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Zeitung << 2/2007 << Dunkelblaufastschwarz
Dunkelblaufastschwarz
Ein Film, in dem alles relativ ist
Autorin: Anita Ráczné Romsics
Im Sommer 2007 hatte ich die Möglichkeit mit meiner Schwester ins Kino zu gehen und in diesem Fall war ein echt „modischer” Film im Repertoire. Vom Titel ausgehend kann man nichts erahnen, trotzdem kennt fast jeder Jugendliche dieses kreierte Wort: Dunkelblaufastschwarz.
Sowohl im Kreis der Deutschen als auch unter den Ungarn war dieser Film beziehungsweise dieses Phänomen sehr populär. In diesem Film ist wirklich alles relativ. Aber mit dieser Relativität muss man aufpassen, weil man die Handlung, die Symbole und selbst das Gefühl irgendwie kodiert, jeweils anders die männlichen und weiblichen Subjekte dieses „Experiments”. Ich kann ganz ruhig aus eigener Erfahrung erzählen: „die weiblichen Subjekte dieses lebendigen Experiments” waren etwa 16-jährige Deutsche und es gab eine ungarische Ausnahme, mit etwa 21, die trotz aller „Grenzen” diese Begeisterung mit den deutschen Jugendlichen ein bisschen erleben konnte. Für die männliche Meinung habe ich nur ein einziges ungarisches Subjekt gefunden. Vielleicht war er wegen seines Alters nicht sehr begeistert. Er war zu „alt” dazu, aber wegen der „allgemeinen und persönlichen” menschlichen Rechten darf ich nur schreiben, dass er über 30 war. Das ist kein Zufall! Weil selbst im Film die „unmarkierte oberste Grenze” 30 ist. Die Probleme bei über 30-Jährigen verändern sich. Diese Probleme, die in diesem Film dargestellt werden, sind typische „unter 30-Probleme“.
„Dunkelblaufastschwarz” ist eine Farbe, die wir nicht immer sofort erkennen. Sie ist abhängig vom Licht und von der Stimmung. Auf den ersten Blick scheint sie eher schwarz, auf den zweiten Blick dunkelblau. Dieses Phänomen kann man auch als ein Seelenzustand aktualisieren. Das ist ein Übergang aus der Freundschaft in die Liebe. Am Anfang kann das ein Schreckensgedanke sein, später wird man dagegen protestieren.
Wann kommt die Schlussfolgerung? Es gibt keine Schlussfolgerung, diese „Nichtmehrfreundschaftfastliebe” kann nie in Erfüllung gehen, sonst wäre es kein Übergang, sondern ein beendeter Prozess. Was absolut sinnlos oder unerreichbar ist, das möchte der Mensch erreichen. Das ist eine immer gültige Aussage und hat ihren Ursprung im lebhaften Temperament des Menschen. Dieser Seelenzustand kann auch als Selbsttherapie funktionieren: einfach darauf losreden, was mich eigentlich stört, oder gerade umgekehrt: was mich eigentlich lockt.
In diesem Film steht ganz konkret eine ungewisse Zukunft im Mittelpunkt. Jorge, die Hauptfigur, hat die letzten Jahre damit verbracht, seinen Vater zu pflegen. Er hat sein Studium beendet und träumt von einem selbst bestimmten Leben, vom Eintritt in eine Welt, zu der er noch nicht gehört, zu der Welt der „reiferen” Männer. Das ist ein verrücktes, modernes Märchen über das Erwachsenwerden. Diese künstlerische Darstellung führt uns in die Gefühlswelt der heutigen Zwanziger, in eine moderne Liebesgeschichte zwischen Tragik und Komik. Durch seinen Bruder Antonio lernt er Paula kennen. Das ist der Beginn einer ungewöhnlichen Beziehung, weil Antonio und Paula ein Paar sind; ein Paar im Gefängnis, wo eigene Regeln herrschen. Der Bruder von Jorge ist zeugungsunfähig, das beunruhigt ihn, und so wendet er sich mit einer nicht alltäglichen Bitte an Jorge. Diese ungewöhnliche Sexpartnerschaft wird Jorges Leben verändern. Unter Paulas Einfluss beginnt er, sich zu verändern. Er erkennt, dass er seine Wünsche selbst durchsetzen muss.
Fast alle Kritiker sagen, dass der Regisseur, Daniel Sánchez Arévalo, der „Almodóvar der II.” ist. Der Regisseur sagte Folgendes als Empfehlung zu seinem Film: „Dunkelblaufastschwarz ist eine Geschichte über Menschen, die gegen ihr Schicksal kämpfen. Sie sind hinter einer Glasscheibe gefangen, deren Glas dünn ist, fast unsichtbar, aber unmöglich zu ignorieren. Sie müssen lernen, ihre eigenen Grenzen zu akzeptieren, um voranzukommen.” Ich möchte diesen Film solchen Jugendlichen empfehlen, die aufgeregt das erste, zweite oder vielleicht das letzte Date planen.
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