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Zeitung << 1/2006 << Bastian Sick: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Folge 2


Bastian Sick: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Folge 2
Neues aus dem Irrgarten der deutschen Sprache

Autorin: Emma Sajben

Warum ist der Konjunktiv traurig? Wo lebt Gott eigentlich heute? Wie baut man einen Türken? Komische, aber aktuelle Fragen, interessante und nützliche Antworten. Das kann man erwarten, wenn man das neue Buch von Bastian Sick in die Hand nimmt. „Ein Wegweiser durch den Irrgarten der deutschen Sprache“, wie bereits der Untertitel des ersten Bandes lautet, versucht die Grammatik betreffenden Fragen zu beantworten und den Sprechern der deutschen Sprache Hilfe bezüglich des Sprachgebrauchs anzubieten. Bastian Sick, der Autor der Zwiebelfisch-Kolumnen der Online-Ausgabe des Spiegels, ist die größte Hilfe für Familien, die am Frühstückstisch über die oder das Nutella streiten. Von dem ersten Band, der 2005 erschien (vgl. GeMa 2/2005), wurden bislang rund eine Million Exemplare verkauft. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde Sick zum beliebtesten Deutschlehrer der Nation. In mehreren Schulen ist sein Buch Pflichtliteratur.
Nach dem unerwartet großen Erfolg des ersten Bandes steht schon die Fortsetzung in den Regalen der Buchhandlungen. Die Grundlage des zweiten Bandes bilden sowohl die Fragen der Leser des Spiegels als auch kleinere und größere Sprachvergehen. Wenn wir hineinblättern, können wir den Vater und seinen Sohn kennen lernen, die im Sprachzoo spazieren und den traurigen Konjunktiv in seinem Käfig besuchen. Er scheint sehr schlecht gelaunt zu sein, weil er vom Aussterben bedroht ist. In der gesprochenen Sprache ist der Konjunktiv fast nur in der „würde“-Form präsent. Kaum jemand sagt: „Büke der Bäcker sein Brot mit mehr Gefühl, verdürbe es nicht so schnell.“ Die Hoffnung des Überlebens liegt in den Kochbüchern (Man nehme drei Eier....), in den Wünschen (Wäre dieses Seminar endlich zu Ende...) und bei denen, die gern würde-los sprechen.
„Gott lebt in Frankreich, denn Frankreich ist schön“ – wie der Schlager aus den 70ern lautete. Natürlich ist Frankreich heute auch schön, aber Gott zog in die USA. Früher war Französisch „chic“, heute ist es „out“. Man trägt heute keine „schicken Kostüme“, sondern „stylishes Outfit“. Das Buch berührt auch das Thema der fremden Einflüsse auf die deutsche Sprache und nennt einige interessante Beispiele, wie das Französische im Kampf mit dem Englischen im deutschem Sprachgebiet immer mehr verliert.
Ein anderer Trend ist heutzutage, statt Briefe E-Mails zu schreiben. Wer Zweifel hat, ob Rechtschreibung per E-Mail wichtig ist und ob Abkürzungen so viel sagen, wie ganze Sätze, der wird die kleine Anleitung in die bunte HTML-Welt sehr nützlich finden. Welche Anredeformen und Signaturen sollte man benutzen? Was in aller Welt können „lol“ und „mfg“ bedeuten? Für die Leser des Buches werden diese Fragen keine Rätsel mehr sein.
In der Schule lernt man, dass es im Deutschen vier Kasus gibt. Was soll denn dann „Kasus Verschwindibus“ sein? Hier geht es um die oft vergessenen Endungen der Substantive. Liest man einige Zeitungen, findet man „Interviews mit dem US-Präsident“ (und nicht Präsidenten), Artikel von „den Geheimnissen des Islam“ (und nicht des Islams) oder von den „Terroranschlägen des 11. September“ (und nicht des 11. Septembers). Zur Hilfe steht eine kurze Liste von oft begangenen Fehlern und eine Tabelle von ca. 50 „problematischen“ Substantiven mit ihrer Deklination.
Wer sich vergewissern will, wie gut sein Deutsch ist, und in welchen Bereichen er noch etwas zu korrigieren hat, steht am Ende des „Wegweisers“ ein Zwiebel-Test mit Lösungen und Erklärungen. Parallel zum Buch erschien die Fortsetzung auch als Hörbuch – vom Autor selbst gelesen.
Obwohl Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod vor allem für deutsche Muttersprachler geschrieben wurde, ist dieses lehrreiche Buch allen zu empfehlen, die sich mit der deutschen Sprache beschäftigen. Im täglichen Sprachgebrauch stoßen wir oft auf Probleme, deren Lösung wir in einem Wörterbuch nicht finden. Sicks Buch unterscheidet sich von den schon bekannten Grammatiken, da Bastian Sick die Sprache nicht mit den Augen eines Linguisten, sondern mit denen eines alltäglichen Sprachbenutzers und mit einem guten Sinn für Humor betrachtet. “Wo der Duden nicht weiter weiß, weiß Sick Rat.” (Saarbrücker Zeitung)