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Zeitung << 1/2009 << Über Salz, Pfeffer und Mikrokosmos


Über Salz, Pfeffer und Mikrokosmos
Ein Einblick in die Wunderkammer der Habsburger

Autorin: Anna Angyalka Lukács

Am 20. April 2009 war der Konferenzraum an der Philosophischen Fakultät der Uni Szeged rammelvoll. Wir mussten schon Stühle aus dem Büffet holen, damit wir einen Platz haben. Dabei sind wir extra früher gekommen. Aber das muss so sein, wenn eine so hochrangige Persönlichkeit zu Gast ist. Viele Studenten waren auf den Vortrag von Hofrat Prof. Dr. Wilfried Seipel gespannt. Eine unserer Dozentinnen bekam sogar eine Liste mit den Namen der Studenten, die da waren, aber nicht mehr in den Raum passten. Selbst Herr Seipel war über die Anzahl der Zuhörer erstaunt, er meinte dass es eine sehr tapfere Sache von uns wäre, einen Vortrag auf Deutsch anzuhören. In Wien wäre es andersrum nicht möglich. Die Zuhörerschaft wurde nicht enttäuscht. Der Vortrag fand unter dem Titel Eros und Mythos – Sammelleidenschaft der Habsburger Fürsten statt.
Am Anfang gab Prof. Dr. Károly Csúri einige Informationen über den Vortragenden. Wilfried Seipel war 18 Jahre lang der Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums Wien. Er war einer der erfolgreichsten Direktoren, da er das Kunsthistorische Museum in Wien (KHM) zu einem der fünf wichtigsten Museen der Welt machte. Nach der Wende förderte er besonders den Ostblock, damit unter anderen auch unsere Kunst im Westen bekannt wird. Er bekam sehr viele Auszeichnungen, mindestens zehn von Österreich und dann noch welche von Spanien, Polen und natürlich von Ungarn.
Nachdem Herr Seipel sich bei Herrn Csúri für die „ausführlichen, einleitenden Worte” bedankte, begann er mit seinem Vortrag. Es war sehr interessant. Der Erzählstil des Professors machte den Vortrag so lebendig, dass man einfach aufpassen musste! Im Mittelpunkt standen die Kriterien und Schwerpunkte der Sammlung der Habsburger.
Die Geschichte begann mit Friedrich II., von dem uns allerdings nur ein Handschuh hinterlassen wurde, ging über den Erzherzog Ferdinand von Tirol, dem leidenschaftlichen Sammler, und Gründer der Kunst- und Wunderkammern, bis Franz Joseph, der alles zusammenfasste, und 1891 das Museum eröffnete. Die Skala der vorgeführten Meisterwerke war sehr breit. Gemälde von Graf Drakula, dem Haarmenschen, Smaragdgefäße, Skulpturen, Waffen von riesigen Helden und vieles anderes aus den Schätzen der Artifizialia, Naturalia, Kuriosa und Mirabilia, welche zusammen den Makrokosmos zusammentragen. Mein Lieblingsstück war die Saliera, das Salzfass. Es gilt als Ikone der Goldschmiedetechnik und stellt den Kosmos dar, indem sich zwei symbolische Figuren, der Gott der Meere und die Göttin der Erde, miteinander verschmelzen. Darum gibt es neben dem Salz auch ein Gefäß für den Pfeffer. Das Salz ist die Gabe des Meeres, der Pfeffer die der Erde. Das Gefäß rollt auf neun Elfenbeinkugeln, was eine einzigartige Idee ist. Zu jedem Bild gehörte natürlich eine ausführliche Erklärung und interessante Geschichten, die manch einem Zuhörer ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Die Belohnung waren viele begeisterte Gesichter und ein riesiger Applaus. Der Vortrag ging viel zu schnell zu Ende, aber zum Glück hatte ich die Möglichkeit Herrn Seipel einige Fragen zu stellen.


Gespräch mit Wilfried Seipel

Herr Seipel, was für ein Gefühl ist es, wieder bei uns in Szeged zu sein?
Es kommt mir so vor, als ob ich immer wieder zurückkehre, weil ich mich hier schon sehr wohl fühle. Ich stelle fest, dass ich bei jedem Vortrag mehr Hörer und Hörerinnen habe, und das freut mich sehr.

Es ist bestimmt ein sehr gutes Gefühl, wenn der Raum so voll ist, dass fast keiner mehr reinpasst.
Ja, dass ist wahr! Und ich habe jetzt das Glück gehabt, das erste Mal einen ganzen Tag lang mir die Stadt anzusehen. Durch die Straßen zu wandern und im Kaffeehaus zu sitzen, auf dem wunderschönen Széchenyi tér zum Beispiel, in diesem herrlichen Park. Ich finde, Szeged ist eine tolle Universitätsstadt, das muss man schon sagen. Ich kann mir vorstellen, dass man hier gerne studiert.

Das tun wir auch gerne. Was machen Sie eigentlich, seit Sie nicht mehr der Generaldirektor des Museums sind?
Ich habe ein kleines Büro, und viele Ausstellungsgeschichten, die ich noch zu Ende bringe, oder neu beginne. Ich habe jetzt am Samstag eine große Ausstellung in der Kunsthalle in Österreich über Sküthen und Saramate, denn ich bin eigentlich Archäologe. Dann muss ich noch nach Seoul und Korea, dort gibt es eine große Ägyptenausstellung, wo ich noch eine Vorlesung halte, dann bin ich in Usbekistan wegen einiger Ausstellungsprojekte, und dann bin ich auch hoffentlich einmal in Österreich.

Dann haben Sie eine aufregende Zeit vor sich. Warum haben Sie sich eigentlich gerade für dieses Thema, Sammelleidenschaft der Habsburger Fürsten, entschieden?
Schwer zu sagen. Man müsste immer ein bisschen das personifizieren, wie so ein Museum zustande- kommt. Das war der persönliche Geschmack dieser Fürsten und Habsburger. Ich finde, dass dieser Touch doch ganz interessant ist.

Welches ist ihr Lieblingsbild?
Mein Lieblingsbild sind Die drei Philosophen von Giorgione. Das ist ein wunderbares Bild, das lange, für Jahrhunderte, in der Deutung umstritten war. Man hat jetzt wahrscheinlich die drei Personen identifizieren können, was mir fasst ein bisschen Leid tut, weil man nicht mehr darüber nachdenkt, was weiß man, was sind die drei Philosophen, sind das Religionen, sind das Zeitalter? Jetzt wissen wir, es sind wirklich drei Philosophen, die für die Philosophiegeschichte wichtig waren. Wie auch immer, das ist eines meiner Lieblingsbilder.

Vielen Dank, dass sie sich wieder Zeit fürs GeMa genommen haben. Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit in Szeged.