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Zeitung << 1/2004 << Sprache im technischen Zeitalter
Sprache im technischen Zeitalter
Gastvorlesung von Prof. Dr. Karlheinz Jakob an der Universität Szeged
Autorin: Beatrix Tóth
Prof. Dr. Karlheinz Jakob unterrichtet an der Technischen Universität Dresden. An unserer Universität war er als Gastdozent vom 16. bis 24. März 2004, wo er die Blockveranstaltung „Sprache im technischen Zeitalter” hielt. Die Vorlesung war sehr spannend und hat großes Interesse bei den StudentInnen erweckt.
Es war keine typisch germanistische Vorlesung. Sie hat uns ein bisschen in die Welt der Technik eingeführt. Wir haben alle linguistischen Bereiche gründlich untersucht, um herauszufinden, in welchem Bereich es Veränderungen in Folge der technischen Innovationen gegeben hat, und welchen Einfluss die Fachsprache und die Standardsprache aufeinander in der Sprachgeschichte des 19. bis 20. Jh. hatten.
Zuerst haben wir uns mit dem Bereich der Syntax beschäftigt. Hier gab es drei wichtige Veränderungen: Dampfmaschine, Fahrzeug und Elektrizität. Der Grad der Faszination hat die Menschen dazu bewogen, dass sie z.B. die Fachausdrücke „Dampf ablassen“, „unter Hochdruck stehen“, „elektrisiert sein“ oder „eine lange Leitung haben“ auch auf sich selbst bezogen. Es war auch interessant zu hören, dass das Fahrzeug im 18. Jh. ein Schiff oder Boot bedeutete. Erst seit dem 19. Jh. ist es der Oberbegriff für alles, was im Wasser, in der Luft oder auf dem Land fährt. Das Wort Auto existiert seit dem 20. Jh. Vorher wurde das Wort „Wagen” und dessen Variationen benutzt: Selbstfahrwagen, Pferdeloswagen, Benzinmotor-Wagen usw. Das Auto ist aus dem Wort Automobil entstanden, dem aber vorher etliche komische Begriffe vorangingen: Automobilesfahrzeug, Automobilfahrzeug, Automobilwagen usw.
Im Bereich der Morphologie gab es weniger Veränderungen. Das einzige, was bemerkenswert ist, ist die Kompositabildung. Die Menschen haben Komposita zu Materie, Funktion und Zweck gebildet: Wasserkraftmaschine, Hochdampfkraftmaschine oder Arbeitsholz, Brennholz.
In der Veränderung der Fachsprache hat die Standardsprache auch einen großen Einfluss gehabt. In sehr vielen Fachbereichen haben die Menschen Körpermetaphorik benutzt: Eine Schere hat Rücken, eine Achse hat Wange und Augen. In der Veränderung der Sprache überhaupt gibt es vier große Bereiche: Mensch, Tier, Natur und Technik. Diese Bereiche hatten einander beeinflusst und etliche Metaphorisierungen hervorgerufen. Metaphorisierungen wurden benutzt, um menschliche und tierische Tätigkeiten sowie Naturverhältnisse und technische Innovationen damit zu bezeichnen. So wurden folgende Wörter z.B. auch im technischen Bereich benutzt: Herz, Kopf, Tasche, Flügel, Rüssel, Wurzel, Blatt, Birne, Krone und Ring.
Der Mensch hat in der Frühgeschichte nur deswegen überlebt, weil es die Technik gab. Wir sind „Mängelwesen“, weil wir von allem nur ein bisschen haben. Wir sind arm an körperlicher Ausstattung, so haben wir unser Sprachvermögen, unsere Kleidung, unseren Schmuck, unsere Religion und die Technik dafür benutzt, um unsere Mängel zu kompensieren. Der Mensch ist auf das „Nichtspezialisierte” spezialisiert, deswegen musste er eine Ersatznatur für sich selbst erschaffen, und das ist die Technik. Weil die Technik unsere zweite Natur ist, lebt sie in unserer Alltagskultur und unsere Techniksprache ist auch die alltäglichste Fachsprache.
Ich fand diese Veranstaltung sehr interessant und informativ. Wir konnten dabei das Gebiet der reinen Linguistik und der Sprachgeschichte durch den Bereich der Technik ein bisschen überschreiten, indem wir aber noch bei der Germanistik geblieben sind. Die Vorlesungen waren mit Tabellen und Bildern illustriert und unsere Aufmerksamkeit wurde auf ganz andere Art und Weise erregt. Alle Studenten waren begeistert und würden gern wieder an ähnlichen Vorlesungen teilnehmen.
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