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Zeitung << 2/2007 << Lebenslanges Lernen


Lebenslanges Lernen
Das BA-Modul für Dolmetscher und Übersetzer in Germanistik

Autorin: Viktória Kóger

Ich wollte schon immer Dolmetscherin werden. Fremdsprachen zu sprechen, finde ich toll. Die Welt wird offener, fremde Kulturen treten uns näher und neue Freunde und Vorlieben in unser Leben. Es ist eine Ehre und sehr interessant, eine Sprache zu lernen, die sich von unserer Muttersprache in ihrer Dynamik und in ihrer Geschichte so sehr unterscheidet. Kleine Ausflüge in die Grammatik, in die Linguistik zu machen, zu übersetzen was unübersetzbar ist, einmal auf wichtigen Konferenzen zu dolmetschen, große literarische Werke oder ein einfaches offizielles Dokument zu übersetzen, sind Herausforderungen und dazu braucht man viel Geduld, Ausdauer, Willenskraft und Selbstkritik. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, als ich davon hörte, dass wir die Möglichkeit haben, am Institut für Germanistik der Universität Szeged, eine Spezialisierung für Übersetzer und Dolmetscher belegen zu können. Obwohl wir eine Aufnahmeprüfung machen mussten, hatte mir diese kleine Kraftprobe die Lust daran nicht nehmen können. Von 30 Personen sind 12 übrig geblieben. Die Gruppe hält sehr zusammen und ist motiviert. Während des Unterrichts herrscht immer gute Laune, was ich für sehr wichtig halte, weil wir einander auch vorwärts bringen sollen. Das Lehrerteam war im Wintersemester 2007 super: Dr. Erzsébet Forgács – Kontrastive Grammatik; Dr. Ewa Drewnowska-Vargáné – Texttypen in einer kontrastiven Annäherung; Eszter Zóka – Einführung in die Übersetzung; Mündliche und schriftliche Kommunikationsübungen.
Die Idee stammte von Dr. Erzsébet Forgács, die sich sehr großer Beliebtheit, sowohl unter den Studierenden als auch unter den Kollegen, erfreut. Sie und ihr Team bemühten sich darum, dieses Modul zu verwirklichen. Als ich sie mit der Bitte aufsuchte, mir ein paar Worte von der Vorgeschichte zu erzählen, war sie sehr hilfsbereit. Nach einem E-Mail-Wechsel trafen wir uns zu einem Gespräch. Strahlender Optimismus und ein vertrautes Lächeln warteten auf mich.

Gespräch mit Prof. Dr. Erzsébet Forgács

Frau Forgács, können Sie kurz darüber berichten, wie dieses Modul entstanden ist? Ich kann die ganze Woche kaum abwarten, bis endlich Freitag ist.
Es freut mich, dass Sie so ungeduldig auf die Übersetzungskurse am Freitag warten. Ohne Begeisterung und Enthusiasmus hätte das nämlich keinen Sinn. Genauso freut es mich auch, dass Sie die Relevanz dieser Ausbildung klar sehen.
Zur Vorgeschichte kann ich Folgendes sagen: An der Hochschulfakultät für Lehrerausbildung hatten wir jahrelang eine Spezialausbildung für Übersetzen. Das war ein viersemestriges, sehr intensives Studium. Die Kurse haben wir auch als wählbare Spezialkollegien angeboten, aber wenn jemand alle Kurse belegt hatte, hat man eine Bescheinigung ins Diplom erhalten. Das Interesse war riesengroß, und ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht.
Als wir dann das Curriculum für das Bachelor-Studium anfertigen mussten, wollte ich unbedingt, dass solch eine Spezialisierung ausgearbeitet, akkreditiert und angeboten wird. Leider teilten nicht alle meine Meinung. Schließlich hat mich Herr Prof. Bernáth – kurz vor dem Abgabetermin des Akkreditierungsmaterials – darum gebeten, das Curriculum zusammenzustellen. Das habe ich dann mit meinen Kolleginnen auch gemacht, ich wollte die Chance, d.h. die Chance für die Studierenden, nicht verpassen. Das Programm wurde dann in der damaligen Form akkreditiert, aber wir haben den Ausbildungsplan seitdem schon ein wenig modifiziert.

An anderen Lehrstühlen gibt es schon gleiche oder ähnliche Ausbildungen. Das ist das einzige Studienangebot an den Fremdsprachenlehrstühlen, das - meiner Meinung nach - absolut eine Zukunft auf dem Arbeitsmarkt hat und wo der motivierte Student Tag für Tag sehen kann, dass diese Ausbildung aufregend und sinnvoll ist, da dieses Studium Zukunftsperspektiven hat.
Sie haben Recht, das ist eine solche Ausbildung, die marktfähig ist. Die Lehrenden haben die Möglichkeit, Wissenschaft und Praxis miteinander zu koppeln, und die Tatsache, dass diese Ausbildung praxisorientiert ist, wirkt außerordentlich fördernd, d.h. motivierend für die Studierenden. Ich mache das auch mit Leib und Seele – ich habe im Bereich Übersetzungswissenschaft viele Aufsätze publiziert, sogar auf diesem Gebiet habilitiert. Was mir jetzt im Unterricht besonders Spaß macht: Über stilistische Werte und semantische Unterschiede nachzudenken, mit den Studierenden die feinen Unterschiede zu diskutieren und dadurch das Sprachbewusstsein, die Sprachsensibilität zu fördern. Es soll allen Studierenden klar werden: Es gibt nicht DIE gute Übersetzung – es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Sie sind aber nie „identisch“, d.h. die eine oder die andere Lösung ist doch immer mehr adäquat.

Der allerwichtigste Grundstein ist die Grammatik! Hier zählen alle Buchstaben. Was ist Ihre Meinung zu den Grammatikkenntnissen der Studenten? Aufgrund früherer persönlicher Erfahrung können Sie uns und auch den Studierenden, die im Herbst 2008 mit dieser Ausbildung beginnen bitte einige Ratschläge geben?
Jetzt werde ich eine sehr ehrliche, somit ernüchternde Antwort geben. Ich sage meinen Studierenden immer Folgendes: „Sie brauchen in erster Linie zwei Dinge: Wortschatz und Grammatik“. Das ist banal, das ist trivial, aber das stimmt. Was die Lexik betrifft, da haben wir keine gravierenden Probleme. Von der Grammatik allerdings kann ich das nicht behaupten. Wenn einem ein bestimmtes Wort nicht einfällt, kann er beim schriftlichen Übersetzen in einem Wörterbuch nachschlagen, oder eben ein Synonym wählen, paraphrasieren usw. Aber man hat ja keine Zeit, das ganze Konjugations- oder Deklinationsparadigma durchzuschauen, um eine richtige Endung „zu erraten“. Ohne Grammatik geht nichts! Das sollte man endlich einsehen! Denen, die diese Ausbildung absolvieren möchten, rate ich Folgendes: Das Genus der Substantive muss gelernt werden; bei der Konjugation der Verben darf man keine Fehler machen; Adjektive müssen auch nach Pronomina richtig dekliniert werden. Ich betone ausdrücklich: Das ist eine Spezialausbildung, in der kein „Küchendeutsch“, sondern vollkommen korrekte Sprachverwendung angestrebt wird.

Die Studenten beschäftigen sich ständig mit der Frage, ob es nach dem Studium möglich sein wird, sich in der MA-Stufe weiterzubilden. Haben Sie Informationen darüber?
Die Lage sieht zur Zeit folgendermaßen aus: Herr Dr. Horváth, unser Institutsleiter, hat mich damit beauftragt, ein Curriculum für eine Spezialisierung (40 Kreditpunkte) im Master-Studium zusammenzustellen. Ich leiste hier Organisationsarbeit, die Kurse wurden von Frau Edit Gyáfrás, Frau Claudia Sándor und von Herrn Géza Horváth ausgearbeitet. Wir versuchen, diesen Ausbildungsplan zu akkreditieren. Ich will natürlich, dass die Übersetzer- und Dolmetscher-Ausbildung auf der MA-Stufe nicht nur als Spezialisierung angeboten wird. Dazu muss man allerdings Folgendes wissen: Eine Übersetzer- und Dolmetscher-Ausbildung erfordert zwei Fremdsprachen, d.h. eine erste und eine zweite Fremdsprache. Das bedeutet im Klartext: Wir Germanisten schaffen das alleine nicht. Ich kann und will nur hoffen, dass die Verhandlungen und Gespräche darüber mit den anderen Fremdsprachenlehrstühlen fortgesetzt werden. Das hoffe ich im Interesse der Studierenden.


Gespräch mit den Studierenden der Ausbildung

Die Meinung, dass die deutsche Sprache marktfähig ist, teilten die Germanistikstudentinnen Aranka und auch Eleonóra. Eleonóra hat gesagt, sie würde gern später in der Schweiz arbeiten. Aranka hat auch noch andere Pläne, sie möchte noch ein zweijähriges Zusatzstudium absolvieren (ung. OKJ – Ausbildung) und sich dadurch für den Arbeitsmarkt absichern. Albert finde die Ausbildung nützlich und es ist nicht ausgeschlossen, dass er sich einmal mit der Theorie der Textlinguistik oder der kontrastiven Linguistik beschäftigen werde. Er meint, um eine gute Stelle als Dolmetscher oder Übersetzer zu bekommen, müsse man mehrere Sprachen, also nicht nur Deutsch, beherrschen. Deswegen lerne er noch Japanisch und Italienisch. So könne er sich nach dem Studium mit besseren Chancen um eine Stelle bewerben. Eine andere Gruppenteilnehmerin, Zsófi, die eine der besten Studentinnen in unserem Jahrgang ist, findet die deutsche Sprache und Kultur sehr schön und ist mit dem Unterricht hier an der Uni auch zufrieden. Sie möchte sich natürlich noch weiterentwickeln und meint, dass das Lesen der Pflichtliteratur auch außerhalb der Universität wichtig sei. Ihre Ratschläge für die weiteren StudienbewerberInnen wären: Lexikalisches Wissen, logisches Denken und viel Fleiß brauche man, um die Grammatik zu lernen.