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Zeitung << 1/2008 << Eine Lektüre für Studierende und Literaturwissenschaftler
Eine Lektüre für Studierende und Literaturwissenschaftler
„A tudat zsákutcája“ von Géza Horváth
Autor: András Horváth
2007 ist das Buch „A tudat zsákutcája – Tanulmányok az újabb kori német irodalomról“ (Sackgasse des Bewusstseins – Studien über die neuere deutsche Literatur) erschienen. Der Autor ist Dr. Géza Horváth, Leiter des Instituts für Germanistik an der Universität Szeged. Im Band sind zehn von seinen Aufsätzen ausgewählt, die in den letzten zwölf Jahren in verschiedenen Fachzeitschriften publiziert wurden. Ursprünglich wurden sie zum Teil in ungarischer, zum Teil in deutscher Sprache verfasst. Das Buch erschien auf Ungarisch.
Der Titel des Buches scheint auf den ersten Blick vielleicht schwer zu verstehen, aber wenn man an der Uni schon Seminare zum Thema ‚deutsche Romantik’ belegt oder den Band bereits gelesen hat, versteht man die Bezüge der Texte. Obwohl die im Band behandelten Werke aus verschiedenen Epochen der deutschen Literatur und Kultur stammen, gibt es ein Grundmotiv, das sie alle zusammenhält. Im Mittelpunkt des Bandes steht die Problematik der „deutschen Innerlichkeit“, mit der sich Herr Horváth seit langem befasst. „Dabei geht es darum, dass die Deutschen immer eine Vergangenheit und eine Zukunft haben, aber nie eine Gegenwart“ – erklärt der Autor uter Berufung auf Friedrich Nietzsche den Gegenstand der Gedanken der deutschen Romantik dem GeMa.
Es ist typisch für die romantische Literatur, dass in den Werken die Wanderung als ein Leitmotiv gilt, der Hauptheld ist immer auf dem Weg, auf der Suche. Das habe ich selbst im Seminar von Herrn Horváth erfahren, in dem wir uns mit romantischen Novellen auseinandergesetzt haben. Peter Schlemihl muss zum Beispiel, nachdem er seinen Schatten dem Teufel verkauft hat, für ewig in der Welt herumwandern. Häufig ist es die dämonische Frau, die die Romanfiguren in ihren Bann zieht. In Tiecks Runenberg veranlasst das Waldweib Christian, seine Familie zu verlassen und in den Wald zurückzukehren. Erasmus Spikher kann in Hoffmanns Novelle der Versuchung von Giulietta nicht widerstehen, und schenkt ihr sein Spiegelbild. Ohne Spiegelbild kann er aber nicht mehr zu seiner Familie gehören, und muss im Weiteren nach seinem verlorenen Spiegelbild suchen.
„Der Gedanke der ewigen Wanderung und der des Fernwehs ist aber nicht nur in den romantischen Werken nachvollziehbar, sondern auch in bestimmten wichtigen Texten und Werken des 20. Jahrhunderts, wie zum Beispiel in Thomas Manns Roman Doktor Faustus“ – begründet der Autor den Grund der Auswahl der Aufsätze. Das verbindet unter anderem Goethe, Kleist, Nietzsche, Thomas Mann und Herman Hesse.
Heinrich von Kleists Gedankenwelt bezeichnet der Autor als „Die Sackgasse des Bewusstseins“. Diese Metapher wurde auch als Titel des Bandes gewählt, und in einem Kapitel wird Kleists Dichtung behandelt. Der Gegensatz zwischen der zivilisierten Welt und der wilden Natur bzw. die Macht der Natur steht im Mittelpunkt der Erzählung Das Erdbeben in Chili. Die Gesetze der Gesellschaft sind anders als Naturgesetze: das Erdbeben rettet den Hauslehrer Jeromino und Josephe, Tochter der reichen Familie, nachdem sie wegen ihrer verbotenen Liebe verurteilt worden sind. Sie flüchten aus der Stadt in die „paradiesische“ Natur. Sie kehren aber zurück und werden von der aufgehetzten Menschenmenge getötet. Gewinnen also die Naturgesetze über die Gesellschaft oder ist doch der tierische Trieb stärker?
Was die Entstehungsgeschichte des Buches betrifft, kam die Idee zu diesem Band durch Anfragen von KollegInnen von Horváth: „Einige haben Auszüge dieser Schriften gelesen, die sie gerne vollständig und in ungarischer Sprache hätten. Zum Beispiel wurde das Kapitel über Goethes Werther gekürzt in einem ungarischen Fachbuch publiziert, die Leser wollten aber die ganze Studie auf Ungarisch lesen“ – erfuhr ich den Anlass des Bandes vom Autor.
Nicht nur wegen der Fachexperten, die die deutsche Sprache kaum oder überhaupt nicht beherrschen, ist es vorteilhaft, einen solchen Band in der Sprache des Landes zu verfassen, dessen Leserpublikum das Buch erreichen soll. Da es in den meisten ungarischen Buchhandlungen erhältlich ist, und in verschiedenen Internet-Blogs empfohlen wird, bin ich mir sicher, dass ich nicht der einzige Nicht-Fachmann bin, der auf diesen Band aufmerksam wird und Lust bekommt, ihn zu lesen.
Der Band richtet sich nach Horváth in erster Linie an Literaturwissenschaftler bzw. Literaturhistoriker, aber auch an all diejenigen, die sich mit der Weltliteratur befassen. Andererseits bilden die Zielgruppe Studierende der Germanistik, die diese Aufsätze zum Studium ohnehin lesen sollten. Bei der Zwischenprüfung kommt es uns zugute, dass wir diese Gedanken kennen, aber auch beim Verfassen von Seminararbeiten können wir daraus viele nützliche Ideen sammeln. Auch für andere an der deutschen Literatur Interessierte kann das Buch eine unterhaltsame Lektüre sein. Der Autor empfiehlt den Band auch Gymnasiallehrern, die diese Aufsätze im Unterricht einsetzen könnten. Viele der untersuchten Primärtexte werden nämlich auch im Gymnasium unterrichtet.
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