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Zeitung << 1/2007 << Linguistische Erfahrungen mit viel Kultur und Unterhaltung


Linguistische Erfahrungen mit viel Kultur und Unterhaltung
Bericht über eine Studienfahrt nach Heidelberg

Autoren: György Guti, Róbert Lessmeister, Andrea Varga

Alle, die bei dieser wunderbaren Deutschlandsreise vom 1. bis 8. März 2007 dabei waren, können sich als glücklich bezeichnen, denn wir hatten die seltene Gelegenheit, linguistische Erfahrungen mit viel Kultur und Unterhaltung in Heidelberg zu verbinden, bevor wir zur IDS-Tagung nach Mannheim weiterfuhren.

Voller Erwartung sind wir nach einem spannenden Flug in Frankfurt gelandet. Für diejenigen, die noch nicht geflogen waren, war es ein einzigartiges Erlebnis, innerhalb von zwei Stunden zwei Landesgrenzen zu überschreiten. Von Frankfurt aus mussten wir uns einer mehrstündigen Busfahrt unterziehen, bis wir unser erstes Reiseziel, Heidelberg erreichten. Es war schon dunkel, als wir vor der Jugendherberge hielten. Die Qualität der Unterkunft war von hohem Niveau, mit allem nötigen Komfort ausgestattet. Nachdem wir unsere Zimmer belegt hatten, machten wir uns bald auf den Weg in die Stadt. Die wunderschöne Lage, die Baudenkmäler, zahllose Kneipen und Gaststätten und vieles mehr geben der Stadt eine einmalige Atmosphäre. Keiner weigerte sich, am späten Abend noch den Spaziergang über die angeblich längste Fußgängerzone der Welt von über zwei Kilometer zu unternehmen. Als frequentierter Treffpunkt gilt das Café Journal, wo sich die meisten von uns nach dem anstrengenden Tag erholten.
Am nächsten Tag, als wir unser köstliches Frühstück hinter uns hatten, machten wir uns auf den Weg zum Universitätskomplex von Heidelberg. Wir wurden von Herrn Bogner sehr liebenswürdig empfangen und hatten die Gelegenheit, durch die Lehrräume und Einrichtungen des Germanistischen Seminars geführt zu werden. Der alte Stil des Gebäudes ist hier mit den modernsten Anlagen glücklich verbunden. Geräumige Seminarräume sind mit allem Komfort ausgestattet. Die Studierenden in Heidelberg sind in der gücklichen Lage, selbst im Anbetracht der Verhältnisse in ganz Deutschland unter den besten Umständen studieren zu können. Noch mehr waren wir von dem außerordentlichen Bücherbestand beeindruckt, alles im germanistischen Bereich, in drei Etagen. Verwirrend ist die Auswahl an linguistischen und literarischen Fachbüchern, unter der selbst die Werke Goethes drei große Regale einnehmen. Im Innenhof des riesigen Gebäudekomplexes ist ein kleiner Garten angelegt, wo bei schönem Wetter auch Seminare gehalten werden. Die Lage des Gebäudes erlaubt es, einen schönen Ausblick auf das Schloss zu genießen. Nach dem Rundgang setzten wir uns in einen der Seminarräume, wo uns Herr Bogner mit vielen interessanten Einzelheiten über das Studieren in Deutschland informierte und auch unsere Fragen gern beantwortete.
Unweit von der Universität befindet sich das 1905 eröffnete, imposante Bibliotheksgebäude der Universität, wohin uns unser netter Gastgeber begleitete. Leider aber war die Zeit zu knapp, die Bibliothek zu besuchen, daher konnten wir nur einen kurzen Blick in die imposante Vorhalle werfen. Auf den Treppenabsätzen sind Büsten berühmter Gelehrter zu sehen, darüber hinaus laden Ausstellungen zum Besuch ein. Besonderer Anziehungspunkt der Universitätsbibliothek ist der „Codex Manesse“, die weltberühmte mittelalterliche Liedersammlung. Ständige Ausstellungen: Skriptorium; Die Buchherstellung im Mittelalter; Faksimilia aus den Beständen der Universitätsbibliothek. Daneben wechselnde Ausstellungen.
Wir hatten schon mächtigen Hunger, als wir bei unserer nächsten Station, der Mensa, Halt machten. Das riesige, über mehrere Jahrhunderte alte Gebäude, das ein Studentenrestaurant beherbergt, diente einst als Wirtschaftshalle. Heute bekommt man hier köstliche Speisen zu günstigen Preisen. Am Nachmittag gab es Fakultativprogramm, jeder konnte nach Belieben in der Stadt bummeln, Geschenke besorgen.
Im Herzen der Altstadt liegt das älteste, 1863 gegründete Café Heidelbergs. Auf den berühmten Konditormeister Fridolin Knösel geht die Geschichte des Heidelberger Studentenkusses, einer feinen Schokoladenspezialität zurück, mit der er damals die Gäste, darunter die „romantischen“ Studentinnen überraschte. Die Studentenküsse, liebenswürdige Erinnerung an eine romantische Zeit, gibt es noch heute, ein ideales Geschenk.
Am Samstag, den 3. März wurde unsere Gruppe von einer netten Fremdenführerin durch die Stadt geführt. Zuerst konnten wir den so genannten Studentenkarzer besichtigen, der sich auf der Rückseite der Alten Universität in der Augustinergasse befindet. Die „Anstalt” wurde im Dachgeschoss eines alten Gebäudes untergebracht, wo die Studenten vor 100-200 Jahren für „Kavaliersdelikte“ wie nächtliche Ruhestörungen oder andere Verstöße gegen die öffentliche Ordnung bestraft wurden. Für jeden war es „obligatorisch”, mindestens einmal hier eingesperrt zu werden. Der Arrest dauerte, je nach Delikt, zwischen drei Tagen und vier Wochen, allerdings durften die Studenten ihre Vorlesungen besuchen. Viele vertrieben sich die Zeit damit, sich an den Wänden mit ihren Zeichnungen und Sprüchen zu verewigen, die davon zeugen, dass die armen Häftlinge „zu Unrecht” verurteilt wurden.
Wir konnten kaum erwarten, den Schlossberg in seiner malerischen Umgebung zu besteigen. Auf dem Gebiet einer mittelalterlichen Burganlage, deren Alter und frühe Geschichte nicht bekannt sind, erhebt sich heute hoch über den engen Gassen und dem Dächergewirr der Altstadt majestätisch die Ruine des Heidelberger Schlosses. Wie wir aus dem interessanten Bericht der Fremdenführerin erfuhren, haben fünf Jahrhunderte lang dort die Kurfürsten von der Pfalz aus dem Geschlecht der Wittelsbacher residiert. Im Dreißigjährigen Krieg wurden das Schloss und die Stadt Heidelberg zerstört. Im Laufe der Jahrhunderte fiel es allerdings mehrmals fremden Angriffen zum Opfer. Das Heidelberger Schloss wurde zum Symbol der Romantik. Trotz seines gotischen Interieurs stammt der Königsaal erst aus dem Jahre 1934. Im Schloss befindet sich auch das größte Weinfass der Welt mit über 200 000 Liter. Der Schlosshof ist übrigens auch Schauplatz vieler Open-Air-Aufführungen und sommerlicher Schlossfestspiele.
An prächtigen Privatvillen mit schönen Gärten entlang stiegen wir den Schlossberg wieder hinunter, um dann die alte Brücke mit der „Affenstatue” anzusehen. Ein seltsames Kunstwerk in abstraktem Stil, der Kopf wie eine Maske, man kann sich dahinterstellen, um sich aus Spaß fotografieren zu lassen. Anschließend wurde in der Mensa gegessen. Am Nachmittag Kinobesuch, ein bewegendes Stück über die Stasi-Zeit: Das Leben der Anderen In der Bar der Jugendherberge haben wir einen gemütlichen Abend verbracht. Die Abenteuerlustigsten von uns erklärten sich noch zu einem nächtlichen Spaziergang bereit.
4. März, Sonntag: Auch an diesem Tag fehlte es nicht an Abwechslung. Eine Kuriosität von Heidelberg ist das Verpackungsmuseum, wo eine beträchtliche Sammlung von alten Dosen, Schachteln und verschiedenen Verpackungsmaterialen von Konsumgütern meist vom Anfang des 20. Jahrhunderts ausgestellt sind. Man fühlt sich ins letzte Jahrhundert zurückversetzt.
Am Nachmittag galt unser nächstes Ausflugsziel dem so genanten Philosophenweg: Schöne Villen am Berghang, Natur und atemberaubender Ausblick auf die Stadt gleichzeitig. Am Sonnenhang gedeihen verschiedene Exoten. Alles blüht um Wochen früher als im Tal. Einst wandelten hier Gelehrte in steifen Gehröcken und philosophierten gern beim Spaziergang: Der „Philosophenweg“ am Berghang führte schon manchen zu neuen Einsichten. Kein Wunder, dass seit Generationen Heidelberg für Menschen in aller Welt ein Inbegriff der Romantik ist.
Erschöpft, aber voller Erlebnisse fuhren wir zu der Herberge am letzten Abend unseres Aufenthaltes in Heidelberg. Wir wussten, dass uns vier anstrengende Tage bevorstehen würden. Wir packten unsere Sachen und versuchten, schnell ins Bett zu kommen. Rasch sind die vier Tage vergangen. Voller Spannung sahen wir den nächsten Tagen entgegen, da sich das Hauptziel unserer Reise näherte, nämlich die viertägige IDS-Tagung in Mannheim.
Wir denken an die Zeit in Heidelberg als an ein unvergessliches Erlebnis. Wir sind Frau Dr. Ellen Tichy und Herrn Tamás Kispál zu Dank verpflichtet, ohne deren Mühe diese schöne Reise nicht zustande gekommen wäre. Wir möchten unseren Dank an den DAAD aussprechen, der die Studienreise finanziert hat.