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Zeitung << 1/2004 << Heinrich von Kleist: Penthesilea


Heinrich von Kleist: Penthesilea
Lektüre zur Zwischenprüfung

Autorin: Szilvia Márton

In diesem Semester besuchte ich das Seminar „Heinrich von Kleists Dramen”. Dort hörten wir von dem Leben von Kleist und lasen verschiedene Dramen von ihm, wie Amphitryon, Der zerbrochene Krug, Das Käthchen von Heilbronn. Heinrich von Kleist war einer der wichtigsten Vertreter der deutschen Dramatik. Er wurde am 18. Oktober 1777 in Frankfurt/Oder in eine adlige preußische Offiziersfamilie geboren und wurde schon in frühester Jugend in das Potsdamer Garderegiment aufgenommen. Aber dieses Leben widersprach seinem ganzen Charakter und er verließ das Regiment, um in seiner Heimatstadt Mathematik und Philosophie zu studieren. Den Sinn des Lebens sah er in Bildung und Selbstvervollkommnung. Mit großem Eifer war er auf der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis. Das Studium der Lehren Kants hatte verheerende Folgen für ihn. Eine Welt brach für ihn zusammen, als er lesen musste, dass wir die Dinge nicht so erkennen können, wie sie sind, also eine umfassende Erkenntnis für den Menschen nicht möglich ist. Diese Periode seines Lebens bezeichnet man auch als Kant-Krise. Er hatte einen großen Plan: mit seinem Werk „Robert Guiskard“ wollte er die größte aller Tragödien schreiben. Das Unternehmen scheitert, er verbrennt das Manuskript. In dieser tiefen seelischen Krise und finanziellen Not bewirbt er sich beim König von Preußen um ein Amt. Er kommt an die Domänenkammer in Königsberg. Dort entstehen seine besten realistischen Werke: die Novelle „Michael Kohlhaas” und das Lustspiel „Der zerbrochene Krug”. Hier bleibt er aber nicht lange. Während der napoleonischen Fremdherrschaft gerät er als Spion in französische Gefangenschaft. Hier vollendet er seine ihm liebste Dichtung, die Penthesilea. Nach der Gefangenschaft finden wir Kleist in Dresden wieder. Er schreibt hasserfüllte Briefe gegen die Franzosen, die seine Heimat besetzten. Er will auch eine eigene Zeitung herausgeben, was ihm aber nicht gelingt. Dieser neue Misserfolg, das Unverständnis, auf das fast alle seine Werke stießen, die darauf folgenden körperlich-seelischen Zusammenbrüche treiben ihn in eine Lage, aus der er keinen Ausweg mehr sieht. Am 20. November 1811, im Alter von 35 Jahren erschießt er sich am Wannsee, in der Nähe von Potsdam. In seinem kurzen Leben schuf er eine Fülle von Werken. Besonders wichtig sind seine Dramen.
Kleists Penthesilea ist ein Trauerspiel, das aus 24 Auftritten besteht. Gemäß der Entstehungszeit 1806 wurde es durch die Kant-Krise und die Aufklärung beeinflusst. Die zwei Hauptfiguren des Dramas sind Penthesilea und der griechische Halbgott Achill. Penthesilea ist die Königin der Amazonen, Tochter der gerade gestorbenen Königin Tanäis, sie ist die erste Kriegerin ihres Volkes. Im Drama wird über die Entstehung des Frauenstaates der Amazonen erzählt: „Wo jetzt das Volk der Amazonen herrscht”, beginnt Penthesilea ihre Rede, „da lebte sonst ein Stamm der Skyten. Jedwedem anderen Volk der Erde gleich.” Durch den äthiopischen König Vexoris wurden alle Männer der Skyten vernichtet. Die Frauen waren den „barbarenartigen” Äthiopiern wehrlos ausgeliefert. Sie wurden vergewaltigt. Der Äthiopierkönig Vexoris heiratete Tanäis. In der Nacht der Hochzeit töteten die Amazonen ihre Erniedriger und gründeten einen souveränen Staat, der nur aus Frauen bestand. Sie begannen sich von den weiblichen Zügen zu verabschieden, um sich somit vor ihrer eigenen „weiblich-schwachen Auffälligkeit” zu schützen. Die Amazonen jagten Männer, die sie zur Fortpflanzung brauchten. Sie eroberten die Männer mit Waffen in den Kriegen und durften keine engeren Beziehungen zu ihnen haben. Es gab aber ein Rosefest, auf dem die kämpferischen Amazonen ihre Liebe für kurze Zeit den eroberten Männern hingeben konnten. Danach wurden die Männer friedlich entlassen und konnten nach Hause gehen.
Die Geschichte des Dramas spielt auf dem Schlachtfeld von Troja, wo die Amazonen auf der Seite der Trojaner gegen die Griechen kämpfen. Penthesilea erblickt hier Achill zum ersten Mal, sie erkennt ihn sofort und ist völlig von dem Halbgott fasziniert. Als ihre Mutter Tanäis im Sterben lag, sagte sie Penthesilea voraus, dass sie Achill, den besten und schönsten Mann erobern wird. So bereitete sich die Amazone seelisch darauf vor, sich zu verlieben. Die Gesetze spielen eine wichtige Rolle im Drama. Penthesilea verstößt mehrmals gegen die Gesetze des Amazonenstaates, was immer zu Konflikten führt. Die Königin muss Achill laut Gesetz in Kampf besiegen. Das gefällt ihr nicht, sie möchte den Griechen nicht als Kriegsbeute, sondern mit weiblichen Reizen erobern. Aber Achill ist besser im Kampf als die Amazonenkönigin. Das ist für sie eine große Enttäuschung, sie ist total verzweifelt und verzichtet auf den Mann. Durch einen Betrug wird Penthesilea glauben gemacht, dass sie den Griechen besiegt hätte. Sie gerät in einen euphorischen Zustand und gesteht ihre Liebe. Wenn sie erfährt, dass sie betrogen wurde, schlagen ihre Gefühle wieder in tiefste Verzweiflung um. Ihre Emotionen werden immer mehr gesteigert und so verliert sie ihren Verstand. Penthesilea wird trotz Achills Sieg von diesem erneut zu einem „Kampf auf Leben und Tod“ aufgefordert. Er will sich von Penthesilea bekämpfen lassen, verrechnet sich aber. Die zweifach gedemütigte Amazone wird wahnsinnig, bewusstlos und verwandelt sich in ein Tier, eine Furie und tötet Achill grausam. Die Amazone spricht lange Zeit kein Wort mehr und wenn sie erfährt, was sie getan hat, stirbt sie und folgt ihrem Geliebten nach, womit sie auch das Amazonenreich auflöst.
Kleists Dramen sind schwer zu lesen, seine Sprache ist schwer zu verstehen, trotzdem möchte ich dieses Drama recht empfehlen. Es ist keine gewöhnliche Liebesgeschichte. Es handelt von einer Liebe, die zwar tödlich, aber sehr stark ist. Sie kann auf der Erde nie vollendet werden.
Penthesilea und Achill können sich nur im Tode vereinen.