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Zeitung << 2/2006 << Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt


Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt
Autorin: Henriett Belák

Der 31jährige Autor ist in München geboren, lebt aber in Wien. Er debütierte 1997 mit seinem Roman Beerholms Vorstellung. Der Durchbruch auf dem internationalen Markt erfolgte mit seinem fünften Werk Ich und Kaminski im Jahr 2003, das in über zwanzig Sprachen übersetzt wurde. 2005 erschien sein Roman Die Vermessung der Welt, der über vierhundert Tausend Exemplaren verkaufte und zurzeit die achtzehnte Auflage erlebt, wobei zu beachten ist, dass seit der Erstveröffentlichung kaum ein Jahr verging. Kehlmanns Protagonisten in Die Vermessung der Welt sind Deutsche: die Welt wird von den größten Mathematikern des Landes Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß vermessen. Während Humboldt Expeditionen im Ausland durchführt und jeden Fluss, Berg und See vermisst, verlässt Gauß seine Heimat nicht und stellt fest, dass z.B. alle parallelen Linien einander berühren. Einer, der überall auf der Welt und der andere, der nirgendwo war, treffen sich in einer Veranstaltung im Rahmen eines Naturforscherkongresses in Göttingen.
Sowohl die einzelnen Etappen der Weltreise von Alexander von Humboldt als auch die Entdeckungen von Carl Friedrich Gauß werden durch den Roman von Daniel Kehlmann dem Leser zugänglich. Kehlmann ermöglicht dem Rezipienten durch ein Schlüsselloch einen kurzen Einblick in die Lebensgeschichte von zwei weltberühmten Wissenschaftlern.
Die traditionelle Form eines historischen Romans mit Jahreszahlen, Ereignissen und Beschreibungen wird in Die Vermessung der Welt mit der indirekten Rede gesprengt. Schließlich geht es hier um einen Roman, den der Leser selber vermessen kann. Durch das Wortspiel mit der Semantik ist auch diese Geschichte von Kehlmann geprägt. Die tatsächliche Messung durch die Geräte wie Chronometer, Hygrometer, Thermometer oder Sextanten führt Humboldt durch und damit vermisst er auch die Welt. Es werden aber einige Vermessungen, also falsche Hypothesen von Professoren in Frage gestellt und eigene Thesen von den Protagonisten bewiesen. Es stellt sich heraus, wie Gauß entdeckt, dass Professor Lichtenberg Unrecht hatte, in seiner Berechnung etwas falsch gemessen hatte, und nämlich nicht der Lichtstoff, sondern die Luft selbst brennt. Einmal wird eine Hypothese von Humboldt im Gegensatz zur These von Professor Werner bewiesen, also die falsche Berechnung versus die Vermessung – nach der es lautet: je tiefer in der Höhle, desto kälter. Und die dritte Bedeutung, nach der Humboldt am eigenen Leib erfährt, also selber vermisst, dass das Gift Curare nur direkt im Blut wirkt und zum Tode führt, beim Trinken nur Halluzinationen und Schwindel verursacht. Ähnlich geht es Gauß, der ein Experiment an sich selbst durchführen lässt und feststellt, dass eine lebendige Muskelfaser eine leitende Substanz ist. Sowohl die tatsächliche Vermessung als auch der Mut zum Experimentieren und die falschen Berechnungen wechseln sich ständig ab und erhöhen die Spannung.
Die einfache Untersuchung, wie Läuse im Haar zählen, das Gift Curare trinken, um die Wirkung selber zu spüren oder die große Frage, warum man heiratet, seien hier nur als Kostproben für den Leser angeführt.