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Zeitung << 1/2006 << Die österreichische Sprache ist wirklich sehr schwer zu verstehen
Die österreichische Sprache ist wirklich sehr schwer zu verstehen
Stipendium der Stiftung Aktion Österreich-Ungarn in Wien im Wintersemester 2005/2006
Autorin: Györgyi Turóczi
Ich habe mich 2005 im Rahmen des Österreichisch-ungarischen Aktionsdiensts (OMAA) um ein Stipendium für ein Semester an der Universität Wien beworben. Es war eine lange Prozedur, bis ich endlich nach Wien konnte, aber es lohnte sich. Ich wollte unbedingt im Ausland studieren. Ich wusste, dass ich die letzte Möglichkeit habe, im vierten Studienjahr als Stipendiatin irgendwo auf einem deutschsprachigen Gebiet zu studieren. Ich suchte also unseren Österreich Lektor Markus Kóth auf, der sehr viel über die aktuellsten österreichischen Stipendien weiß. Jeder, der im Ausland studieren möchte, braucht ein Thema, mit dem er/sie sich bewerben möchte. Ich wollte ein sprachwissenschaftliches Thema haben und ging deshalb zu Prof. Peter Bassola. Er war wirklich sehr nett und hilfsbereit. Um dieses Stipendium bekommen zu können, braucht man zwei Betreuer von der Heimatuni und einen von der Partneruni. Wenn man schon jemanden von der ausgewählten Uni kennt, hat man einen großen Vorteil. Weil ich niemanden im Bereich der Sprachwissenschaft kannte, wandte ich mich an Herrn Bassola, der mir sehr viel half.
Als ich in Wien ankam, musste ich mich sofort beim ÖAD (Österreichischer Austauschdienst) anmelden. Man bekommt dort sofort sein Stipendium für den ersten Monat und auch den Schlüssel. Es gibt Studentenheime, wo man die Miete selbst zahlen muss. Es wird aber auch für einige Wohnheime durch Überweisung von dem Stipendium automatisch bezahlt. Der ÖAD bezahlt monatlich 940 Euro, die Miete für ein Zweibettzimmer kostet in Wien im besten Fall 235 Euro, aber man muss noch monatlich 15 Euro für das Büro zahlen, man hat in einem Monat 690 Euro zur Verfügung. Das reicht in Wien für den ersten Monat kaum, aber wenn du sparsam bist, musst du keine Angst haben. In dem ersten Monat braucht man in Wien ca. 7-800 Euro. In den nächsten Monaten kann man auch mit 3-400 Euro gut leben.
Wenn du schon an der Uni immatrikuliert bist, kannst du die Lehrveranstaltungen wählen. Es ist natürlich empfehlenswert (bei einigen Professoren auch Pflicht), von deinem Betreuer gehaltene Lehrveranstaltungen zu besuchen. Das Anmelden für eine Lehrveranstaltung funktioniert wie bei uns online. Man muss aber vorher die Professoren oder Dozenten konsultieren, ob du als Stipendiat/in ihre oder seine Seminare besuchen kannst. An den Vorlesungen kann jeder, der will, teilnehmen. Es gibt kein Limit und keinen Katalog, aber es ist empfehlenswert, an jeder Vorlesung teilzunehmen, weil es keine Handouts gibt. Die Stipendiaten haben die Möglichkeit, die Prüfungen mündlich am Ende des Semesters abzulegen. Die österreichische Sprache ist wirklich sehr schwer zu verstehen, besonders dann, wenn ein Professor oder Dozent in einem richtigen österreichischen Akzent spricht. Die meisten an der Uni sprechen zwar Hochdeutsch, aber mit starkem Akzent und es war für mich problematisch, sie zu verstehen. Ich war immer ganz müde nach einem Seminar oder einer Vorlesung, weil ich mich die ganze Zeit stark konzentrieren musste. Am Ende des Semesters – wenn die Prüfung abgelegt worden ist – bekommt man einen Schein. Anhand dessen wird dann von dem Prüfungsreferat ein Gesamtzeugnis ausgestellt. Damit können an der Heimatuni die Noten anerkannt und ins Studienbuch eingetragen werden.
Bevor man ins Ausland fährt, muss man sich entscheiden, in welchem Bereich man studieren will und wie viele Lehrveranstaltungen man besuchen möchte. Du musst damit rechnen, dass ein ausländischer Student unbedingt ein Kolloquium, das für alle Studenten offen ist, besuchen soll. Das ist obligatorisch, weil viele Ausländer, die neu gekommen sind, nur ein bisschen deutsch können. Ich musste in Wien ein „Kolloquium für ausländische Studierende“ im Rahmen von DaF besuchen und ein „Kolloquium für DiplomandInnen und DissertantInnen“, weil ich in Wien Vorbereitungen für meine Diplomarbeit machte. Die Besucher dieser Kolloquien sollten über ihre Themen im Rahmen eines Referats sprechen und eine Seminararbeit darüber schreiben. Zu diesen zwei Seminaren kamen noch die sprachwissenschaftlichen Vorlesungen und Seminare, die ich für meine Heimatuni machen musste. Ich habe ein „Frühneuhochdeutsch“-Proseminar und eine Vorlesung („Die Ortsnamen Österreichs und ihre siedlungsgeschichtlichen Entwicklungen“) bei meinem Professor in Wien Herrn Peter Wiesinger und eine Vorlesung („Das Lautgestalt des Gegenwartsdeutsch“) bei Prof. Günter Lipold besucht.
In Wien gibt es mehrere Studentenheime. Meines war nicht das schönste und neuste, aber es war ganz bequem. Ich habe da mit fünf Kolleginnen in einer „Wohnung“ gelebt (das Heim hatte Zwei- bzw. Dreizimmerwohnungen mit Küche und Bad), mit zwei aus Polen, einer aus der Ukraine und einer aus der Slowakei. Ich musste fast jeden Tag Deutsch sprechen, weil in diesem Studentenheim fast keine Ungarn wohnten und ich an der Uni nur ein paar Leute aus Ungarn traf, obwohl es in Wien sehr viele ungarische Studenten gibt. Es waren in meinem Studentenheim nur Ausländer, keine echten Österreicher. Das war einerseits ganz toll, man lernt sehr viele Typen kennen, aber man ist auch ein bisschen allein.
Weil ich noch nie so lange Zeit im Ausland verbracht habe, war das für mich ein großes Abenteuer und machte mir viel Spaß. Wenn ihr die Möglichkeit habt, im Ausland zu studieren, nutzt die Zeit gut aus, weil sie wirklich ganz schnell vergeht!
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