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Zeitung << 2/2004 << Bakkalaureus – Magister – Doktor


Bakkalaureus – Magister – Doktor
Der Europäische Hochschulraum

Autorinnen: Judit Holló, Györgyi Turóczi

Vor fast tausend Jahren ist in Bologna die europäische Universität entstanden, die als ein bestimmendes Institut zur Erschaffung und Weitergabe des Menschenwissens dient. Anlässlich des 900-jährigen Jubiläums der Gründung der Universität wurde 1999 die so genannte „Bologna“-Erklärung unterzeichnet, deren Vorgänger die im Jahre 1998 von Deutschland, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich unterschriebene „Sorbone“- Erklärung war. Diese Erklärung löste heftige Diskussionen bei den Verantwortlichen für die Hochschulbildung in ganz Europa aus.

Die Bologna-Erklärung 1999
Es gibt sowohl politische als auch wirtschaftliche Gründe, die dazu führten, ein neues Hochschulsystem ins Leben zu rufen. Die alten, klassischen Universitäten und ihre Systeme sind schon altmodisch. Die Gesellschaft und der Arbeitsmarkt brauchen ein Wissen, das auch praktische Fähigkeiten beinhaltet. In den reichsten Ländern wird es auch immer wichtiger, entscheidungsfähige Arbeitnehmer mit stabilen Grund- und Fremdsprachenkenntnissen zu beschäftigen. Das wird auch durch das Interesse und den Anspruch der Jugendlichen bestätigt. 1999 veranstaltete der italienische Hochschulminister eine internationale MinisterInnen-Konferenz in Bologna. Als Ergebnis dieser Konferenz wurde die so genannte Bologna-Erklärung von 31 Ministerinnen und Ministern in 29 Staaten unterzeichnet. Ihr wichtigstes Ziel ist die Schaffung eines Europäischen Hochschulraumes bis 2010.

Weitere MinisterInnen-Konferenzen in Prag 1999 und in Berlin 2003
Im Herbst 1999 beschlossen die EU-BildungsministerInnen in Prag die weitere praktische Umsetzung der Bologna-Erklärung. Alle Unterzeichner-Staaten nannten eine nationale Kontaktstelle. Diese nationalen Kontaktstellen treffen sich zum Austausch von Informationen über den Stand der Umsetzung der Ziele der Bologna-Erklärung, zur Vereinbarung aller weiteren Schritte und zur Vorbereitung der Folge-MinisterInnen-Konferenz einmal pro Präsidentschaft. Als Ergebnis der Konferenz in Prag wurde das Prag-Kommunikee verabschiedet, das folgende Punkte umfasst: Bestandsaufnahme und weitere Vorgehensweise bei der Umsetzung der Teilziele der Bologna-Erklärung; Schwerpunkte bei der Umsetzung in der nächsten Phase: Akkreditierung und Qualitätssicherung, Fragen der Anerkennung und Kreditsysteme, Entwicklung gemeinsamer Abschlüsse, Erweiterung des Bologna-Prozesses, praktische Organisation des Folgeprozesses, Öffnung des Prozesses für weitere Staaten (Kroatien, Türkei und Zypern wurden in Prag als neue Mitglieder aufgenommen).
Im September 2003 trafen sich die MinisterInnen aller Signaturstaaten in Berlin zur zweiten Folgekonferenz nach der Unterzeichnung der Bologna-Erklärung und verabschiedeten folgende Entscheidungen:

1. Mittelfristige Schwerpunkte bis 2005: Qualitätssicherung (Entwicklung eines vereinbarten Systems von Normen, Verfahren und Richtlinien zur Qualitätssicherung), zweistufige Studiensysteme (Beginn der Implementierung bis 2005), Anerkennung von Studienabschlüssen und -abschnitten (Diploma Supplement automatisch und gebührenfrei in einer gängigen europäischen Sprache)
2. Bestandsaufnahme zur MinisterInnenkonferenz 2005
3. Engere Verbindung zwischen Europäischem Hochschulraum und Europäischem Forschungsraum: DoktorandInnen-ausbildung als dritte Stufe zu den gegenwärtigen zwei Hauptstufen im Studiensystem.

Mit der Aufnahme der Staaten Albanien, Andorra, Bosnien-Herzegowina, des Vatikans, Russlands, Serbiens und Montenegros sowie der „Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien“ wurde der Bologna-Prozess auf nunmehr vierzig Mitgliedstaaten ausgeweitet.

Nächste MinisterInnenkonferenz in Bergen 2005
Die nächste MinisterInnenkonferenz wird am 19. und 20. Mai 2005 in Bergen, Norwegen stattfinden. Zwischen den Konferenzen in Berlin und in Bergen wurden zahlreiche Seminare und Konferenzen zu den einzelnen Bologna-Zielen organisiert. Auf nationaler Ebene fand beispielsweise ein Workshop für ExpertInnen zum Thema ECTS (European Credit Transfer System) im Mai 2004 in Wien statt und im Juni 2004 eine Informationsveranstaltung zum Thema „Referenzrahmen für Qualifikationen“.

Österreich
Mit der Einrichtung der Österreichischen Qualitätssicherungsagentur AQA mit Jahresbeginn 2004 ist ein wichtiger Schritt in der nationalen Umsetzung der Ziele der Bologna-Erklärung in Österreich vollzogen worden. Die Österreichische Qualitätssicherungsagentur für den tertiären Bildungsbereich wurde auf gemeinsame Initiative der Österreichischen Rektorenkonferenz, der Fachhochschulkonferenz, des Vereins der Privatuniversitäten, der Hochschülerschaft und des Bundesministeriums für Bildung Wissenschaft und Kultur ins Leben gerufen. Vom 3.-5. Februar 2005 wird ein Bologna-Seminar im Rahmen des europäischen Bologna Follow-Up Arbeitsprogrammes von Österreich gemeinsam mit Deutschland und der European University Association EUA in Salzburg mit dem Titel „Doctoral Programmes for the European Knowledge Society“ veranstaltet. Aus österreichischer Sicht hat der Bologna-Prozess wesentlich dazu beigetragen, die Europäisierung und Internationalisierung des tertiären Bildungssektors voranzutreiben. Österreichische Universitäten, Fachhochschulen und Akademien stehen in Konkurrenz zu anderen europäischen Anbietern. Dies wird sich in Zukunft noch verstärken. Eine ausschließlich nationale Sicht ist überholt. Es geht um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Bildungseinrichtungen in Europa. Einen zentralen Stellenwert nehmen die Bemühungen um die Beseitigung von Mobilitätshindernissen für Studierende, Lehrende und Forschende ein. Dies muss neben intensiven Bemühungen für den Outgoing-Bereich eine ebensolche Anstrengung für den Incoming-Bereich bedeuten. Die österreichischen Hochschulen profitieren mindestens ebenso vom Aufenthalt ausländischer Studierender, Lehrender und Forschender in Österreich wie vom Input jener, die Erfahrungen im Ausland sammeln. In Österreich wurde ein neues Universitätsgesetz eingeführt, mit dem die Rechtsgrundlage für die Einführung von Bakkalaureatsstudien neben den Magisterstudien, die Anwendung des ECTS, des Diplomzusatzes, die Einrichtung von gemeinsamen Studienprogrammen verschiedener Universitäten sowie Doppeldiplom-Programmen und aufgewerteten PhD-ähnlichen Doktorats-Programmen geschaffen wurde. Die Bologna-Erklärung hat den zur Zeit ihrer Entstehung bereits vorhandenen Internationalisierungs-bestrebungen in Österreich eine neue Dynamik gegeben. Schon länger geplante Reformen wurden in Angriff genommen bzw. durchgeführt. Zusätzlich gibt sie den neuen und weiteren Initiativen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Hochschulsystems und seiner Absolventinnen und Absolventen den erforderlichen Impetus.

Deutschland
Im Zuge der Einführung der Bakkalaureats- und Magisterstudiengänge in Deutschland erreichen Studenten schneller einen Abschluss und Hochschulen werden international wettbewerbsfähiger. Die Ergebnisse zeigen deutliche Fortschritte auf dem Weg zur Umsetzung des Bologna-Prozesses. Die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge machen 15 Prozent des Studienangebots in Deutschland aus. Über die Hälfte der Bakkalaureus- und Magisterstudiengänge in Deutschland werden völlig neu entwickelt, die übrigen entstanden bei der inhaltlichen und strukturellen Reform vorhandener Studiengänge. Dadurch verbesserte sich unter anderem die Betreuung der Studierenden in fast allen Fällen. Bei 60 Prozent der neuen Studiengänge gehören internationale Kooperationen fest zum Programm. Etwa zwei Drittel der Lehrveranstaltungen werden teilweise in einer Fremdsprache abgehalten. In jedem fünften Studiengang ist ein Auslandsaufenthalt fester Bestandteil des Studiums. Mehr als 80 Prozent der neuen Studiengänge werden in Modulen angeboten, knapp 90 Prozent haben ein Leistungspunktesystem und studienbegleitende Prüfungen eingerichtet. Dadurch können die neuen Abschlüsse einfacher international verglichen werden, und der Wechsel zwischen nationalen und internationalen Hochschulen wird während des Studiums leichter und attraktiver. In den Bakkalaureats- und Magisterstudiengängen wird zudem ein Bezug zum Arbeitsmarkt hergestellt. Bei zwei Dritteln der Studiengänge sind potenzielle Arbeitgeber in das Lehrprogramm aktiv eingebunden. In 80 Prozent der Studiengänge können Studentinnen und Studenten darüber hinaus in Praktika und mit Prüfungsarbeiten Kontakte zu Unternehmen aufnehmen.

Ungarn
Im Jahr 2005 fängt in Ungarn der Übergang zu einem neuen Hochschulsystem an. Viele Einzelheiten des Vorgangs sind aber noch nicht geklärt. Im Jahre 1999 unterschrieb auch Ungarn die Bologna-Erklärung. 2006 würden in allen Hochschulen die ersten Jahrgänge nach dem neuen System beginnen. So würde sich das ganze ungarische Hochschulsystem bis 2011 völlig umwandeln. Die Studenten können sich nach dem Bakkalaureat entscheiden, ob sie einen Magister anhängen möchten. In Ungarn war die Einführung des Kreditsystems ein guter Grund für den Anschluss an den Bologna-Vorgang. Von 2006 an müssen sich die Institutionen entscheiden, ob sie in dem neuen System zum Bakkalaureus oder Magister oder zu beiden führen. Laut Fachleuten verschwinden die Hochschulen nicht, sie wandeln sich nur um: sie bieten die Bachelor-Ausbildung an.

Uns heutige GermanistikstudentInnen betrifft dieses Thema nicht so richtig, aber wir sind damit einverstanden, dass es nötig ist, ein neues System einzuführen. Dieses System hat wie jedes andere sicher seine Vor- und Nachteile, einerseits scheint es für uns ein bisschen kompliziert zu sein, andererseits gibt es mehr praktisches Wissen und so mehr Möglichkeiten für die, die ihr Diplom in diesem neuen System bekommen. Das wird uns erst bei unserem Zweitdiplom betreffen.

Bakkalaureatsstudium:
Dieses Grundstudium fängt mit einer großen Teilnehmerzahl an. Hier bekommt man ein allgemeines Wissen vermittelt und hier kann man sich anhand seiner Ergebnisse entscheiden, ob man arbeiten oder weiterstudieren möchte.

Magisterstudium:
Das Magisterium wird mit geringerer Studentenzahl fortgesetzt, aber man kann hier aus mehreren Fächern wählen, die eine zweckmäßige, berufliche Ausbildung sichern. Eine Spezialisierung ist vorgesehen

Doktoratsstudium:
Es dient der Aneignung und der Vertiefung von Spezialkenntnissen und Forschungsfähigkeiten.
Der Grundcharakter dieses Systems ist, dass diese drei Abschlüsse eine bestimmte Hochschulbildung und gleichzeitig eine Qualifikation darstellen. Die Befähigung selbst hat auch einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wert, und es bestätigt innerhalb des Systems, dass die Studenten in den nächsten Abschnitt übergehen können.

Ziele im Europäischen Hochschulraum:

  • Vergleichbare Abschlüsse in den einzelnen Ländern und die gegenseitige Diplom-Anerkennung

  • Einführung eines dreistufigen Studienabschlusssystems (Bakkalaureat, Magister, Doktor)

  • Einführung eines gemeinsamen Leistungspunktesystems, das von allen Hochschulen in Europa anerkannt wird. Die Studierenden bekommen am Ende eines Abschnittes eine Zeugnisergänzung in ihrer Ausbildungssprache und in einer anderen Sprache (Englisch). Dieses Zeugnis beschreibt ihr Studium, die belegten Lehrveranstaltungen und die erworbenen Kenntnisse.

  • Bessere Mobilität der Studierenden und Lehrenden in Europa

  • Bessere Zusammenarbeit zwischen den europäischen Hochschulen