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Zeitung << 1/2008 << In Extremo


In Extremo
Eine magische Brücke zwischen dem Mittelalter und dem Jetzt

Autorin: Mónika Hevesi

Mittelalterliche Musikinstrumen­te und wilde Rockgitarre, wunderliche Texte und eine raue Singstimme, ein Chor: ein grauseliges, unnachahmliches Erlebnis. Ich bin ganz verhext... Ich fühle den Wind der Vergangenheit, ich fühle dieses Pathos und die unsterbliche Lebenskraft, die wir von unseren Ahnen erbten. Welche Nationalität diese Ahnen hatten, zählt nicht mehr. Die Melodien lassen mich das Heute und die Realität vergessen, ich bin nicht mehr in meinem Zimmer, ich bin jetzt in der Musik…

Das Mittelalter faszinierte mich schon immer. Ich weiß, dass die Zeit alles schönt, aber es gibt etwas in diesem Zeitalter, das ich mit Worten nur schwer beschreiben kann. Eine Mischung von Zauber, Heldentum und Glaube, die in unserer Welt schwer zu finden ist. Es ist vielleicht nur ein Traumbild, aber ich fühle so etwas in dieser Musik. Und es stört mich auch nicht, dass ich die Texte nicht immer verstehe. Die Töne sind international.
Die Band hatte sechs Gründungsmitglieder. Alle haben Fantasienamen, die zu dem Stil der Band passen: Thomas der Münzer, Der Morgenstern, Die Lutter, Das letzte Einhorn, Flex der Biegsame und Dr. Pymonte. Yellow Pfeiffer schloss sich im September 1997 an. Mit ihm hatte die Band schon sieben Mitglieder, und diese Zahl blieb konstant. Darauf weist der Titel der CD „Sieben“ aus 2003 hin. Thomas der Münzer musste die Band wegen einer Erkrankung leider später verlassen, sein Nachfolger wurde „Der Lange“, der auch heute mitspielt.
Die Band benutzt sehr viele Arten von Musikinstrumenten. Es gibt gut bekannte, wie Gitarre und Schlagzeug, einige, die nicht so gebräuchlich sind, wie Dudelsack und Harfe, und auch kuriose, wie Schalmei und Nyckelharpa. Das vorletzte ist ein Blasinstrument, das einer Oboe ähnlich ist und das zuletzt genannte gehört zu den Streichinstrumenten. Beide waren in dem altertümlichen Europa bekannt. Diese Kombination ist einzigartig, und schafft einen unnachahmlichen Klang und Stil, die diese Musik so stimmungsvoll und unvergesslich machen.
Die Geschichte von meiner deutschen Lieblingsband begann Anfang 1995. Damals experimentierte man zuerst damit, Dudelsäcke und Gitarre unter einen Hut zu bekommen. Aus dieser Zeit stammt das erste Lied „Ai Vis Lo Lop“ von der späteren In Extremo. Dieser Song ist auf Alt-Okzitanisch, die eine galloromanische Sprache ist. Der Titel bedeutet auf Deutsch „Ich habe den Wolf gesehen“. In Extremo verarbeiten gern altertümliche Texte in verschiedenen Sprachen: das ist charakteristisch für sie.
Das offizielle Gründungsdatum der Band ist der 29. März 1997. An diesem Tag fand das erste Rockkonzert von In Extremo im Rahmen eines Mittelaltermarktes in Leipzig statt. Die Band hatte damals schon ihre erste Akustik-CD „Die Goldene“, und die erste Maxi-CD „Der Galgen“. Diese zweite ist darum wichtig, weil der Namengeber seitdem ein Symbol der Band ist. Man musste auf die ersten großen Erfolge von In Extremo nicht lange warten: sie bekamen schon 1997 gute Kritiken, und nach ihrer ersten großen Tournee in Deutschland wählten die Leser des Magazins „Rock Hard“ sie zum „Newcomer des Jahres“ 1998.
Sie enttäuschen ihre Anhänger nicht: In Extremo traten regelmäßig auf vielen Festivals auf und machten zahlreiche Tourneen in Deutschland und im Ausland. Ihre Konzerte sind nicht nur wegen der Musik außerordentlich: ihre Auftritte werden durch eine spektakuläre Pyrotechnik ergänzt. Die Band veröffentlichte daneben fast jedes Jahr ein Album, Singles oder eine DVD. Sie hatten mit ihrer Musik nicht nur Europa, sondern auch Nord- und Südamerika erobert.
Man würde nicht denken, dass die Zukunft der Band schon zweimal in Gefahr geriet: Michael „Das letzte Einhorn“ hatte Anfang 1999 einen schweren Unfall, und der Bassist „Die Lutter“ bekam 2001 Krebs. Beide wurden zum Glück wieder gesund, und mussten die Band nicht endgültig verlassen.
In Extremo hatte in den vergangenen Jahren nicht nur in Europa, sondern auch zum Beispiel in Mexiko mehrmals Konzerte, sie verfügen über eine große Anhängerschaft in Russland, Slowenien und Rumänien. Die ungarischen Fans müssen aber leider nach Österreich oder Rumänien fahren, um an einem Konzert teilzunehmen, weil Ungarn für die Touren zu abgelegen ist. Ich würde aber gern In Extremo einmal in Budapest sehen…
Die Band spielte bis jetzt mit weltbekannten Rockbands zusammen, wie Korn, Iron Maiden, Marilyn Manson und Apocalyptica. Die Mitglieder erscheinen 2001 in dem Computerspiel „Gothic“ als Spielfiguren, und schrieben für dieses Spielprogramm den Song „Herr Mannelig“, was eines meiner Lieblingslieder ist. Auch karitative Tätigkeiten gehören zum Programm der Band: sie fördern seit September 2000 eine Kinder-Fußballmannschaft in Berlin, und musizierten 2005 auf einem Benefiz-Konzert zu Gunsten der Opfer der Tsunami-Katastrophe.