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Zeitung << 1/2008 << Eine brillante Verteidigung des Sprachwissenschaftlers Péter Bassola


Eine brillante Verteidigung des Sprachwissenschaftlers Péter Bassola
Der Szegeder Lehrstuhlleiter erwarb den akademischen Doktorgrad

Autor: Róbert Lessmeister

Es gehört zu den größten Augenblicken im Leben eines Wissenschaftlers, wenn er nach langjähriger, beharrlicher Arbeit eine höhere Stufe seiner wissenschaftlichen Karriere erreicht. Péter Bassola war an einem solchen Punkt angelangt: Er sollte am 2. Juni 2008 die Kommission der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest von seinen Forschungsergebnissen überzeugen. Als GeMa-Reporter war ich mit einer Kommilitonin dabei.

Im Herbst 2007 überraschte unser Lehrstuhlleiter, Herr Bassola einige Seminarteilnehmer mit einer Ankündigung: im Frühjahr 2008 würde die Verteidigung seiner Dissertation an der Akademie der Wissenschaften in Budapest stattfinden, zu der er jeden einlud, der sich für seine wissenschaftliche Tätigkeit interessiert.
Ich habe nicht sofort begriffen, worum es eigentlich ging, Herr Bassola war doch schon lange Doktor gewesen. Dann erklärte er uns, dass es sich diesmal um einen akademischen Doktortitel handele, dessen Erwerb sozusagen ein „Hungarikum” sei, weil es dafür in den deutschsprachigen Ländern keine Entsprechung gebe. Diese Stufe gehe über die traditionelle Habilitation hinaus, die in den meisten Ländern den höchsten erwerbbaren Doktorgrad repräsentiert.
Es war natürlich nicht überraschend, dass Bassolas Dissertation mit seinen kontrastiven Forschungen im Bereich der Valenzstrukturen des Deutschen und des Ungarischen zu tun hat, denen er sich seit Jahrzehnten widmet. In dieser Arbeit hat er seine Erkenntnisse zusammengefasst, die er zwecks des angestrebten höheren, sog. „akademischen Doktorgrades” verteidigen sollte. Dies sollte eine würdige Anerkennung auf dem Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere sein. Ich könnte mir allerdings schwer vorstellen, dass unser engagierter Doktor jemals mit seinen Forschungen aufhören würde.
Ich entschied mich gleich, mir die seltene Gelegenheit nicht entgehen zu lassen, umso mehr, da ich noch nie zuvor das Glück hatte, einem solchen Ereignis beizuwohnen. Wenige Wochen später stand auch der genaue Termin fest: er wurde auf den 2. Juni 2008, mitten in die Prüfungszeit gelegt.

Der Tag der Verteidigung an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
Endlich kam der Tag der Verteidigung. Mit Tonaufnahmegerät und Fotoapparat gerüstet unternahm ich die Reise in meine Heimatstadt Budapest, um das seltene Ereignis mit einem Besuch bei meinen Eltern zu verbinden. Trotz des Frühsommers herrschte eine große Hitze in der Stadt, so dass wir mit Schweißperlen auf der Stirn nach dem halbstündigen Spaziergang vom Bahnhof aus das malerische Donauufer erreichten. Obwohl mehrere imposante Gebäude in dieser Gegend zu finden sind, war das schöne, im Stil der Neorenaissance erbaute Akademiegebäude nicht zu verfehlen. Es war wie eine Oase, nach der Schwüle in die Obhut des angenehm-kühlen Prachtgebäudes zu gelangen. Etliche Leute versammelten sich schon vor dem großen Saal, darunter namhafte Professoren, Freunde von Herrn Bassola und auch viele Dozenten von unserem Lehrstuhl. Wir hatten auch die Ehre, Herrn Ludwig M. Eichinger, Leiter des IDS in Mannheim, unter den prominenten Gästen begrüßen zu dürfen. Nach wenigen Minuten tauchte auch der Kandidat in seinem dunkelblauen Anzug, in Begleitung seiner Familie auf. Er lächelte wie immer und als wir alle der Reihe nach begrüßt wurden, konnten wir bei ihm keine Spur von Nervosität entdecken. Dann war es soweit. Wir begaben uns in den großen Saal mit getäfelten Wänden, wo sich rundherum Stützsäulen in Form von Frauengestalten erhoben. Die Kommission von acht Mitgliedern unter Vorsitz von Ferenc Kiefer stand schon vorne am langen Pulpitus bereit.
Ich zweifelte keine Sekunde am Erfolg unseres Lehrstuhlleiters, trotzdem verspürte ich ein leichtes Gefühl der Beklommenheit, wie immer in Prüfungssituationen, als ginge es jetzt um meine eigene geistige Kraftprobe.
Wie Herr Bassola uns schon früher erklärt hatte, würde hier alles nach strengen Ritualen ablaufen, was vielleicht ein bisschen einem „Gerichtsprozess” ähnelt. Es war tatsächlich so, wie er es geschildert hatte. Erst wurden der Lebenslauf, der bisherige Werdegang vorgelesen, sowie weitere Einzelheiten zur Person des Kandidaten bekannt gegeben. Im Anschluss daran wurde Herr Bassola gebeten, eine kurze inhaltliche Zusammenfassung seiner Arbeit zu geben.
Dann hatten die zwei anwesenden Gutachter, Borbála Keszler und Piroska Ko­csány das Wort, die von der Akademie offiziell beauftragt worden waren. Ich erschrak zuerst, als die einzelnen „Klagepunkte” vorgetragen wurden, verstand aber bald, dass es so üblich ist, denn die Aufgabe der Opponenten besteht gerade darin, Mängel der Arbeit festzustellen, und auf die eventuellen Schwachpunkte aufmerksam zu machen. Da der dritte Gutachter, Frau Gisela Zifonun nicht erscheinen konnte, wurde ihr Gutachten vorgelesen. Dabei waren es gut gemeinte Kritiken, die die Damen geäußert haben, im Ganzen aber würdigten sie Herrn Bassolas Arbeit, und erklärten sich mit der Zuerkennung des angestrebten Doktorgrades einverstanden.
Dann erhielt unser Kandidat das Wort, womit es zu der eigentlichen Verteidigung kam. Er musste die angefochtenen Punkte begründen, plausible Erklärungen für die angeblichen Schwachpunkte liefern. Seine Argumente waren so überzeugend, dass meine Bedenken rasch verflogen sind. Er war die ganze Zeit Herr der Situation, kein Hauch der Verlegenheit spiegelte sich in seinen Zügen. Es war überwältigend, wie der „Verteidiger” seine Thesen „freigesprochen” hat. Als er fertig war, wurden noch einige Fragen gestellt, die Herr Bassola auch zur Zufriedenheit der Kommission beantwortete.
Das Programm näherte sich seinem Ende, es blieb dann nur die feierliche Bekanntgabe des Urteils übrig. Bevor es gefällt wurde, musste das Publikum draußen warten. Nach zwanzig Minuten wurden wir wieder in den Saal hereingebeten, wo wir mit angehaltenem Atem auf die „Verkündung des Urteils warteten”. Es traf uns nicht überraschend: Péter Bassola erhielt den Titel des akademischen Doktors! Seine Leistung wurde mit 90% bewertet. Es gab einen großen Applaus, und als der Gefeierte das Wort übernahm, betonte er, mit diesem Urteil sehe er sich bestätigt, auf dem richtigen Wege zu sein, diese Etappe sei ihm allerdings nur eine Zwischenstation, da er seine Forschungstätigkeit natürlich weiterführen möchte.
Wir alle gratulierten dem neuen Würdenträger, und ich dachte, dass es gleichzeitig auch den Abschied für heute bedeutete, doch Herr Bassola hielt eine Überraschung für uns bereit: er hat uns alle zu einem Empfang in den kleinen Bibliothekssaal der Akademie eingeladen. Er hielt eine kurze Rede, in der er allen Anwesenden für die Teilnahme und das „Daumendrücken” dankte. Bescheidenerweise betonte er, obwohl er jetzt gefeiert und im Mittelpunkt stehen würde, dieser Erfolg sei das Verdienst von allen, die ihn auf seinem Weg unterstützt haben. Er sprach seinen Dank allen aus, die zu diesem Erfolg beigetragen hatten: seiner Familie, die ihm immer zur Seite stand, seinem Doktorvater Professor Karl Mollay sowie seinen Kollegen, unter ihnen Vilmos Ágel, die ihn ständig ermunterten. Er hob hervor, dass es ein entscheidender Punkt seiner Laufbahn war, als Árpád Bernáth ihn vor zwanzig Jahren bat, nach Szeged zu kommen.
Man zehrte dann vom köstlichen kalten Büffet, stieß an zum Wohl des Gefeierten mit dem erlesenen Wein, der von den Kellnern angeboten wurde. Man unterhielt sich und ich hatte auch Gelegenheit, ein paar Worte mit dem „neuen” Doktor zu wechseln.

Kurzinterview fürs GeMa
„Herr Bassola, ich will auf keinen Fall unhöflich sein, aber fürchteten Sie nicht ein ganz bisschen, dass Sie eventuell scheitern würden?“, wagte ich die Frage. „Man hat natürlich einen gewissen Druck vor einer Prüfung, erwiderte er, ich hatte doch das Gefühl, richtig vorbereitet zu sein. Es gehört aber zur Wahrheit, dass es vereinzelt auch vorkommt, dass der Kandidat durchfällt.” Weiter wollte ich von ihm wissen, ob dieser höhere Titel von der Universität erwünscht oder eher aus eigener Initiative angestrebt worden sei. „Eine Person, die einen höheren Titel trägt, kommt natürlich der Institution zugute. Je mehr Titelträger höheren Grades eine Institution hat, desto höher wird sie eingeschätzt, erklärt Herr Bassola. Auf die Frage, was ihm diese Anerkennung persönlich bedeutet, antwortete er, wie er schon früher betont hatte, dass er sich dadurch in der Absicht der Weiterführung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bekräftigt fühle.
Wir waren Zeugen eines entscheidenden Moments im Leben eines Wissenschaftlers. Wir gratulieren ihm im Namen aller GeMa-Leser und wünschen ihm weitere berufliche Erfolge!