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Zeitung << 1/2007 << Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma


Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
Erlebnisse eines Museumsbesuchs

Autoren: Anita Ráczné-Romsics, Róbert Lessmeister

In Europa gibt es relativ wenig Gedenkstätten und Mahnmale, die die Leiden der Roma-Minderheit dokumentieren. Wir hatten die Möglichkeit, ein diesbezügliches Museum, beziehungsweise eine Ausstellung in Heidelberg im Rahmen unserer Studienfahrt (im März 2007) zu besuchen. Es ist ein großes, modernes Gebäude, das ein bisschen versteckt in der Bremeneckgasse steht.

Fast vier Jahrzehnte hat es gedauert, bis eine deutsche Regierung im Jahre 1982 die Leiden der Sinti und Roma politisch anerkannt hat. Hier ein Umdenken zu bewirken hat sich das Dokumentations- und Kulturzentrum zur Aufgabe gemacht. Das Museum konnte mit der Unterstützung der Stadt am Anfang der 90er Jahre in der Altstadt gegründet werden. Es wurde mit der weltweit ersten Dauerausstellung zum Holocaust an Sinti und Roma am 16. März 1997 der Öffentlichkeit übergeben. Eine der zentralen Aufgaben des Museums besteht darin, die über 600-jährige Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland zu dokumentieren. Dabei wird nicht nur ihre Geschichte dargestellt, sondern auch Literatur, bildende Kunst und Musik. In der ständigen Ausstellung findet man auch solches Material, das aus dem 18. Jahrhundert stammt. Der Gewölbekeller beherbergt den Film- und Vortragssaal, in dem auch Vorträge oder Konzerte veranstaltet werden. Man könnte wohl fragen, was eigentlich der Unterschied zwischen den Bezeichnungen „Sinti” und „Roma” ist. Beides sind Begriffe aus der Minderheitensprache „Romani”, die als Sprachvarietät neben der jeweiligen Landessprache verwendet wird. Sinti leben eher in Westeuropa im Gegensatz zu den Roma, oder nur ganz einfach Rom genannt, die von südosteuropäischer Herkunft sind. Das Romanes ist mit der altindischen Hochsprache Sanskrit verwandt. Beide Stämme der Sinti und Roma stammen aus Indien, deren Sprache sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte zu selbständigen Romanes-Sprachen entwickelt hat.
Zigeuner ist ein Sammelbegriff für Sinti und Roma und auch für die kleineren Zigeunerstämme. Er hat sowohl eine positive als auch eine negative Bedeutung. Ursprünglich geht er auf das Mittelalter zurück. Damals galt er als Fremdbezeichnung neben der Mehrheitsbevölkerung für die abgelehnte, diskriminierte Volksgruppe. Die positve, harmlose Bedeutung ist die „romantische” Bedeutung. Hinter diesem Begriff steht die Freiheit, das Wanderleben und die Suche nach Exotik. Der Autor Nikolaus Lenau war auch sehr begeistert von dem Zigeunerleben. Außer ihm zählten auch Federíco García Lorca oder Gabriel García Márquez zu den Bewunderern der Zigeunerkultur.
Den Abschluss der Ausstellung bildet der historische Dachstuhl des Gebäudes. Einzelne Ländertafeln erinnern an den Völkermord an Sinti und Roma. Eine lange Liste von über 21 000 Namen zeugt von den Opfern, die ins Konzentrationslager deportiert wurden. Das Museum bietet Lern- und Projekttage sowie Lehrerfortbildungen an. Das Veranstaltungsprogramm kann man auf der Homepage des Museums studieren.