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Zeitung << 1/2004 << Erfahrungen als Lehramtspraktikantin


Erfahrungen als Lehramtspraktikantin
Harte Arbeit und große Herausforderung

Autorin: Katinka Gutai

Viele meiner Kommilitoninnen stimmen mir wahrscheinlich dabei zu, dass das Praktikum im letzten Studienjahr den wichtigsten Teil der Lehramtsausbildung ausmacht. Endlich geht es nicht um hervorragende Theorien verschiedener Wissenschaftler der Pädagogik und Psychologie, sondern um praktische Kenntnisse und Fähigkeiten und vor allem um harte Arbeit.

Es ist natürlich äußerst wichtig, wie man das im Rahmen des Didaktikseminars erworbene Wissen (z.B. über die Lese-, Hör-, Sprach-, Schreibfertigkeit) in der Praxis anwenden kann. Letztendlich kommt es doch darauf an, wie man den betreffenden Lehrstoff präsentieren und vermitteln kann und wie man mit Menschen umgehen und ob man bestimmte Konfliktsituationen innerhalb der Gruppe erfolgreich bewältigen kann. Ich selbst hatte zweimal die Gelegenheit mich auf die Probe zu stellen. Vor zwei Jahren musste ich Englisch und dann ein Jahr später Deutsch unterrichten. Die zwei Praktika entwickelten sich ziemlich unterschiedlich, deshalb kann ich ruhig behaupten, dass ich auf diese Weise auf verschiedene wichtige Aspekte des Unterrichts aufmerksam wurde.
In beiden Fällen hielt ich es bei der Anmeldung im Mai des vorigen Jahres für wichtig, meine Praktikumsleiter selbst auszusuchen und das im Anmeldeformular anzugeben. Dabei können sowohl andere Studenten aus dem letzten Studienjahr als auch die Leiter des Didaktikseminars helfen. An dieser Stelle muss ich auch zugeben, dass es keinen hundertprozentigen Verlass darauf gibt, dass man sich über die gleiche Person nach dem Praktikum die gleiche Meinung bilden wird.

Mein erstes Praktikum
In dem ersten Fall hielt ich meinen Betreuer für einen hochqualifizierten und professionellen Lehrer, trozdem würde ich jetzt im Nachhinein sagen, dass seine Methode, das Praktikum zu gestalten, für mich nicht sehr hilfreich war. Er wollte, dass ich so schnell wie möglich nach der Hospitation mit dem Unterrichten anfange. Einerseits hatte er Recht, weil einem erst während des Unterrichts die wichtigsten Probleme bewusst werden. Andererseits wäre es für mich wichtiger gewesen, mehr als nur drei Stunden die Klassengruppe zu sehen. Außerdem war ich als Anfänger ziemlich unsicher und konnte auch mit der negativen Einstellung der Klassengruppe nicht umgehen. Rückblickend finde ich es schade, dass ich mit meinem Praktikumsleiter erst nach der Stunde alles ausdiskutieren konnte, vorher nur dann, wenn ich konkrete Fragen gestellt habe. Ich denke, dass man als Anfänger oft überhaupt nicht weiß, welche verschiedenen Aufgaben, welche möglichen Probleme auf einen zukommen können. Die Diskussion und der Meinungsaustausch mit dem Praktikumsleiter ist natürlich sehr wichtig, aber es wäre genauso wichtig gewesen, die Stundenpläne zu besprechen. Nach zwei Praktika kann ich behaupten, dass es für den erfolgreichen Unterricht von zentraler Bedeutung ist, dass man eine klare Vorstellung nicht nur von einer Stunde, sondern vom ganzen Thema hat. Man darf nie die Tatsache aus den Augen verlieren, wann genau ein Thema seinen Anfang und sein Ende nimmt.
Es ist auch wichtig zu wissen, dass auch wenn man sich gründlich auf den Unterricht vorbereitet, es immer wieder passieren kann, dass überraschende Fragen oder Probleme auftauchen. Jede Klassengruppe und jeder Schüler ist anders, die Motivation und die Kenntnisse sind auch unterschiedlich. Als Lehrer hat man die Aufgabe, die Stunde so zu steuern, dass sich die Schüler motiviert fühlen und den betreffenden Lehrstoff in verschiedenen Kontexten auf verschiedene Weise anwenden.
Das Praktikum bedeutet harte Arbeit und zur gleichen Zeit eine große Herausforderung, weil man sich stundenlang auf eine einzige Stunde vorbereitet. Es wäre wahrscheinlich hilfreich, wenn man sich im Rahmen des Didaktikseminars mit einigen gebräuchlichen Lehrbüchern beschäftigen würde. Bei der Vorbereitung eines Themas ist man sowieso meistens gezwungen, den einschlägigen Teil des Lehrbuchs mit anderen Materialen aus anderen Büchern zu ergänzen.
Trotz kleinerer Schwierigkeiten des ersten Praktikums konnte ich auch sehr viel davon profitieren. Ich habe gelernt, was man alles für die Stunde vorbereiten muss. Ich bin mir auch dessen bewusst geworden, dass Verhaltensprobleme eine der größten Herausforderungen des Unterrichts darstellen. Man kann nicht zu autoritär sein, aber man muss trotzdem ein erfolgreiches Arbeitsklima im Klassenzimmer schaffen. Man soll sich aber von diesen Problemen nicht einschüchtern lassen, mit praktischer Erfahrung und harter Arbeit lässt sich Vieles verbessern. Im Allgemeinen kann man feststellen, dass man bereits nach der vierten bzw. fünften Stunde die positive Veränderung spüren kann. Trotzdem würde ich der These widersprechen, dass man mit praktischer Erfahrung aus einer schüchternen, leisen oder zerstreuten Person einen guten Lehrer machen kann. Es ist immerhin wichtig eine Persönlichkeit zu haben, die sich für den Unterricht eignet.

Mein zweites Praktikum
Bei meinem zweiten Praktikum waren die Voraussetzungen ideal, die Hilfe meiner Betreuerin war sehr motivierend und trug zum Erfolg der Stunden viel bei. Es war für mich sehr wichtig, dass sie sich z.B. am Anfang die Mühe gemacht hat, verschiedene Bücher vorzustellen, aus denen man den Lehrstoff ergänzen konnte. Sie hat auch die Klassengruppen vorgestellt (ihre Stufe, Probleme, Vorteile). Mir gefiel auch, dass wir nach der Hospitation ihre eigenen Stunden besprechen und analysieren konnten. Bei dieser Gelegenheit sprach sie auch über frühere Erfahrungen oder wie sie das betreffende Thema mit diesen Aufgaben bearbeitet. Allgemein war sie bei den Diskussionen voll engagiert und professionell. Wenn man das aber erreichen möchte, muss man auch als Praktikant alles für den Erfolg der Stunde tun und sich offen und aufgeschlossen für die Bemerkungen der Betreuerin zeigen.
Der zweite wichtige Aspekt war, dass ich diesmal eine motivierte und aufmerksame Klasse hatte, die nicht mit einer Grimasse im Gesicht ins Klassenzimmer kam. Das zweite Mal konnte ich auch viel selbstsicherer in der Klasse auftreten und die verschiedenen Situationen besser bewältigen. Wenn dann die harte Arbeit auch Früchte trägt, kommt man erst richtig auf den Geschmack des Unterrichtens. Erst dann kann man so richtig erfahren, was für ein schönes Gefühl es ist, wenn sich die Schüler an einen Unterrichtsstoff erinnern, den wir zusammen gelernt haben. Wenn man sich ihnen gegenüber konsequent verhält und sich anständig auf die Stunden vorbereitet, werden sie einen respektieren und vielleicht sogar lieb gewinnen. Ich wünsche allen Praktikanten und zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern viel Erfolg und Ausdauer!