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Zeitung << 1/2007 << Tokio Hotel


Tokio Hotel
Emo als neuer Stil

Autorin: Mónika Hevesi

2005 hob eine neue Modewelle, der „Emo“, vier deutsche Teenager in den Himmel. Bill und Tom Kaulitz, Georg Listing und Gustav Schäfer, Mitglieder der Starband Tokio Hotel wurden mit ihrer Musik die Idole von Millionen europäischer Jugendlicher.

Die Brüder Kaulitz haben ihre Liebe zur Musik gemeinsam entdeckt. Leadsänger und Songwriter Bill (18) singt und schreibt Liedtexte seit seinem neunten Lebensjahr. Sein Zwillingsbruder Tom (18) begann auch in diesem Alter mit dem Gitarrespielen. Die beiden wurden vom Stiefvater musikalisch gefördert, der selbst Mitglied einer Band ist. Mit zehn Jahren fingen die Brüder an, Unterricht zu nehmen und ihre Talente auszubilden. 2001 trafen die Zwillinge Kaulitz bei einem Auftritt in ihrer Heimatstadt Magdeburg den Bassisten Georg Listing (20) und den Schlagzeuger Gustav Schäfer (19). Nach dieser glücklichen Begegnung gründeten die Burschen Tokio Hotel und begannen zusammen an Songs zu arbeiten. Die Erfahrungen von Gustav, der früher in einer anderen Band gespielt hatte, waren für die neue Formation eine große Hilfe.
Ein halbes Jahr später spielten sie in vielen Clubs in der Gegend von Magdeburg ihre ersten Konzerte. Sie faszinierten das Publikum mit ihrer Musik und ihrer außerordentlichen Ausstrahlung. Sie waren fast jedes Wochenende auf der Bühne, so sammelten sie die ersten echten Erfahrungen als Band. Trotz ihrer steigenden Beliebtheit dachten die Jungen nicht, dass auch die Musikindustrie auf sie aufmerksam wird.
Vor vier Jahren begannen Tokio Hotel mit einem professionellen Produzenten- und Songwriterteam aus Hamburg zu arbeiten. Dieses Team, bestehend aus Peter Hoffmann, Pat Benzner, Dave Roth und David Jost, komponierte und produzierte unter anderem bereits für The Doors, Sarah Brightman, Faith Hill und The Corrs. Das war laut ihren Äußerungen ein großes Erlebnis für die Burschen. Sie wollten das Beste geben: sie verbrachten jede freie Minute mit dem Team im Studio und arbeiteten hart. Währenddessen wuchsen sie als Band und als Freunde noch enger zusammen.
Im August 2005 erschien ihr Debüt-Single mit dem Titel „Durch den Monsun“, und der Song eroberte gleich den ersten Platz der deutschen Charts. Im September wurde ihr erstes Album „Schrei“ herausgebracht. Zu dieser Zeit verfügte Tokio Hotel bereits in Deutschland und überall in Europa über weitere Nummer 1-Hits und eine riesengroße Menge an Fans. Noch im selben Jahr wurde Tokio Hotel als Bester Newcomer für den Comet nominiert und gewann den Preis. Dann kamen Gold- und Platinauszeichnungen in Deutschland und Österreich, Nominierung für den ECHO, die erste Live Krone und höchstes Lob von Kritikern.
Die Erfolge und die begeisterten Fans überzeugten die Jungen davon, dass ihre anstrengende Arbeit keine vergebliche Mühe war. Die Band ruhte nicht lange, und im Februar 2007 erschien ihr brandneues Album mit dem Titel „Zimmer 483“. Die erste Single-Auskopplung „Übers Ende der Welt“ stieg auf Anhieb auf den ersten Platz der Offiziellen MediaControl-Charts ein. In den Liedtexten von Tokio Hotel finden wir viele harte Themen, wie Freiheitswille, Einsamkeit oder Hilflosigkeit. Mit dem Song „Spring nicht“ und dem dazu gehörenden Videoclip wirbelten die Burschen viel Staub auf: der zentrale Gedanke dieser Aufnahme ist der Selbstmord. In dem Clip singt Bill auf dem Flachdach eines Hauses, nur ein paar Schritte von der Tiefe entfernt.
Die Fans von Tokio Hotel fieberten im Frühling 2007 der europäischen Tour der Band entgegen, wo das neue Album „Zimmer 483“ vorgestellt wurde. Die erste Show fand im April in Deutschland statt und wurde dann in Tschechien, Polen, in der Slowakei, Ungarn, Österreich, in der Schweiz und Frankreich mit riesengroßem Erfolg fortgesetzt. Viele Termine waren bereits Monate vorher ausverkauft. Die Burschen wurden in Zürich von neuntausend schwärmerischen Fans empfangen. Auf dem Budapester Konzert tobten auch mehr als tausend Jugendliche: Viele von ihnen fuhren durch das ganze Land, um ihre Lieblinge von Angesicht zu Angesicht zu sehen.
Aber ehe die Europatour begann, hatte die Band noch einen Grund aufgeregt zu sein: im März verlieh die Deutsche Phono-Akademie in Berlin zum sechzehnten Mal den Deutschen Musikpreis ECHO. Ihr erstes Album „Schrei“ war in der Kategorie bestplatzierte Musik-DVD-Produktion nominiert und gewann. Die Band überrundete starke Gegner wie Depeche Mode, Pink Floyd, Rammstein und Robbie Williams.
Man kann Tokio Hotel lieben oder hassen, aber es gibt nur wenige Leute, die wortlos über sie hinweggehen können. Wir müssen einsehen: diese vier deutsche Burschen schufen etwas, das zur allgemeinen Kenntnis genommen werden muss. Zahlreiche Fanklubs und Anti-Fanklubs, ausverkaufte Konzerte, eine Menge von Artikeln und Interviews. Wer immer auch etwas sagt, es wäre schwer nachzumachen


Was bedeutet „Emo“?

In den letzten Jahren kam ein neuer Stil in Europa auf und fand eine Millionenanhängerschaft unter den Teenagern. Auch in Ungarn: das Radio, die Musikkanäle und die Jugendmagazine sind voll mit „Emo“. Das Wort ist die Abkürzung des Adjektivs „emotional“. Aber was steckt hinter diesem Ausdruck? Er bezieht sich gleichzeitig auf eine Subkultur, einen Kleidungsstil und eine Art Musik. Jemand und alles, das melancholisch, traurig oder bedrückt ist, kann „Emo“ sein. Dieser Stil ist heute der beliebteste unter den weißen amerikanischen Teenagern und auch in Europa sehr populär. Zu dieser Richtung gehört ein charakteristisches Aussehen: Burschen mit weiblicher Kleidung, schwarzem „gothic“ Make-up und kurzen oder in die Augen hängenden Haaren, Mädchen mit auffallendem Schminke, Retro-Kleidung, Ansteckern und allem möglichen Zubehör. Und sie hören natürlich am meisten Emo-Musik. Kennzeichen dieser Musik: melodische Pop-Punk, oft mit überdramatisiertem Singstil, und die Liedtexte handeln von den Problemen der Teenager (unerwiderte Liebe, feindliche Umwelt, Selbstmord und so weiter). Einige Bands: My Chemical Romance, Panic! At The Disco, Fall Out Boy und der deutsche Liebling: Tokio Hotel.