Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 2/2005 << Neue Bücher zur Germanistik in der Universitätsbibliothek


Neue Bücher zur Germanistik in der Universitätsbibliothek
Großzügige Bücherspende der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Autorinnen: Mariann Lovas, Anna Simon

Am 29. September 2005 wurde die Bibliothek der Universität einer großen Ehre teilhaftig. Herr Berndt Finger, der Kulturattaché der Deutschen Botschaft in Budapest besuchte uns, um ein wertvolles Geschenk zu übergeben und einen Vortrag zu halten.

Mit dem Namen Deutsche Forschungsgemeinschaft besteht eine Institution, deren Zielsetzung es ist, die Unterstützung der deutschen Sprache zu fördern. Im Zeichen dieser Förderung werden auch Bücher von großem Wert verschiedenen Einrichtungen gespendet. Das Institut für Germanistik der Universität Szeged bewarb sich auch um Bücher. Die Bewerbung wurde von einer Jury beurteilt und war erfolgreich – das ist aber nicht das erste Mal. Die Universität Szeged bekam so eine Bücherspende schon dreimal: zum ersten Mal in den 60ern, dann 1983 und auch im Jahre 2002 (GeMa 2/2002).
Beim vierten Mal wurde nun Herr Finger beauftragt, mit diesem wertvollen Geschenk nach Szeged zu kommen und es in feierlichem Rahmen dem Leiter des Instituts für Germanistik und dem Generaldirektor der Bibliothek zu überreichen und überdies einen kurzen Vortrag über die Zielsetzungen der deutschen Kulturpolitik im Ausland zu halten.
Der Seminarraum 6 in der neuen Bibliothek war um zehn Uhr schon ganz voll. Das Publikum bestand aus den Studenten und den Dozenten unseres Instituts. Schon in der Tür begrüßte uns Herr Béla Mader, Generaldirektor der Bibliothek, herzlich. Er sagte einige Grußworte und dann ergriff Herr Géza Horváth, der neue Leiter unseres Instituts das Wort. Er stellte uns den neben ihm sitzenden sympathischen Herrn Finger vor und bat ihn, mit seinem Vortrag zu beginnen.

Die Zielsetzungen der deutschen Kulturpolitik im Ausland
Der Kulturattaché brachte seine Freude zum Ausdruck, wieder in Szeged zu sein und gab zu, wie sehr er von der Größe und von den Dienstleistungen der neuen Bibliothek überwältigt sei. Danach stellte er die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ungarn vor. Kurz stellte er uns dar, was für einen Aufbau und welche Aufgaben die Botschaft unter der Leitung der Botschafterin Ursula Seiler-Albring hat. Ihr Ziel ist in einem einzigen Satz zusammenzufassen: Augen, Ohren und Stimme Deutschlands im Ausland zu sein bzw. den in Ungarn lebenden deutschen Staatsbürgern verschiedene Dienstleistungen zu bieten und Hilfe zu leisten. Die Botschaft gehört zum auswärtigen Amt und seiner Auslandsvertretung.
Das Auswärtige Amt hat insgesamt 9000 Beschäftigte, von denen 2600 in Berlin und Bonn und 6400 im Ausland arbeiten. Bei den Aufgaben der deutschen Auslandsvertretung sind drei Schwerpunkte zu erwähnen. An erster Stelle steht die Förderung der politischen Beziehungen, wie z.B. Vorbereitung und Begleitung hochrangiger Besucher. An zweiter Stelle steht die Förderung der wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Arbeit, wobei Kulturaustausch eine zentrale Rolle spielt. An dritter Stelle stehen Dienstleistungen für deutsche Staatsbürger. Darunter wird die Hilfe für diejenigen, die in Not geraten sind, verstanden. Herr Finger erzählte uns, dass es eine besondere Dienstleistung gibt, die den Namen Bereitschaftsdienst trägt. Dies bedeutet, dass jeder Mitarbeiter der deutschen Botschaft einmal oder zweimal im Jahr eine Woche lang ein Handy bekommt. Das Handy trägt man Tag und Nacht und auch am Wochenende bei sich und ist verantwortlich dafür, wenn ein deutscher Staatsbürger im betroffenen Land Probleme hat.
Herr Finger ließ uns wissen, dass es auch eine andere Darstellung gibt, wobei Außenpolitik drei wichtige Säulen hat. Die erste Säule wären die politischen Beziehungen, die in erster Linie den diplomatischen Kontakt mit dem Partnerland betreffen. Die zweite Säule wären die wirtschaftlichen Beziehungen, wie z.B. Förderung des Handels und die dritte Säule wären die kulturellen Beziehungen. Die kulturellen Beziehungen scheinen hier nicht so wichtig zu sein, da sie an der letzten Stelle stehen. Es kann aber viel mehr so verstanden werden, betonte Herr Finger, dass man die erste, zweite und dritte Säule auf den Zeitraum bezieht. Die politischen Beziehungen mit ihren aktuellen Fragen und Entscheidungen, wo man schnell reagieren soll, sind eigentlich das Tagesgeschäft. Die wirtschaftlichen Beziehungen, wobei es um die Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Ländern geht, sind schon langfristiger angelegt. Aber am langfristigsten sind kulturelle Beziehungen angelegt, da es hier um die Menschen gehe. Herr Finger bemerkte, dass er auch in seiner alltäglichen Arbeit sehe, dass dies ein ganz wichtiger Aspekt sei. Die wirtschaftlichen Beziehungen setzen Kulturbeziehungen voraus; ohne dass die Menschen sich verstehen, die Sprache von einander lernen, sich kulturell austauschen, kann eine internationale Beziehung nicht funktionieren und internationale Beziehungen sind immer nur so gut, wie die Menschen sie gestalten.

Bilaterale Beziehungen
Es wurde ein kurzer Überblick über die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn gegeben. Als Schlüsselereignis in den deutsch-ungarischen Beziehungen wurde die Grenzöffnung im Jahre 1989 genannt. Auch von deutscher Seite ist oft gesagt worden, dass die Rolle Ungarns zu dieser Zeit für die deutsche Geschichte besonders wichtig war. Diese Feststellung belegte Herr Finger mit einem Zitat von Helmut Kohl, der sagte: „Ungarn hat den ersten Stein aus der Mauer gestoßen.” Als weitere Ereignisse wurden der NATO-Beitritt Ungarns im Jahre 1999 und der EU-Beitritt Ungarns im Jahre 2004 erwähnt. Kulturbeziehungen
In Zusammenhang mit den kulturellen Beziehungen wurden das Goethe Institut (GI), der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Andrássy Universität in den Vordergrund gestellt. Das Goethe Institut ist das Kulturinstitut der BRD. Die Rahmenbedingungen für die kulturellen Veranstaltungen werden von der Kulturabteilung der Botschaft geschaffen, aber die eigentliche Kulturarbeit macht das Goethe Institut. Das Goethe Institut organisiert jährlich etwa 80 Kulturveranstaltungen: Lesungen, Ausstellungen, Filmvorführungen. In Verbindung mit dem Goethe Institut in Budapest erfuhren wir, dass es im Jahre 2005 umzog. Seit Mitte November 2005 können die Interessierten das Goethe Institut in der Ráday utca besuchen.
Den DAAD – als Organisation, die Stipendien vergibt und die darüber informiert, wie man sich um ein Stipendium in Deutschland bewerben kann, was für Möglichkeiten es gibt – betreffend wurden einige interessante Zahlenangaben genannt. Für ungarische Studierende liegt Deutschland als Studienziel im Ausland an erster Stelle. Jährlich halten sich einige Tausend junge Ungarn in Rahmen von Stipendien, Studienaufenthalten und Schüleraustauschprogrammen in Deutschland auf. Im Jahre 2003 studierten 2667 ungarische Studenten/Innen an deutschen Universitäten.
Als letzte Besonderheit wurde die Andrássy Universität erwähnt, die seit 2002 existiert. Sie ist eine kleine Universität mit ungefähr 150 Studierenden, die postgradual studieren. Es ist zwar eine ungarische Einrichtung, aber rein deutschsprachig. Das Interessante daran ist, dass sie die einzige deutschsprachige Universität außerhalb des deutschen Sprachraums ist.

Ziele und Tendenzen
2006 ist ein besonderes Jahr in den deutsch-ungarischen Kulturbeziehungen. Es gibt drei verschiedene Initiativen, die nächstes Jahr durchgeführt werden. Die erste Initiative, um die deutsch-ungarischen Kulturbeziehungen zu verstärken, ist die Veranstaltung einer Kultursaison in Deutschland. In Rahmen dieser Kultursaison werden ungarische Kulturveranstaltungen in Deutschland – in Berlin, in Norddeutschland, in Bayern von März bis in den Sommer hinein organisiert. Die zweite Initiative trägt den Namen Bipolar. Es gibt eine Kulturstiftung der Bundesrepublik Deutschland, die die beidseitige kulturelle Initiative unterstützt. Der Antrag auf ein Kulturprojekt soll gemeinsam gestellt werden, d.h. ungarische und deutsche Institutionen können sich gemeinsam um eine Unterstützung bewerben. Die Projekte, um die die Institutionen sich bewerben können, beginnen Mitte 2006 und dauern bis Mitte 2007.
Als dritter Punkt berichtete uns Herr Finger, dass die Mitarbeiter der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft im Frühjahr 2006 die Veranstaltung deutscher Kultur- und Bildungswochen in Ungarn planen. Das Ziel dieser Kultur- und Bildungswochen ist, dass alle Institutionen, die an der deutschen Sprache Interesse haben, sich vorstellen können und damit einen neuen Schwung in der Kultur- und Bildungsbeziehungen gewinnen.
Mit diesen schönen Plänen für die Zukunft beendete er seinen Vortrag. Schön war auch, dass Herr Finger über seine Arbeit mit großer Begeisterung sprach. Er wollte auch mit uns ins Gespräch kommen, so hatten wir ausreichend Möglichkeit, ihm Fragen zu stellen.
Zum Schluss dankte er für unsere Aufmerksamkeit und tat, weshalb er eigentlich hierher fuhr: Er überreichte das aus nahezu 100 Bänden bestehende Geschenk der Deutschen Forschungsgemeinschaft Herrn Béla Mader unter großem Applaus – natürlich nur sinnbildlich. Die Bände, deren Gesamtwert beinahe 2 Millionen Forint beträgt, konnte man sich auch gleich an Ort und Stelle anschauen, darunter verschiedene Bücher und Lexika aus linguistischen, landeskundlichen, literaturwissenschaftlichen und medienwissenschaftlichen Bereichen.