasse auch Fächer wie Geographie und Mathe auf Deutsch unterrichtet. In der zwölften und dreizehnten Klasse kommt noch Geschichte auf Deutsch hinzu. Deshalb erst dann, weil das Verstehen der komplexen Zusammenhänge und der zeitgetreuen Quellen schon sehr gute Sprachkenntnisse verlangen.
Austauschprogramme, Stipendien
Neben dem anspruchsvollen Unterricht sorgt die Schule durch die zahlreichen Austauschprogramme dafür, dass die Schüler die deutsche Sprache auch praxisbezogen erwerben können. Jedes Jahr haben sie die Möglichkeit, ein paar Wochen in verschiedenen Städten Deutschlands, unter anderen in Lingen, Paderborn und Kronau, bei deutschen Familien zu verbringen. Sie empfangen auch deutsche Schüler, was wieder eine gute Gelegenheit ist, Deutsch zu sprechen. Diese Programme müssen leider von den Schülern finanziert werden. Obwohl es eine Schulstiftung für diejenigen gibt, die aus schlechten sozialen Verhältnissen kommen, können dies nur sehr wenige in Anspruch nehmen.
Die Spitzenschüler können sich um ein vollständiges Studium in Deutschland bewerben. Eine ehemalige Schülerin studiert zur Zeit, im Rahmen des DAAD-Programms, an der Universität Bonn. Dafür gibt es aber leider kein großes Interesse unter den Schülern. Es verrät natürlich großen Mut, direkt nach den Gymnasialjahren so eine lange Zeit in einem fremden Land zu verbringen, auch wenn man die Sprache gut kann. Deswegen hatte sie die Möglichkeit, sich nach einem Jahr zu entscheiden, ob sie zurückkommt oder auch die restlichen vier Jahre in Deutschland verbringt.
Der Ausbau der Kenntnisse und das Sammeln von weiteren Erfahrungen sind nicht nur für die Schüler möglich. Stipendien werden auch Lehrern angeboten. Eine Lehrerin der Schule wird ab Februar in einer deutschen Schule unterrichten.
Veranstaltungen
Mit Veranstaltungen sorgt das Petõfi-Gymnasium für eine angenehme und lebhafte Atmosphäre. Dank dieser Programme können sich die deutschen Lehrer mit den typischen ungarischen Schultraditionen bekannt machen. Wolfgang Marek hat sich darüber gewundert, dass die Neunklässler überhaupt so etwas akzeptiert haben, sich während des Storchenfests zu verkleiden, sich Schnäbel anzukleben und in diesen Kostümen 3-4 Tage lang in der Schule herumzulaufen. Das Storchenfest ist eine Art Einweihung für die Erstklässler in den ungarischen Gymnasien, das in jeder Schule anders gefeiert wird.
Neben dem Storchenfest ist die Knopffeier (auf Ung. szalagavató) in der letzten Klasse ein wichtiger Meilenstein des Schullebens. Die Knopffeier ist ein Ereignis, worauf jeder Schüler wartet. Im Rahmen eines eleganten Balles erhalten die Schüler ein Band, das sie bis zum Abitur auf ihren Jacken tragen. Dieses Band ist aber gleichzeitig ein Vorzeichen und ein Symbol der ersten großen Herausforderung, des Abiturs.
Es gibt leider keine Veranstaltung ausschließlich für die bilingualen Schüler. Als einzige Veranstaltung könnte ich die Deutsche Bühne aus Szekszárd erwähnen, die die Schule jedes Jahr mit einer Aufführung erfreut.
Für mich war es interessant zu sehen, dass ein Gymnasium den Schülern so viel anbieten kann. Nicht nur die Ausbildung ist hervorragend, sondern auch das pulsierende Schulleben. Das Petõfi-Gymnasium kann mit Recht allen Gymnasien als Muster dienen.
An der Universität Szeged kann man in jedem Jahrgang Studentinnen finden, die damals das PSG besucht haben. Ich habe einige gefragt, welche Erinnerungen sie an die Schuljahre haben.
Nikolett Nagy (Germanistik, 5. Jahrgang)
Im 8. Jahr der Grundschule entschied ich mich für das Petõfi-Gymnasium, weil ich die deutsche Sprache immer gern hatte und weil man mit einer Fremdsprache immer etwas anfangen kann. Außerdem habe ich mich in meiner Freizeit viel mit Deutsch beschäftigt. Mit der Schule war ich sehr zufrieden. Die Mitarbeit der deutschen LehrerInnen hat den Unterricht bunter gemacht. Zudem haben sie uns zur Meinungsäußerung und zum Mitdenken angeregt. Neben dem Lernen konnten wir an Austauschprogrammen teilnehmen. Ich fand sie nützlich, weil sie mir sprachlich viel beigebracht haben. Ich war einmal in Paderborn, das andere Mal in Lingen für jeweils zwei Wochen. Mit einem Mädchen habe ich bis heute noch Briefwechsel. Im Petõfi-Gymnasium habe ich eine gute sprachliche Basis bekommen, von der ich an der Uni viel profitieren konnte. Damit, dass ich ein zweisprachiges Gymnasium besucht hatte, war für mich der Unianfang vielleicht einfacher als für die anderen StudentInnen. Grammatik war trotzdem eine große Herausforderung.
Ágnes Szabó (Germanistik, 3. Jahrgang)
Ich wollte immer ein zweisprachiges Gymnasium besuchen. Außerdem wohne ich in Mezõberény, deswegen war es für mich keine Frage, mich für das Petõfi-Gymnasium zu bewerben. Wie die meisten SchülerInnen habe ich auch die von dem Gymnasium angebotene Möglichkeit, ein zweiwöchiges Austauschprogramm, ausgenutzt. Ich habe zwei Wochen in Spaichingen verbracht. Diese Zeit werde ich nie vergessen. Der Großvater meiner Gastgeberin war nämlich damals der Ministerpräsident von Baden-Württemberg und hat uns während meines Aufenthaltes mit einem Hubschrauber besucht. Es war wirklich ein fantastisches Erlebnis! Mit meiner Partnerin habe ich immer noch Kontakt. Dank der Schule hatte ich viel Möglichkeit, die Sprache zu üben, deswegen hatte ich an der Uni keine Schwierigkeiten, was das Sprechen betrifft. Auf den Grammatikkurs musste ich mich aber, wie alle anderen Studierenden, recht viel vorbereiten. Ich habe es nicht bereut, in einem zweisprachigen Gymnasium zu lernen, auch wenn es oft sehr schwierig war. Ich finde aber die fünfjährige Ausbildung sehr lang, deswegen würde ich das System denjenigen empfehlen, die sich später mit der deutschen Sprache beschäftigen möchten.
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