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Zeitung << 2/2007 << Sommerkurs in Dresden


Sommerkurs in Dresden
Spaß und Sprachkurs mit einem Stipendium des DAAD

Autor: András Horváth

„Jeder Studierende der Germanistik sollte im Laufe des Studiums mindestens einmal nach Deutschland“ – lautet die bekannte Anregung unserer DAAD-Lektorin Dr. Ellen Tichy. Diesen Rat befolgend habe ich mich beim DAAD beworben und hatte die Möglichkeit, im Sommer 2007 vier Wochen im Rahmen eines Hochschulsommerkurses in Dresden zu verbringen.

Nach dem langen Prozess der Bewerbung und der Annahme erwartete ich mit gemischten Gefühlen den Tag, an dem ich mich auf den Weg in eine Großstadt der ehemaligen DDR machen sollte. Ich wusste nicht, wer außer mir an diesem Kurs teilnehmen würde und wie ich mir vier Wochen lang dort die Zeit vertreiben sollte. Während der Hinfahrt lernte ich zufällig einen Jungen aus Szombathely kennen, der auch Teilnehmer war und von da an konnten wir die ersten Schritte in Dresden gemeinsam machen. Am ersten Tag stellte sich bereits heraus, dass ich mich nie langweilen und kein Heimweh bekommen würde, als ich nach der Registrierung unser Programmheft erhielt.

Der Unterricht
Das TUDIAS (Technische Universität Dresden, Institute of Advanced Studies), Veranstalter der Internationalen Dresdner Sommerkurse bot den Sprachlernenden verschiedene Kurse an. Meiner hieß ‚Deutsche Sprache und Landeskunde’, wobei wir vor allem grammatische und sprachliche Übungen gemacht und landeskundliche Themen behandelt haben. Jeden Tag hatten wir von 9 bis 12.30 Unterricht, an dem wir anhand der Einteilung der 160 Teilnehmer nach Sprachkenntnissen in kleineren Gruppen teilnahmen. So konnte jeder in der Gruppe lernen, deren Sprachniveau seinen Sprachkenntnissen entsprach. Der Akzent lag auf der Grammatik und der Förderung der sprachlichen Kompetenz. Wir beschäftigten uns vor allem mit solchen Aufgaben, die ich vom Grammatikseminar schon kannte, aber das war eine gute Möglichkeit zur Übung. Am Ende des Kurses erhielten wir eine Teilnahmebestätigung gemäß der Sprachstufe C2. Meine Kameraden in der Sprachgruppe kamen aus ganz verschiedenen Ländern; ich lernte gemeinsam mit StudentInnen aus der Ukraine, Polen, Russland, Tschechien, Finnland und sogar aus China. Der Chinese war sogar mein Mitbewohner im Studentenheim. Außer mir gab es auch noch drei Ungarn, die aber in der Gruppe ‚Wirtschaftsdeutsch’ waren.

Freizeit – freie Zeit?
Nach dem Unterricht hatten wir die Qual der Wahl an verschiedenen Programmen teilnehmen zu können. Nachmittags standen uns verschiedene Workshops zur Verfügung. Wir konnten zum Beispiel Kurzgeschichten verfassen, phonetische Übungen machen und Erich Kästners Wirkung in Dresden durch einen Stadtrundgang kennen lernen. Außerdem hatten wir mehrere Ausflüge in der Stadt oder in der Umgebung. In den ersten Tagen versuchten wir, die Sehenswürdigkeiten der Stadt Dresden zu entdecken. Dabei haben wir nicht nur den Zwinger, die Semperoper oder die Frauenkirche angesehen, sondern unsere TutorInnen hatten uns auch eine Kneipentour in der Neustadt organisiert, die wir später noch mehrmals auf eigene Faust machten. Der relativ späte Unterrichtsbeginn ermöglichte uns, die Abende mit den Freunden in dem Szeneviertel Dresdens zu verbringen. Einmal fand sogar ein gemeinsamer Grillabend am Elbufer statt, wo sich alle, sonst in kleinere Gruppen eingeteilten Teilnehmer zusammenfanden. Nach wenigen Tagen verkehrten wir in der Stadt wie zu Hause. Dresden ist mit ihren zirka 500.000 Einwohnern im Mittelfeld der deutschen Großstädte. Ein Besuch in der Hauptstadt Sachsens lohnt sich unbedingt. Ihr Wahrzeichen, die berühmte Frauenkirche wurde neulich renoviert, und es gibt wieder Ausstellungen im neuen „Grünen Gewölbe’. Wenn man Lust hat, kann man sogar eine Schifffahrt auf der Elbe in die weitere Umgebung machen.

Programme am Wochenende
Wir hatten mehrere Ausflüge auch außerhalb Dresdens. In der Nähe von Dresden befindet sich die wunderschöne ‚Sächsische Schweiz’, wo die Felsenwelt im Elbsandsteingebirge von der Elbe durchzogen wird. Die Landschaft im Nationalpark war eine der schönsten, die ich je gesehen habe. In Meißen bewunderten wir, wo und wie Europas erstes Porzellan hergestellt wird (vgl. ‚Der „goldene“ Weg zum weißen Gold’ in diesem Heft), und an einem anderen Tag machten wir einen Rundgang im wunderschönen Garten um das Lustschloss von August dem Starken in Pillnitz. Wir fuhren jeweils für einen ganzen Tag nach Leipzig, Prag und Berlin. Leipzig faszinierte uns bereits bei der Ankunft, als wir den riesengroßen Hauptbahnhof und die darunter liegende Einkaufspassage erblickten. In der Messestadt befindet sich einer der wenigen realen Orte aus Goethes Faust, nämlich das heutige Restaurant ‚Auerbachs Keller’. Unter anderem steht hier auch das als Erinnerung an den Sieg gegen Napoleon von 1813 errichtete ‚Völkerschlachtsdenkmal’. Wir verbrachten außerdem einen regnerischen aber umso unvergesslicheren Tag in der ‚goldenen Stadt’ Prag, die wir von Dresden in etwa zwei Stunden erreicht haben. Der Höhepunkt der Ausflüge war für mich allerdings Berlin. Die Reste der Mauer mit der ‚Eastside-Gallerie’, der Potsdamer Platz, die legendäre Straße ‚Unter den Linden’ mit dem Brandenburger Tor übten auf mich eine unglaublich große Wirkung aus. Wir besichtigten von innen und außen das Reichstagsgebäude, in dem uns auch in den Sitzungssaal Einlass gewährt wurde. In der Hauptstadt wurde ich wirklich persönlich mit der Geschichte, die meine Großeltern selbst erlebt hatten, konfrontiert.

Neue Kontakte
Während meines Aufenthaltes habe ich mich mit vielen Studenten und Studentinnen aus aller Welt befreundet, zum Beispiel aus Brasilien, Tschechien oder China. Außerdem lernte ich noch drei nette StudentInnen aus Ungarn kennen. Wir hatten uns zuvor nicht gekannt, aber jetzt, nach dem Sommeraufenthalt sind wir immer noch in Kontakt. In Dresden haben wir die Zeit oft gemeinsam verbracht, was aber leider auch bedeutete, dass in diesen Fällen das Deutschsprechen in den Hintergrund gerückt wurde, obwohl wir alle ganz gut Deutsch konnten. Unser Kursleiter, Herr Klaus Knabe hat uns einmal gesagt, dass er immer froh ist, wenn er Ungarn empfangen kann, weil sie so gute Deutschkenntnisse haben. Der Kurs bleibt mir nicht nur wegen der Lernmöglichkeit und der Programme unvergesslich. Das war mein erster Aufenthalt in einer ostdeutschen Stadt der ehemaligen DDR. Die Ostdeutschen sind wirklich irgendwie anders als die Westdeutschen, aber nicht in positivem oder negativem Sinne. Sie haben eine andere Geschichtsauffassung und andere Einstellungen zu bestimmten Sachen. Ich habe bei Ihnen zumindest ausschließlich positive Erfahrungen gesammelt.
Zuletzt möchte ich jeden GeMa-Lesenden ermuntern, sich beim DAAD oder anderen Institutionen um Stipendien zu bewerben. Es ist zwar nicht garantiert, dass die Bewerbung sofort positiv beurteilt und angenommen wird, aber einen Versuch ist es immer wert. Sollte es klappen, kann man neben guten Sprachkenntnissen mit unvergesslichen Erfahrungen heimkehren.