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Zeitung << 2/2007 << Deutschland – Ungarn kontrastiv


Deutschland – Ungarn kontrastiv
Das Leben von drei deutschen Medizinstudenten in Szeged

Autorin: Tünde Markóné Boda

Die fremdsprachige Medizinerausbildung in Szeged blickt bereits auf ein Vierteljahrhundert zurück. Das hier erworbene ungarische Diplom hat ein anerkanntes Prestige in der Welt. Für die niveauvolle Ausbildung muss nur ein Drittel des in den anderen Ländern üblichen Preises bezahlt werden.

Das an der Universität Szeged angebotene medizinische und pharmazeutische Programm ist seit 1998 akkreditiert. Die Fakultäten wurden sogar als Mitglieder der WHO verzeichnet. Seit dem Studienjahr 1999/2000 besteht an der Medizinischen Fakultät der Universität Szeged auch ein deutschsprachiger Studiengang, jedoch nur für die ersten zwei Studienjahre. Nach den zwei erfolgreich abgeschlossenen Jahren kann das Medizinstudium an dem englisch- oder ungarischsprachigen Studiengang der Universität Szeged bzw. dem deutschsprachigen Studiengang der Semmelweis Universität in Budapest fortgesetzt werden. Die Unterrichtssprache der vier vorklinischen Semester ist ausschließlich Deutsch. Eine akademische Einordnung wurde von der Jiao Tong Universität in Shanghai in den Jahren 2003, 2004 und 2005 durchgeführt. Die Universität Szeged befindet sich zwischen der 200-250. Stelle unter den besten 500 Universitäten der Welt. Die Universität ist als einzige unter den in der Einordnung kategorisierten ungarischen Universitäten in der Liste der besten 100 Universitäten Europas verzeichnet.
Matthias Heyner studiert an der Medizinischen Fakultät der Universität Szeged. Er ist 21 Jahre alt und kommt aus München. Er hatte schon ein Stipendium in Österreich in Leoben, aber es hat ihm nicht so gut gefallen wie hier. Seiner Meinung nach war Leoben zu klein. Es gab weniger Menschen dort und auch die Atmosphäre der Stadt war nicht so angenehm wie in Szeged. Budapest hingegen ist zu groß. „Dort würde die Verkehrsanbindung zu viel Zeit kosten, um jeden Tag zur Universität zu fahren.”, erklärt er. Hier ist alles in der Nähe. Mit den ungarischen Studenten hat er keinen Kontakt, da es keine gemeinsamen Seminaren an der Universität gibt, aber mit den arabischen Studenten schon. Mit ihnen ist er oft zusammen. Außerdem hat er bemerkt, dass die ungarischen Studenten die deutsche oder die englische Sprache nicht gut oder eigentlich nicht beherrschen. Er mag in der Stadt und an der Theiß entlang Spaziergänge machen, und er hat auch schon viele Sehenswürdigkeiten gesehen. Zum Beispiel den Dom, die Synagoge und den Springbrunnen auf dem Dugonics Platz. Er meint, dass es keinen Unterschied zwischen dem Unterrichtsniveau in Deutschland und dem in Ungarn gibt. Auf die Frage, ob er ungarische Wörter kenne, entlockte ich ihm ein Lächeln. ”Ich kenne schon einige ungarische Wörter, zum Beispiel kérek szépen ,tea, kávé és húzni.”
Johanne Kleingebiel ist 19 Jahre alt und studiert auch Humanmedizin. Sie kommt aus Göttingen und bleibt zwei Jahre in Szeged. Sie meint auch, dass die Stadt eine besondere Atmosphäre hat. Überdies ist sie mittelgroß und übersichtlich. Sie ist so menschlich, nicht wie Budapest. “Na ja, manchmal wäre es gut, in Budapest zu sein”, sagt sie, „aber es ist für uns wirklich leichter, in Szeged zu leben”. Sie geht mit ihren Freunden gern in der Innenstadt spazieren. Sie hat auch den Dom, den Wasserturm und die Synagoge besichtigt. Im Nationaltheater war sie auch schon, wo sie das Dschungelbuch gesehen hat. Sie geht auch gerne aus. Mit ihren Bekannten hat sie schon den SZOTE Klub und das Gin Tonic besucht. Sie fühlt sich im TIK Gebäude wohl, da es gut ausgestattet ist. Einige ungarische Wörter kann sie auch sagen, die sie jeden Tag benutzt.
Sie verfügt auch über Geschichtskenntnisse über Ungarn. Sie konnte zum Beispiel genau sagen, mit welchem Namen die Staatsgründung verbunden ist und wann sie geschah (896). Das Feszty-Panoramabild in Ópusztaszer hat ihr auch gut gefallen. Sie wusste auch darüber Bescheid, dass der Kommunismus Ungarn genauso wie den östlichen Teil von Deutschland 50 Jahre hindurch beherrschte, und dass es ein großes Ereignis war, als die Grenzen geöffnet wurden. Sie ist der Meinung, dass es keinen Unterschied zwischen dem deutschen und ungarischen Unterricht gibt. “Vielleicht ist nur die Physik zu Hause schwieriger”, meint sie.
Mein dritter Gesprächspartner fühlt sich auch wohl in dieser Stadt. Er hat hier schon den Dom, den Reök Palast und auch das Schwarze Haus besichtigt. Einige Kunstausstellungen hat er auch besucht (Goya und Dali). Er meint, dass die meisten deutschen Studenten die ungarische Sprache nicht beherrschen, und deshalb ist der Kontakt zwischen Deutschen und Ungarn gering. Das ist ein anderer Aspekt; vielleicht ist es ein bisschen ironisch. Warum sprechen sie nicht Ungarisch, könnte man fragen. Sonst „ganz allgemein gesagt, kann man sagen, dass es nur ein paar Unterschiede zwischen den deutschen und ungarischen Studenten gibt – die Deutschen werden eventuell weniger vom Lernen abgelenkt”, fügt er hinzu. In Deutschland ist der Unterricht also doch ähnlich wie hier. Auf die Frage, an welche Erinnerungen er sich bezüglich Szegeds gerne erinnern wird, antwortete er Folgendes: ”An das Studium, die Freu(n)de und das Wetter. Ich habe überwiegend gute Erfahrungen gemacht und bin freundlich behandelt worden.”
Sie fühlen sich wirklich wohl hier und wenn sie nach Hause fahren, werden sie sich mit gutem Herzen an diese Zeit erinnern.