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Zeitung << 1/2009 << Die Doktorverteidigung von Jürgen Below
Die Doktorverteidigung von Jürgen Below
Hesseforscher verteidigt seine Doktorarbeit
Autorin: Anna Angyalka Lukács
Am 17. April 2009 treffen wir uns beim Eingang der Universität. Die Suche nach der Veranstaltung beginnt schon witzig. Zehn Minuten vor der Verteidigung von Jürgen Below weiß noch niemand, wohin wir müssen. Konferenzraum, okay, aber welcher? Zuerst ins Erdgeschoss. Niemand da, die Tür geschlossen. Na gut, dann nach oben. Dort weiß man von nichts. Wir bitten um Auskunft, aber im Kalender des Dekans ist keine Veranstaltung für diesen Tag eingetragen. Da wurden wir schon nervös, denn sich bei einem Ereignis mit einer so geschlossenen Runde zu verspäten ist mehr als unangenehm. Na gut, dann wieder nach unten. Bei der Treppe sehe ich einen Mann, mit einem anderen grauhaarigen, elegant gekleideten Mann sich auf Deutsch unterhalten. Es wird über einen Konferenzraum gesprochen. Der größere Mann mit den schwarzen Jeans, blauem Hemd, Jacket und Schwarz-Rot-Gelb gestreifter Krawatte kommt mir bekannt vor. Genau, er ist Jürgen Below, dessen Foto ich schon auf seiner Homepage gesehen habe. Als sie ihr Gespräch beendeten, trat ich zu ihm, um zu fragen, ob ich im helfen dürfte den Raum zu suchen. Er bedankt sich, und wir machen uns auf den Weg.
Im Erdgeschoss wartet schon eine kleinere Gruppe, unter anderem Herr Béla Máder, Leiter der Universitätsbibliothek Szeged. Wie es sich später für mich herausstellt, ist er Mitglied der Kommission, die die Verteidigung von Herrn Below bewerten wird. Als alle da sind, begeben wir uns in den Konferenzsaal. Alles ist vorbereitet. Es waren nicht viele dabei. Fünf Mitarbeiter der Universität, unter ihnen auch Endre Hárs. Der Herr, mit dem Jürgen Below an der Treppe sprach, war Herr Árpád Bernáth, der Vorsitzende der Kommission. In der dritten Reihe sitzt Herr Géza Horváth, Hesseforscher und Direktor des Instituts für Germanistik in Szeged, dem die Bekanntschaft mit Herrn Below zu verdanken ist, und dann noch wir drei Studentinnen von der Germanistik in der nächsten Reihe.
Im Mittelpunkt der Dissertation steht sein 2007 veröffentlichtes Werk: Hermann Hesse Bibliographie - Sekundärliteratur 1899-2007. In dieser fünfbändigen Ausgabe wird die gesamte, publizierte deutschsprachige und internationale Sekundärliteratur zu Hesse mit um die 25.000 Titeln gesammelt und systematisiert. Arbeiten der Studenten von Szeged sind auch im Verzeichnis zu finden, worauf wir natürlich sehr stolz sind. Die Bibliographie übertrifft ihre Vorgänger in Bezug auf die Zahl der Belege und die Aktualität der dokumentierten Titel. Sie enthält auch Diagramme und Statistiken, die die Arbeit der Forscher sehr erleichtert.
Herr Endre Hárs verliest, wie es üblich ist, den Lebenslauf des Kandidaten. Einer der interessantesten Punkte ist, dass Jürgen Below (geb. 1943, Berlin) ursprünglich kein Literaturwissenschaftler ist, sondern Direktor einer Zuckerfabrik, mit literaturwissenschaftlichen Ambitionen. In seinem 17. Lebensjahr kam er mit Hermann Hesse in Berührung, der ihn sehr angesprochen hat. Das gelesene Werk war Das Glasperlenspiel.
Das Wort geht an den Kandidaten. Jürgen Below bedankt sich hier sein zu können, und beschreibt seine Arbeit. Genauer, was für Methoden er verwendet hat, welches Programm er benutzte und wie er die einzelnen Texte zusammengestellt hat. Er arbeitete ganz alleine, ohne Hilfe von Studenten, und so muss das fünfbändige Werk schon viel Energie gekostet haben. Sein Ziel war es, die verstreute Sekundärliteratur zu vereinigen, was ihm auch wohl gelungen ist.
Jetzt kommen die Anmerkungen der Kommission. Es werden Fragen gestellt, kritische Punkte angemerkt, und die Bewertungen verlesen, worauf der Kandidat dann antworten muss. Die Verteidigung beginnt. Die Antworten werden kurz gefasst, da die Diskussion jedem in Papierform schon dargelegt wurde. „Die Erwiderungen wurden angenommen.”
Eine Pause folgt, in der wir uns in den Hof setzen, und die Kommission über ihre Entscheidung berät. Nach ungefähr zehn Minuten ist das Urteil gefällt, alle setzen sich wieder. Jetzt kommt der Höhepunkt des Tages: Herrn Jürgen Below wird der Doktorgrad zugesprochen. Da bleibt nichts anderes mehr übrig, als auf den Erfolg anzustoßen.
Gespräch mit Jürgen Below
Herr Below! Was für ein Gefühl war es die Kritiken an Ihrer Arbeit zu hören?
Kritik muss man ertragen können. Man kritisiert ja selber auch. Und warum soll man Kritik übel nehmen. Das waren aber mehr oder weniger Fragen, die ich weniger als Kritik gesehen habe, als Empfehlungen etwas zu ändern oder anders zu machen. Und insofern hat mich diese Kritik auch nicht gestört, denn Kritik von Fachleuten ist immer wertvoll, vor allem weil sie auf der Basis von Wissen und Kenntnissen entsteht.
Haben Sie mit dieser Ausgabe Ihr Lebensziel verwirklicht?
Das würde ich nicht sagen. Man ist nie am Ende. Es gibt neue Aufgaben. Es haben sich während der Phasen der Arbeit und bis hin zum Fertigstellen schon neue Perspektiven ergeben. Wenn etwas abgeschlossen ist, ist es auch ein Abschied. Und ein Abschied ergibt immer einen neuen Beginn.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Der breiten Leserschaft möchte ich auch einige Perlen, oder einige Blumen aus diesem großen Bouquet zugänglich machen. Denn viele, die Hesse lesen, kennen das Schrifttum über ihn weniger oder kaum. Die Sekundärliteratur, die auch ihre Bedeutung hat, und natürlich versucht Hesse zu ergründen. Und diese sollte man mitteilen, und ich kann mir vorstellen, dass noch eine breite Wirkung erzielt werden kann. Da bin ich auch schon dabei, und da ist die Hälfte schon fertig.
Warum sollten junge Menschen Hesse lesen?
Es ist festzustellen, dass junge Menschen Hesse lesen. Es gibt auch Wettbewerbe, wo junge Menschen sich zu Hesse äußerten, dass er sich eben gespalten fühlte, siehe Der Steppenwolf. Der Mensch hat immer etwas Tierisches, was Animalisches. Er hat zwei Seelen in seiner Brust. Und es sind insbesondere Jugendliche, die mit sich selbst kämpfen, weil sie ein gespaltenes Ich haben, sie haben also Probleme. Hesse hat sich zu dieser komplizierten Problematik verständlich geäußert.
Dann ist Hesse also eine Person, die Sie Ihr ganzes Leben lang begleitet hat? Was verbindet Sie persönlich mit Hermann Hesse?
Das könnte man so sagen. Es ist die Konsequenz, mit der ein Mensch, der mit 14 Jahren wusste, ich will nichts anderes, als Dichter werden, und hat auf seinem Lebensweg dieses Ziel nie außer Augen gelassen. Es ist die ungeheure Konsequenz, mit der Hesse seinen Weg zum freien Schriftsteller bewältigt und zum Ausdruck bringt. Und es ist ein stolzes Ziel, das er erreicht. Und das finde ich großartig an diesem Mann.
Vielen Dank! Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Erfolg, und wünsche Ihnen alles Gute!
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