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Zeitung << 2/2007 << Berufschancen für Germanisten
Berufschancen für Germanisten
Rechtzeitige Vorbereitung für den zukünftigen Job
Autor: Norbert Korom
Wir haben schon alle bestimmt darüber nachgedacht, was wir nach dem Studium mit unserem Diplom machen können. Die meisten wollen als Lehrer, Dolmetscher, Übersetzer oder Fremdenführer arbeiten. Ideen haben wir alle, aber reicht das, um einen guten Job zu finden?
Unsere Träume zu verwirklichen ist heutzutage sehr schwer. Man muss erstmal vier oder fünf Jahre lang hart studieren. Das gefällt uns oft nicht. Wir warten auf das Ende des Studiums, wir erwarten, dass etwas Besseres kommt. Natürlich gibt es ein Leben nach dem Studium. Und Leben ist hier ein wichtiges Wort.
Um leben zu können, braucht man Geld und dafür muss man arbeiten. Deswegen sitzen die Jugendlichen mit ihrem frischen Diplom am Tisch und suchen nach Jobs in einer Zeitung oder im Internet. Es ist sehr schwer, etwas Geeignetes zu finden. In Ungarn leben heute 17000 arbeitslose Diplomanden, wovon 3500 Lehrer sind. Wie viele davon Germanisten sind, ist unbekannt, aber ich glaube, mehr als man braucht.
Die Zahl der Germanisten ist hoch, aber viele bekommen nur solch einen Job, der gar nichts mit Deutsch zu tun hat. Kann die Lösung ein zweites Diplom sein? Nicht unbedingt. Ein zweites marktunfähiges Diplom aus der „Diplomfabrik” bestimmt nicht. Ungarisch, Englisch, Geschichte oder andere geisteswissenschaftliche Fächer sind ausgeschlossen. Aber Deutsch zusammen mit z.B. Biologie, Mathe, Geographie, also mit einem naturwissenschaftlichen Fach zu studieren, ist vorteilhaft. Ein Volkswirtschaftsdiplom hört sich neben Deutsch auch gut an. Ein Handelsdiplom kann auch gut sein. Es gibt auch Germanisten, die alles auf das wissenschaftliche Studium setzen und ihren Doktortitel erreichen. Aber das können nur wenige tun. Man muss sich immer weiterbilden und man muss vielseitig sein.
Das ist eigentlich nicht sehr erfreulich, aber wir müssen einsehen, dass das die Realität ist. Für Germanisten einen guten Job zu finden, ist schwierig, aber nicht unmöglich. Mariann Palotai, Georgina Gyurán und Péter Ferencz, die alle Germanisitik in Szeged studiert haben, haben schon eine gute Stelle gefunden.
Mariann Palotai wollte immer Lehrerin werden. Nach der Grundschule lernte sie im zweisprachigen Petõfi-Sándor-Gymnasium in Mezõberény, wo man auch einen Vorbereitungsjahrgang besuchen kann, wie es auch Mariann tat. Nach dem Abitur studierte sie in Szeged Germanistik, ein zweites Fach hatte sie aber nicht. Im dritten Studienjahr absolvierte sie einen Fremdenführerkurs. Das gefiel ihr so gut, dass sie begann in Veszprém an der Pannonischen Universität Fremdenverkehr zu studieren. Dieses Studium beendete Mariann in Szolnok. Als sie ihr Diplom bekam, ließ sie sich in der Arbeitszentrale registrieren. Daneben forderte sie auch eine sog. Start-Kártya an, mit der sie Vergünstigungen in Anspruch nehmen kann. Natürlich suchte sie nach einer Arbeitsstelle in Zeitungen und auch im Internet. Ihre heutige Stelle fand sie in einer Zeitung. Sie kehrte in das Petõfi-Sándor-Gymnasium zurück, aber als Lehrerin. Die Bekanntschaft zu ihren damaligen Lehrern war natürlich wichtig, um die Stelle zu bekommen. Sie fühlt sich wohl in Mezõberény und liebt ihre Schüler sehr. Mariann – wie sie sagt – hatte großes Glück mit diesem Job. Heutzutage werden wenige Lehrer gesucht. Nicht das Diplom ist das wichtigste, sondern die Vielseitigkeit. Das sind ihre eigenen Erfahrungen.
Péter Ferencz besuchte das Szent-István-Gymnasium in Kalocsa. Er wusste schon, dass er Lehrer werden will, aber für Deutsch und Ungarisch entschied er sich erst in der elften Klasse. Von dieser Zeit an bereitete er sich auf die Aufnahmeprüfung vor. Von 2000 bis 2006 studierte Péter an der Uni Szeged. Wie Mariann absolvierte auch er einen Fremdenführerkurs, dessen Vorteile er auf den Klassenausflügen nutzen kann. Die Studienjahre waren sehr wichtig für Péter. Er fand richtige Freunde hier.
Mit seinen Diplomen und seinem Lebenslauf bewarb er sich an den Mittelschulen von Szeged. Leider bekam er keine Rückmeldungen. Er war natürlich traurig und fragte sich selbst: „Wofür habe ich so viel gelernt?”. Dann, auf der Internetseite des Karriere-Büros der Universität, fand er eine Stellenanzeige: das zweisprachige Németh-László-Gymnasium in Hódmezõvásárhely suchte Deutschlehrer. Er bekam den Job, und heute hat Péter seine eigene Klasse (die 9 C), in der er Ungarisch und Deutsch unterrichtet.
Péter meint, dass es sehr schwierig ist eine Stelle zu finden, auch wenn man ein oder zwei Diplome hat. Die Ausbreitung der englischen Sprache ist enorm, aber die Niederlassung von deutschen Firmen in Ungarn wird das vielleicht verändern.
Péter empfiehlt uns, dass wir schon im letzten Studienjahr mit der Jobsuche anfangen. Viele erleben die Arbeitslosigkeit als eine Krise, finden ihren richtigen Platz nicht. Aber wenn man noch studiert und Ablehnungen bekommt, ist die Universität immer noch da. Man muss selbstsicher, offen und flexibel sein und man kann schließlich nicht nur Deutschlehrer mit unserem Diplom werden.
Georgina Gyurán besuchte, wie Mariann, das Petõfi-Sándor-Gymnasium in Mezõberény. Sie fand Sprachen wichtig und wollte deswegen Germanistik studieren. Erstmals wollte sie gar nicht Lehrerin werden, aber nach einem Jahr Unterrichtspraktikum bekam sie Lust, sich mit Kindern zu beschäftigen. Ein zweites Fach hatte Georgina nicht, aber jetzt zurückschauend, laut ihrer Aussage, hätte sie noch etwas neben Germanistik studieren sollen. Noch bevor sie ihr Diplom bekam, fing sie an einen Job im Internet zu suchen. Sie hatte sich bei mehreren Arbeitsvermittlern erkundigt und schickte ihren ungarisch-, englisch- und deutschsprachigen Lebenslauf an verschiedene Arbeitgeber. Jetzt arbeitet Georgina bei einer multinationalen Firma, in der Kundendienstabteilung. Die Mitarbeiter sind nett und freundlich, der Arbeitsplatz ist schön und geordnet.
Wenn man heute eine gute Stelle finden will, sagt Georgina, braucht man: Diplom, Protektion, also Bekannte z.B. bei einer Firma, und natürlich spielt Glück auch eine wichtige Rolle. Sie empfiehlt, mehrere Fächer zu wählen und sich weiterzubilden. Und sie findet auch noch sehr wichtig, dass man die verschiedenen Arbeitsbörsen besucht.
Nach dem Studium wird also das Leben nicht sehr einfach. Wir müssen dann auf eigenen Beinen stehen. Jetzt genießen wir noch die fröhlichen Studienjahre, aber danach müssen wir richtig Gas geben. Dafür wünschen euch Mariann, Georgina und Péter viel Erfolg.
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