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Zeitung << 2/2009 << Honorar und die letzten Irritationen
Honorar und die letzten Irritationen
Thomas Bernhard: Meine Preise
Autor: Sándor Török
Anlässlich des 20. Todestages von Thomas Bernhard hat das Gmundener Bernhard Archiv in Zusammenarbeit mit dem Suhrkamp Verlag einen Band mit auch für einen Bernhard-Kenner außergewöhnlichen und bisher nicht veröffentlichten Texten präsentiert.
Seine Preise für die langjährige literarische Arbeit, und die ersten wichtigsten Anerkennungen, und die Reflexionen Bernhards zu diesen Veranstaltungen und zu den preisverleihenden Autoritäten, werden von diesem Band in einer nicht gewohnten Form dargestellt.
Im Zentrum der kleinen autobiographischen Geschichten steht meist die Geldsumme des jeweiligen Preises und die Vorbereitungen für das Ausgeben dieser Summen. Aber Bernhard selbst steht Regel brechend als reale Person im Vordergrund und jetzt anders als in der autobiographischen Reihe bisher, ab 1975, wo vieles aus dem Leben des Autors und aus der Geschichte literarische Konversionen erlebten.
Neun Preisgeschichten, die wichtigsten Geschichten über Empfangsreden wurden im Band noch von Bernhard vor seinem Tod zusammengestellt, doch der Wille zu einer Publikation ist meist nur zu erahnen. Die Texte entstanden zu Beginn der 80er Jahre und können viele Teile aus späteren Werken aufzeigen, wie aus dem Werk Wittgensteins Neffe – eine Freundschaft (1982). In der Dramolette „Claus Peyman … und kauft sich eine Hose“ verwendet Bernhard die Geschichte des Hosenkaufs von Claus Peyman so, wie er sie in einer dieser Preisverleihungsgeschichten erlebte.
Zur Verleihung des Grillparzer-Preises musste er nämlich einen neuen Anzug kaufen, daher kamen die Probleme mit der Hose. Diesen Anzug, der zu klein war, hat er nach der Verleihung jedoch wieder ausgetauscht, nicht unbedingt deswegen, weil keine Geldsumme mit dem Preis gegeben wurde.
Der Preis, den Bernhard vom Deutschen Industrieverein bekommen hat, hat mit 8.000 Mark zu seiner Heilung in einer Lungenheilstätte beigetragen. Obwohl er als Frau Bernhard, seine Kollegin als Herr Borchers an der Verleihung genannt wurden, konzentrierte sich unser Autor unter diesen Umständen verständlicherweise nur auf das Geld.
Der von Heines Verleger Julius Campe benannte Preis hat Bernhard am meisten begeistert, nicht unbedingt weil er aus dessen Geldsumme einen Triump Herald, einen englischen Wagen gekauft, und in kurzer Zeit zu Schrott gefahren hat, sondern weil der Preis mit Heine verbunden war.
Auf alle Fälle hat die Verleihung des Österreichischen Kleinen Staatspreises wegen der Empfangsrede Bernhards die größte Aufregung im Kreise des Publikums verursacht. Bernhard meinte seine Rede philosophisch, doch hörten die Autoritäten, besonders der Herr Minister Perèeviæ, nur die Wörter ‚Tod’, ‚Stumpfsinn’ und Staat und drohten unserem Autoren voll Wut. Dann verließen der Minister und seine Leute den Saal.
Bernhard baut diese kleinen Geschichten so auf, wie er es immer gemacht hat, doch haben wir hier es mit etwas anderem zu tun. Konstante Stellen sind der Staat und der Tod wie gewöhnlich, aber der Protagonist ist keiner, der von innen nach außen erfriert wie im Frost (1963) oder der neben dem Staat und der Religion auch die Kunst zu zersetzen versucht wie Reger im Roman Alte Meister (1985). Sondern der Autor selbst steht vor uns, der eben mehr oder weniger anerkannt wird, beim Hosenkaufen und auch bei der Staatsbeschimpfung, diesmal nur ohne die Zugabe einer außer sich geratenen Kunstfigur. Ironisch, humorvoll und unmaskiert radikal tritt Bernhard in diesen Geschichten auf und setzt – bzw. seine Verleger setzen – damit einen sehr konkreten Punkt ans Ende seines Lebenswerks.
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