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Zeitung << 2/2005 << Hilfe, ich unterrichte!!!


Hilfe, ich unterrichte!!!
Praktikum in der Schule

Autor: Zsolt Kozma

Als Schüler
Wenn wir gewohnt sind, etwas aus einer bestimmten Perspektive zu sehen, werden wir sehr überrascht, wenn wir auch die andere Seite zu sehen bekommen. Geschweige denn, wenn wir sie auch spüren...!
Als Schüler saßen wir in der Klasse schön in Reihen geordnet meistens neben den Klassenkameraden, neben denen wir wollten, manchmal dort, wo uns der Lehrer/die Lehrerin hingesetzt hatte. Während der Stunden amüsierten wir uns oder langweilten uns zu Tode, schrieben Briefe auf Papierstücke und unsere größte Sorge war, auf welche Party wir am Wochenende gehen sollten.
Der Lehrer/Die Lehrerin war damals etwas, was zur Schule gehörte. Je nach dem, ob er/sie uns sympathisch oder unsympathisch war, haben wir ihn oder sie betrachtet (und auch behandelt...). An einige Lehrer werden wir uns noch nach vielen Jahren gut erinnern können, die Frage ist nur: mit welchen Gefühlen? Letzteres ist von vielem abhängig. Einige meinen, ein Lehrer ändere sich ständig und nach 15 Jahren Unterricht hätten seine Stunden eine ganz andere Atmosphäre als davor. Das mag wohl auch zutreffen, denn solange ein Mensch lebt, ändert er sich. Doch grundsätzlich können wir feststellen, dass das Praktikum für unsere Zukunft als Lehrer/Lehrerin von großer Bedeutung ist. Denn während dieser 12-15 Stunden können wir probieren, was wir können, und – im Idealfall – erfahren wir auch, was wir schlecht gemacht haben und was wir auf gar keinen Fall machen sollten.
Als Schüler waren wir fest davon überzeugt, dass die Lehrer es sehr leicht haben. Sie sprechen 45 Minuten, höchstens fünf Mal pro Tag, und dann ist Schluss. Manchmal schreiben wir eine Klassenarbeit, die er/sie innerhalb eines Monats korrigiert und benotet, doch ansonsten müssen sie nichts machen. Fast der Traumjob eines jeden. (Aber wir armen Schüler, was für Qualen müssen wir ausstehen... Na ja, alle können sich noch an solche Meinungen erinnern.)

Als Praktikant
Nach dem Praktikum betrachten wir den Traumjob schon anders. „Es ist gar nicht so einfach.” „Mann, bin ich vielleicht erschöpft!” „Wie werde ich das noch 14 Mal aushalten können?” „Als Schüler sah ich alles anders.” Dies sind die Sätze, die jedem Praktikanten nach der ersten Unterrichtsstunde über die Lippen kommen. Eine Stunde aus der Perspektive des Lehrers/der Lehrerin sieht gar nicht so aus, wie wir es uns vor ca. sieben Jahren vorgestellt hatten. Während der Stunde ist ständige Konzentration gefragt, die Schüler müssen beaufsichtigt werden, Klassenarbeiten zusammenzustellen und zu korrigieren ist gar nicht einfach, und letztendlich erkennen wir, dass 45 Minuten lang zu reden auch nicht das Einfachste ist. Und das fünfmal pro Tag. Danke, soviel zum Thema „Traumjob”.
Aller Anfang ist schwer: die erste Stunde ist meistens ein Horror. Man möchte sich lieber krank melden, darf aber nicht. „Ich, armer Student habe nichts begangen und muss zu solchen Biestern! Und zwar exakt für 45 Minuten! Das werde ich nicht überstehen...“ Vor der ersten Stunde rasen solche Gedanken durch den Kopf des Delinquenten. Auf einmal klingelt es, und der Albtraum kann beginnen – tut er aber nicht. Die Schüler sehen den Neuankömmling verwundert an und flüstern einander in die Ohren: „Sieh’ dir den Typ an, er macht sich fast in die Hosen!“ Und schon sind wir bei Lektion 1 des Praktikums: selbstsicheres Auftreten ist unentbehrlich.
Während der Stunde lernen wir die Schüler kennen, dann beginnen wir mit dem Stoff. Nach 45 Minuten sind wir fix und fertig. Traumjob, oder? Und es ist noch nicht vorüber. Der Stunde folgt eine Konsultation mit dem Mentor, dort hören wir, was wir schlecht gemacht haben. Wenn man es bisher überstanden hat, bekommt man hier den Rest. Nach alldem geht man nach Hause, setzt sich nieder und denkt nach. Wenn die ersten kritischen 60 Minuten vorüber sind, beginnt man nachzudenken. Die Fachdidaktiknotizen werden exhumiert, Freunde werden angerufen und spät in der Nacht geht man mit gemischten Gefühlen ins Bett. Wie gesagt, nur der Anfang ist schwer. Nach dem Schock der ersten Stunde läuft alles besser. Man lernt die „kleinen Biester“ unter Kontrolle halten zu können und vor der Stunde möchten wir uns nicht mehr krank melden. (Obwohl wir vor Erschöpfung hätten zu Hause bleiben sollen...)
Nach ca. sechs unterrichteten Stunden fühlen wir uns fast wohl in der Klasse. Zwar tauchen hier und da etliche Probleme auf, doch im Großen und Ganzen ist alles bestens. Am Ende des Praktikums wird einem plötzlich bewusst: „Ich würde noch gerne bleiben...“
Manchmal ergeben sich witzige Situationen. Wenn man z.B. einen Text bearbeitet, tauchen unbekannte Wörter auf. Wenn wir über sie zu sprechen beginnen, kann die Hölle losgehen. Dutzende Fragen kommen aus allen Richtungen: „Herr Lehrer, was bedeutet Petrischale?“ „Herr Lehrer, wie kann man das übersetzen?“ und der Delinquent guckt dumm aus der Wäsche. Die Konsultation mit dem Mentor hat deswegen große Bedeutung. Er gibt uns nämlich Tipps und zeigt uns Tricks, die wir in solchen Situationen verwenden können. So lernt man, dass es besser ist, die unbekannten Wörter selbst zu fragen und zwar immer schön der Reihe nach. Mit dieser Methode können solche Fallen vermieden werden. Denn ansonsten sieht man ziemlich alt aus...
Am Ende erkennt man die ewige Wahrheit: in der Theorie sieht alles einfacher aus. Doch die Praxis verlangt mehr. Kreativität, Ausdauer, Konzentration, Fachkenntnisse und vieles mehr gehören mit dazu. Nur wenn man diese Fähigkeiten beherrscht, kann man sich Hoffnungen machen: „Hoffentlich werden meine Schüler heute nicht schlafen...“
Abschließend ein guter Rat an alle, die das Praktikum noch vor sich haben: erinnert euch an eure ehemaligen Lehrer/Lehrerinnen aus dem Gymnasium und versucht eure 15 Stunden wenigstens so schlecht zu halten, wie sie es damals gemacht haben! Dann geht alles in Ordnung!