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Zeitung << 1/2009 << Wir sind keine Spielzeuge!


Wir sind keine Spielzeuge!
Tiere und ihre Retter in Ungarn und in Deutschland

Autorin: Mónika Hevesi

Immer wieder wird über das richtige Verhältnis zwischen Mensch und Tier diskutiert: praktische Landwirte und entschlossene Grüne, Liebhaber der Tiere und Tierfeinde, Vegetarier und Fleischesser. Es gibt sehr viele Meinungen und Betrachtungsweisen in Verbindung mit diesem Thema. Wie sind die Aussichten von vernachlässigten und misshandelten Tieren in Ungarn und Deutschland?

Alkony (auf Deutsch „Abenddämmerung“) hat eine grausame Vorgeschichte. Sie ist eine Mischlingshündin, Schützling des deutschen Tierschutzvereins Ungarnhunde in Not. Sie wurde von ungarischen Tierfreunden schwer verletzt und krank gefunden: sie hatte entweder einen Autounfall gehabt, oder sie war in eine Fuchsfalle getreten, so dass ihr ein Bein amputiert werden musste. Alkony ist trotzdem wunderschön mit ihrem glänzenden schwarzen Fell und freundlichen braunen Augen und laut ihrer Pfleger sehr charmant und klug. In Deutschland wurde schon 1933 ein Tierschutzgesetz verabschiedet. Es hatte aber auch einen kleinen Schönheitsfehler: es wurde für die Zwecke der Propaganda verwendet. In Ungarn gab es erst in den achtziger Jahren bedeutende Bewegungen der Bevölkerung, Journalisten und anderer Fachleute, die eine entsprechende Regelung forderten. Das erste Tierschutzgesetz in Ungarn ist erst 1998 entstanden. Laut der verschiedenen Vereine und Tierheime kann es wegen der Unwissenheit der Leute und der Passivität der Behörden auch nach elf Jahren oft noch nicht umgesetzt werden. Zum Glück werden die Medien immer sensibler, wenn es um Tierquälerei geht, und zumindest die Extremfälle gelangen an die Öffentlichkeit.
Die hilfsbereiten und mitfühlenden Menschen finden in beiden Ländern ihre Wege. In Deutschland gibt es zahlreiche Organisationen und Vereine, sowohl inländische als auch internationale, die Tierheime unterhalten und fördern. In Deutschland gibt es auch viel mehr Bürgerinitiativen als in Ungarn, auch im Vergleich zu den Bevölkerungszahlen. Was die Bewohner eines Landes über Tierschutz denken, beziehungsweise wie aktiv sie sind, ist dabei nämlich sehr wichtig.
Die bedeutendsten deutschen Organisationen für Tierschutz sind die folgenden: Deutscher Tierschutzbund (die älteste, 1881 gegründete Organisation für Tierschutz, und ist ein Dachverband), Bund gegen Missbrauch der Tiere (gegründet 1922, Neugründung 1952, beschäftigt sich mit Tierrechten und Tieren in Not), Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz (vor allem Jugendarbeit) und PROVIEH (Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung, nach eigenen Angaben der größte und älteste Tierschutzfachverband). Es ist sehr interessant, zumindest mit den Augen eines Ungarn, dass es in Deutschland auch eine Tierschutzpartei (Partei Mensch Umwelt Tierschutz) gibt, und zwar weltweit die erste. Es ist aber nicht mehr überraschend, dass mehr als zwei Drittel der Mitglieder weiblich ist. MUT ist eine der Kleinparteien des Landes und beschäftigt sich nicht nur mit der Lage der Tiere, sondern auch mit hilfsbedürftigen Menschen: mit Kranken, Pflegebedürftigen, Armen, Behinderten und Obdachlosen.
Auch in Ungarn findet man zahlreiche Organisationen und Tierschutzvereine, unter diesen viele internationale. Fast in allen größeren Siedlungen gibt es private Tierheime, die von Freiwilligen unterhalten werden. Auch Abdecker arbeiten überall und sammeln die herrenlosen Tiere ein. Das Wort „Abdecker“ (im Ungarischen „sintér“) klingt oft pejorativ und nicht ohne Grund: ihre Arbeit dient vor allem den Interessen der Menschen (damit sie zum Beispiel nicht von Hunden gebissen werden), und nicht denen der Tiere. Die Auffanglager sind oft überfüllt und schmutzig, und die Tiere bekommen keine (oder minimale) tierärztliche Pflege. Viele Tierheime versuchen diesen Hunden und Katzen zu helfen und sie abzuholen, wenn sie freie Kapazitäten (das heißt Platz und Futter) haben, damit sie gerettet werden. Dank der EU-Regelung und den tierliebenden Bürgern bekommen diese Sammelplätze und Tierheime immer mehr Aufmerksamkeit, und die Einführung der modernen Normen wird immer wieder kontrolliert. Das Geld fehlt bedauerlicherweise fast überall, die Tierschützer brauchen viele Spenden, weil der Staat nur minimale finanzielle Förderung leistet. Die Lage ist zwar in Deutschland ein bisschen besser, aber die Wohltätigkeitsorganisationen haben überall ähnliche Sorgen. Das meiste Futter kommt zum Beispiel von den Kantinen der Schulen. Deswegen gibt es Versorgungsprobleme in den Sommerferien.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Nun zwei positive Beispiele. Der „Zivilombudsmann“ für Tierschutz in Ungarn, Róbert Czerny begann seine Arbeit im Januar 2009, dank des Vereins „Fehér Kereszt Állatvédõ Liga“ (Tierschutzliga Weißes Kreuz), was auf jeden Fall lobenswert ist. Ebenfalls beispielhaft ist eine internationale Zusammenarbeit zwischen dem ungarischen Tierheim Noé (mit dem Rehabilitationsprogramm Minimenhely, speziell für misshandelte Hunde) und dem deutschen Vermittlungsverein Ungarnhunde in Not. Die zwei Organisationen suchen für gerettete ungarische Hunde liebevolle Pflegefamilien in Deutschland und tun das mit großem Erfolg. Der Anlass zur Gründung des Projekts war der schwere Stand der ungarischen Tierheime. Ungarnhunde in Not hilft der Organisation Minimenhely nicht nur mit der Vermittlung der Hunde, sondern auch mit Spenden. Hoffnung gibt es also immer, wenn es noch einige entschlossene Leute gibt, die nicht nur den Kopf schütteln, sondern auch bereit sind zu helfen. Denkt an diesen Satz, wenn ihr ein neues Hündchen oder eine Miezekatze sucht: die Tierheime und ihre Schützlinge warten auf euch. Wenn ich mein erstes Gehalt bekomme, hole ich auch ein Hündchen aus einem Tierheim nach Hause. Und zwar einen Dackel. Ich weiß auch schon seinen Namen: er wird Stüszi heißen.