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Zeitung << 2/2005 << Interview mit Dr. Géza Horváth


Pläne und Erwartungen des neuen Institutsleiters
Interview mit Dr. Géza Horváth

Autor: Zsolt Kozma

Wir alle kennen Herrn Univ.-Doz. Dr. Géza Horváth sehr gut. Der Dozent des Lehrstuhls für deutsche Literaturwissenschaft ist schon seit mehreren Jahren am Institut tätig und hat jetzt neue Aufgaben: Seit September 2005 ist er der neue Institutsleiter. GeMa hat ihn aus diesem Anlass zu seinen Plänen und Erwartungen befragt.

Wie kommt es eigentlich dazu, dass ein Dozent Institutsleiter wird? Wie verläuft diese Prozedur?
Die formalen Reglements des Instituts ermöglichen, dass sich Dozenten und Professoren um die Stelle der Institutsleiter bewerben können. In der ersten Runde gibt es eine Ausschreibung: wenn man sich bewerben will, muss ein Plan vorgelegt werden, was man eigentlich machen will. Dieser Plan ist insofern öffentlich, dass ihn sich die Vertreter der Studentenvertretung und die Kollegen ansehen können. In der zweiten Runde kommt dann dieser Plan vor den Institutsrat. Im Rahmen einer geheimen Abstimmung entscheiden die Kollegen, ob der Kandidat angenommen wird. Wenn es dazu kommt, bekommt der Dekan die Bewerbung, der sie dann dem Rektor weiterleitet. Am Ende ernennt der Rektor den Kandidaten. In meinem Fall für drei Jahre.

Welche Aufgaben hat der Institutsleiter?
Das Institut besteht aus drei gleichrangigen Lehrstühlen: Lehrstuhl für germanistische Linguistik, Lehrstuhl für deutsche Literaturwissenschaft und Lehrstuhl für österreichische Literatur und Kultur. Jeder hat einen Leiter, der für das wissenschaftliche Niveau innerhalb des Lehrstuhls zuständig ist. Der Institutsleiter hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit der Lehrstühle zu koordinieren. Darüber hinaus muss das Institut nach außen vertreten werden, sowohl auf Fakultätsebene, als auch im Rahmen der Universität. Natürlich muss der Leiter des Institutes auch außerhalb der Universität tätig sein. Vor allem gute Beziehungen zum Ausland zu pflegen, ist eine wichtige Aufgabe.

Was für Veränderungen hat Ihre Ernennung mit sich gebracht? Wie viel Zeit beansprucht Ihre neue Aufgabe? Hat sich Ihre Beziehung zu Ihren Kollegen jetzt verändert? Schließlich sind Sie jetzt auch ihr Vorgesetzter geworden.
Diese Aufgabe beansprucht sehr viel Zeit. Meistens bin ich drei Tage der Woche hier in Szeged, manchmal auch vier. Was meine Beziehung zu den Kollegen betrifft: Ich stehe mit ihnen auf bestem Fuß. Sie unterstützen mich, was man am besten daran erkennen kann, dass ich die Stelle des Institutsleiters ganz einfach übernehmen konnte. Ich kann mich auf sie voll und ganz verlassen.

Wie ist Ihre Meinung zu den kommenden Veränderungen: Wird uns der Bologna-Prozess helfen oder schaden?
Der Kern des Prozesses ist, dass sich die Universitäten auf ein dreistufiges Ausbildungssystem umstellen müssen: Bachelor, Master und PhD. 2004 mussten wir einen Plan für die BA-Stufe abgeben, der auch angenommen wurde. Eigentlich läuft diese ganze Umstellung zurzeit gesetzeswidrig bzw. es gibt Lücken in der Regelung, weil der Oberste Gerichtshof bisher jeden Gesetzentwurf zurückgeworfen hat. Davon abgesehen müssen wir ab September 2006 das System starten bzw. uns auf diese neue Ausbildungsstruktur umstellen. (Anm. der Red.: Zeit des Interviews: November 2005. Der Gesetzentwurf wurde im Dezember 2005 angenommen).

Wenn das so ist, werden dann 2006 parallel drei Systeme laufen: das „herkömmliche“ Studiensystem, dann das Kreditsystem und letztlich die neue BA-Stufe? Kann man diese gleichzeitig kontrollieren?
Zurzeit können wir das noch nicht voraussehen. Auf jeden Fall bereiten wir uns jetzt schon konkret auf die Umstellung vor. Als erster Schritt bieten wir im Sommersemester 2006 nur solche Kurse an, die wir im Wintersemester auch fortsetzen können. Grundsätzlich werden wir im Rahmen der BA-Stufe drei Spezialbereiche starten: Österreichische Kultur und Literatur (darunter Filme, Medien, Kunst, Musik, etc.), Editionswissenschaft, Kulturwissenschaft und Übersetzungswissenschaft, vorwiegend Literarisches Übersetzen (abhängig von der Anzahl der Studenten).

Bleibt die Universität weiterhin die Hochburg der Wissenschaften oder werden ab 2006 auch praktische Ausbildungsrichtungen betont?
Der Bologna-Prozess hat als Ziel, die Ausbildung vor allem auf der BA-Stufe praxisorientierter zu machen. Diese Umstellung setzt die Massenausbildung voraus. Deshalb müssen wir unsere „Angebote“ möglichst attraktiv gestalten, damit wir mehr und mehr Studenten haben und auch alternative Ausbildungsrichtungen vertreten können. Es gibt auch zurzeit Projekte, bei denen die Studenten einsteigen können. Sie haben zum Beispiel die Möglichkeit sich als Mitübersetzer an größeren Projekten zu beteiligen, oder wir haben auch Kontakte zu verschiedenen Museen (wie zum Beispiel Szabadka). Für sie übersetzen wir meist Beschriftungen. Professor Csúri pflegt gute Beziehungen zu österreichischen kulturellen Instituten, das können wir auch nutzen.

Für mich sieht diese Struktur nicht kompliziert aus. Wir hören fast jeden Tag etwas über das System, Leute schimpfen, andere beschweren sich. Was verursacht solche Probleme?
Die zentrale Organisierung ist sehr chaotisch. Die zu treffenden Maßnahmen werden nicht rechtzeitig getroffen, und es bedeutet auch ein großes Problem, dass das Ministerium für Bildung mit dem neuen System grundsätzlich sparen will. Natürlich geht das nicht so. Es ist die ungarische Art der Umstellung.

Wird das Institut in Zukunft deswegen Probleme haben?
Wissen Sie, Probleme gibt es immer. Finanzielle immer mehr und wahrscheinlich werden sie ab 2006 noch mehr. Aber wir müssen uns die gute Seite der Umstellung vor Augen halten. Wenn das System einmal richtig zu funktionieren beginnt, kann das Institut im Rahmen der BA-Stufe die geeignetsten Leute für die MA-Stufe aussuchen und somit wird (hoffentlich) die wissenschaftliche Ausbildung ein noch höheres Niveau erreichen. Der Staat wird voraussichtlich 30 Prozent der Studenten der BA-Stufe auch in der MA-Stufe finanzieren.

Wie werden diese Studenten ausgewählt? Wird es eine Aufnahmeprüfung geben?
Das halte ich nicht für wahrscheinlich. Ich denke eher, dass man anhand der Ergebnisse während der BA-Stufe wählen könnte. Das ist noch unklar.

Sie haben gesagt, dass der Staat 30 Prozent der Studenten auch in der MA-Stufe finanzieren wird. Heißt das, dass nur 30 Prozent aller Studenten die Möglichkeit haben werden, ihre Ausbildung weitermachen zu können?
Gewiss nicht. Voraussichtlich wird es auch private Finanzierung geben. Wer genug bezahlen kann, macht weiter. Ich nehme an, dass höchstens noch 20 Prozent auf diese Weise ihre Ausbildung fortsetzen können, doch die zentrale Regelung fehlt noch. Übrigens ist das nicht die einzige Mangelhaftigkeit des Systems. Es ist durchaus möglich, dass einige Einführungskurse (zum Beispiel Einführung in die Sprachwissenschaft) auf Ungarisch unterrichtet werden, damit auch Studenten anderer Fachrichtungen diese Kurse besuchen können. Sie wissen schon: die Sparmaßnahmen. Doch das ist in scharfem Widerspruch zu den Prinzipien der Umstellung: wie kann man eine praktische Ausbildung führen, wenn auf Ungarisch unterrichtet werden muss?

Wie ich sehe, haben Sie alle Hände voll zu tun. Wie die Umstellung gelingen wird, werden wir bald erfahren, doch ich wünsche Ihnen weiterhin viel Ausdauer und noch mehr Zeit, damit Sie das Institut weiterhin über alle Hürden heben können! Danke für das Interview!