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Zeitung << 2/2006 << Die Leser und der Küchenzuruf
Die Leser und der Küchenzuruf
Die Zehn Gebote des perfekten Schreibens
Autorin: Emma Sajben
Die Reihe Pocket Power Bücher des Hanser-Verlags sind Taschenbücher, die eine Hilfe anbieten, die methodische Kompetenz der Menschen (z.B. Präsentationsfähigkeit, verständlich schreiben) zu entwickeln. Ein Buch dieser Reihe stellen wir hier vor.
Leeres Blatt, blinkender Kursor, davonfliegende Stunden und keine Ideen. Vielleicht haben schon viele etwas Ähnliches erlebt. Es ist egal, ob es eine Seminararbeit, ein Zeitungsartikel oder ein Brief ist, einen Text zu verfassen fällt den meisten Leuten nicht leicht. Wenn man aber über die entsprechenden Werkzeuge verfügt, bewusst schreibt, und die wichtigsten Regeln im Kopf hat, verschwindet die Schaffenskrise, meinen die Autoren der Pocket Power Bücher.
Perfekt schreiben – verspricht der Titel des blauen Bandes der Reihe. Um ihr Versprechen zu erfüllen, stellen die Autoren die wichtigsten Regeln vor, die man beim Schreiben berücksichtigen soll. Es ist sehr positiv, dass es keine abstrakten Ideen sind, sondern konkrete, durch Beispiele erklärte Ratschläge. Die Methode des Ratgebens ist sehr wirkungsvoll. Die Autoren bedenken immer, dass die meisten wissen, was sie nicht machen sollen, aber keine konkreten Vorstellungen davon haben, was sie machen sollen, deshalb werden die Ratschläge immer in Aufforderungssätzen formuliert. Zuerst wird der Vorschlag dargestellt, dann erklärt, warum er wichtig ist, dann, was er bewirkt und wie man vorgehen soll. Damit die Leser einen besseren Einblick in das Buch bekommen, lasse ich die Katze aus dem Sack.
1. Gebot – Immer an den Leser denken
Da die Leute heutzutage sich immer beeilen, wenn sie einen Text lesen, investieren sie einen Teil ihrer Lebenszeit. Deshalb sollte sich der Autor des Textes immer vor Augen halten, dass der Text von jemandem gelesen wird. Wie kann man die Lage des Lesers erleichtern? Man sollte den Text so strukturieren, dass derjenige, der ihn liest, von den ersten Zeilen an schon darüber informiert wird, worum es geht und warum der Text gelesen werden soll. Damit hat er die Wahl zu entscheiden, ob er interessiert ist oder etwas anderes machen will. Vielleicht waren wir alle schon in der unangenehmen Situation, wenn wir nach etwas in Büchern gesucht haben und erst mehrere Seiten lesen mussten, nur um zu erfahren, dass der Text nicht davon handelt, wonach wir suchen. Wir sollten vermeiden, dass unsere Leser in dieselbe Lage geraten. Wie kann man dieses Ziel erreichen? Die Autoren des Buches schlagen Folgendes vor: „Beginnen Sie ein Konzept nicht mit einer ausführlichen Problembeschreibung. Das langweilt und ruft beim Leser das Gefühl hervor ‚Diese Probleme kenne ich doch alle schon’. Skizzieren Sie stattdessen bereits im ersten Absatz, welche Lösung Sie gefunden haben – und warum diese Lösung anderen so überlegen ist.“ Man sollte vor dem Schreiben überlegen, welcher Leserkreis zu erwarten ist, und danach sollte man seinen Text dementsprechend formulieren. Welches Vorwissen haben die Leser? Wie viel Zeit haben sie? Wie weit sind die Leser mit Fachbegriffen vertraut? Wenn man sich diese Gesichtspunkte vor Augen hält, wird man keine negativen Leserbriefe und Kritiken bekommen.
2. Gebot – Einen entsprechenden Küchenzuruf haben
Was ist ein Küchenzuruf? Der Küchenzuruf ist die klare Aussage, die alle Texten haben sollten. Die Erfindung von Henri Nannen (Gründer des Magazins Stern) wird mit diesem folgenden Beispiel illustriert. „Wenn am Donnerstag der Hans mit seiner Frau Grete den neuen ‚stern’ käuflich erwirbt und, zu Hause angekommen, Grete sich dann in die Küche verfügt, sich die Schürze umbindet, und Hans im Esszimmer Platz nimmt, den neuen ‚stern’ aufschlägt. Wenn der Hans dann nach vollendeter Lektüre dieser Geschichte voller Empörung seiner Frau Grete durch die geöffnete Küchentür zuruft: ‚Mensch Grete, die wollen die Steuern erhöhen!’ – dann sind diese beiden knappen Sätze: ‚Mensch Grete, die in Bonn spinnen komplett! Die wollen schon wieder die Steuern erhöhen!’ der so genannte Küchenzuruf des journalistischen Textes.“ Natürlich ist das nicht nur für die journalistischen Texte gültig, sondern für alle, die den Lesern etwas mitteilen möchten. Wozu ist es nützlich? Wie kann man den richtigen Küchenzuruf auswählen? Auf diese und ähnliche Fragen bekommen die Leser des Buches Perfekt schreiben eine ausführliche Antwort. Um nur einige zu erwähnen, behandelt der Band noch die folgenden Themen: die Kunst des ersten Satzes, wie man Klardeutsch schreibt, wie man mit Fremdwörtern umgeht oder wie man eine Schreibhemmung bewältigen kann. Es lohnt sich ein bisschen mehr Zeit und Energie in unseren Schreibprozess zu investieren, wie es auch das folgende Beispiel beweist: „Nach Erreichung des Zielpunktes nahm ich eine Situationsanalyse vor, die ein Military Success-Ereignis zur Folge hatte.“ Mit diesem Satz wäre Caesar vermutlich nie berühmt geworden. Deshalb sagte er: Ich kam, sah und siegte.
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