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Zeitung << 1/2009 << Lampenfieber, Desinteresse, unterschiedliche Sprachkenntnisse
Lampenfieber, Desinteresse, unterschiedliche Sprachkenntnisse
Ein Kommentar zur Einstellung der Germanistikstudenten zum Studium aus Dozentensicht
Autor: András Horváth
Prof. Péter Bassola, Dr. Csilla Bernáth, Prof. Heinz Vater, Prof. Peter Eisenberg, Prof. Wolfgang Müller-Funk. Nur einige Namen aus der langen Liste zahlreicher bekannter und namhafter Personen, die durch ihren Kontakt zum Institut für Germanistik in Szeged von GeMa-Journalisten bereits interviewt worden sind. Was haben sie außer der Germanistik noch gemeinsam? Sie vertreten alle ähnliche Meinungen über die Szegeder Germanistikstudenten: es fehlt ihnen oft das Engagement und das Interesse am Fach.
Diese Tendenz lässt sich in den Seminaren häufig beobachten: die meisten Studenten sitzen schweigend in der Bank, richten ihren Blick auf ihre Notizen, wenn der Dozent eine Frage an die Teilnehmer stellt. Die gewünschte Diskussion kann sich kaum entfalten. Dieses Phänomen ist auch den ehemaligen Gastprofessoren Herrn Eisenberg und Herrn Müller-Funk aufgefallen. In Deutschland sind dagegen die Studenten nach meinen Erfahrungen viel diskussionslustiger. Die Seminare sind viel belebter und es herrscht eine positivere Atmosphäre, wenn die Studenten nicht nur als passives Publikum dem Dozenten zuhören, sonder sich auch aktiv beteiligen und untereinander ihre Meinungen austauschen.Viele Studenten begründen ihr Verhalten mit der Angst, dass sie etwas falsch sagen, oder vom Lehrer weitere Fragen bekommen. Dieses Gefühl kennen wir alle, wenn wir eine Fremdsprache noch nicht so gut beherrschen. Man sollte dem aber Herr werden, und es versuchen. Es wurde noch niemand von den anderen Studenten ausgelacht, weil er etwas grammatisch nicht korrekt formuliert hat. Das passiert jedem, der kein Muttersprachler ist. Ganz anders ist der Fall, wenn sich die Studenten über das Thema nicht einmal in ihrer Muttersprache äußern können. Soll es bedeuten, dass die Seminare so unverständlich sind? Manchmal kommt es tatsächlich vor, dass man keine Ideen hat, die diskutiert werden könnten. In diesem Fall ergreift meistens der Dozent die Initiative, und stellt konkretisierende Fragen als Hilfe. Oft beschreibt er die Sache schon so deutlich, dass er bloß das Schlüsselwort nicht ausspricht. Das häufige Ergebnis: immer noch keine Diskussion.Zu dieser Gruppe zähle ich auch die Studenten, die zwar keine sprachlichen Schwierigkeiten haben, aber nie ein Wort im Seminar sagen. Es kam schon vor, dass ich den einen oder anderen in einer Situation, wo der Dozent schon lange auf eine Antwort wartete, gefragt habe: „Hast du keine Ahnung, worauf der Dozent hinaus will?“ Die verblüffende Antwort: „Doch. Schon von Anfang an.“ Dann warum sagst du nichts, du Sau, warum lässt du uns hier langweilen? – dachte ich in dem Augenblick. Die Einstellung dieser Kommilitonen kann ich gar nicht verstehen. Warum studieren sie überhaupt Germanistik, wenn sie sich gar nicht dafür interessieren, was fünf Jahre ihres Lebens ausmacht. Vor einigen Jahrzehnten sei diese Auffassung laut Frau Bernáth gar nicht typisch gewesen.
Wenige Teilnehmer an Vorlesungen
Das Desinteresse der Studenten lässt sich auch an der Teilnehmerzahl der Vorlesungen erkennen. „Was ich gar nicht verstehe: 70 Studenten haben sich zur Vorlesung angemeldet und ungefähr 35 Studenten kommen jedes Mal.” – diese Beobachtung von Herrn Vater gilt nicht nur für seinen Einführungskurs. Ab dem zweiten Mal genügte in den meisten Fällen nur ein Seminarraum für die Teilnehmer. Ein Teil der Abwesenden hat einen guten Grund dafür: sie haben ein zweites Fach. Leider ist es an der Uni nicht möglich, den Stundenplan mit zwei ganz verschieden Fächern ohne Überlappungen zusammenzustellen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Trotz dieser Schwierigkeiten ließen sich weder an den Kenntnissen noch am Fleiß dieser Studenten Mängel aufweisen, betont unser Lehrstuhlleiter Herr Bassola.Es bleibt aber immer noch ein beträchtlicher Teil von Studenten, die nicht wegen einer anderen Lehrveranstaltung zur selben Zeit abwesend sind. Dass man sich nicht für die Sprachwissenschaft oder Literatur interessiert, ist ja noch nachvollziehbar. Oft kommt es vor, dass die Erwartungen, die man an das gewählte Fach gestellt hat, später nicht erfüllt werden. Warum haben sich dann diese Studenten für die Germanistik entschieden? Vielleicht nur, weil sie die Sprache selbst gerne sprechen, und sich darin vertiefen wollten. Dafür gibt es im Rahmen des Instituts zahlreiche Möglichkeiten. Das Wichtigste vielleicht: das Auslandsstudium. Es wäre eine Umfrage wert, wie viel Prozent aller Germanistikstudenten sich im Laufe ihres Studiums um ein Auslandsstipendium beworben hat. Die Zahlen sprächen für sich. Aus einer anderen Perspektive betrachtet haben wir konkrete Angaben: in den letzten Jahren gab es insgesamt mehr Erasmus-Plätze als Bewerber, und daher konnten nicht alle belegt werden.
„Der effizienteste Weg sich die Sprache anzueignen ist zweifellos ein Auslandsaufenthalt“
Im Kreis der Germanistikstudenten kursiert der Spruch, dass ihre Sprachkenntnisse sich im Laufe des Studiums wenig oder gar nicht verbessert haben. Das ist auf mehrere Gründe zurückzuführen. Teilweise ist der Vorwurf berechtigt, dass es mehr Seminare zur Sprachübung und Verbesserung der Sprachkenntnisse geben sollte, und dass das Studium nach dem ersten Jahr zu theoretisch und wissenschaftlich aufgebaut ist. Als Deutschlehrer zum Beispiel sollte man nämlich nicht nur grammatische Phänomene in der Fremdsprache erklären können, sondern auch über einen breiten Allgemeinwortschatz verfügen. Zur Übung gibt es aber Möglichkeiten inner- und außerhalb des Rahmens von Sprachstunden. In den Lehrveranstaltungen wird ja Deutsch gesprochen, und durch eine aktive Teilnahme kann man sich häufig in der Fremdsprache äußern. Der effizienteste Weg sich die Sprache anzueignen ist aber zweifellos ein Auslandsaufenthalt. Wie gesagt haben die Germanistikstudenten an der Uni Szeged ein breites Angebot an Stipendien- und Förderungsmöglichkeiten. Bei einer Bewerbung um einen Job ist es ohnehin von Vorteil, wenn der werdende Chef im Lebenslauf auf Angaben von Auslandsaufenthalten stößt.
Unsere Dozenten gehen davon aus, dass die damalige Wahl der Studierenden für die Germanistik eine überlegte Entscheidung war, und dass sie jetzt Freude daran haben, was sie machen. Wenn sie sich nicht an den Diskussionen und Gesprächen in den Seminaren beteiligen, ist für sie der Unterricht recht langweilig und eintönig. Kommt noch das tagelange Büffeln des unverständlichen Stoffes für die Prüfung hinzu, verwandelt sich das Germanistikstudium leicht zu einem Alptraum. „Wenn ich doch die Vorlesung besucht hätte! Dann könnte ich die Vorbereitung für die Prüfung in zwei Tagen schaffen“. Dafür, dass das Germanistikstudium eine gute Erinnerung bleibt, sollen die vielen zusätzlichen Möglichkeiten wie die Studienreisen und Auslandsstipendien sorgen. Es liegt nur an uns, ob wir sie nutzen oder vorbeigehen lassen. Die gleichmütigen Entscheidungen kann man später noch bereuen. Von einer der besten Möglichkeiten nicht zu schweigen: als GeMa-Redakteur habe ich auch viel durchs Artikelschreiben gelernt und habe viel Spaß an meiner Arbeit.
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