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Zeitung << 2/2003 << Das Studentenleben an der Universität Würzburg


Das Studentenleben an der Universität Würzburg
Eindrücke einer DAAD-Stipendiatin

Autorin: Éva Zsiga

Die Universität Würzburg ist die beliebteste Hochschule in Bayern. Mehr als 20000 Studierende besuchen die Institutionen von WÜ, aber nicht nur aus Deutschland. Zahlreiche Gaststudenten haben die Möglichkeit hier an den verschiedenen Fakultäten zu studieren, die meisten durch das Erasmus-Programm, aber auch mehrere DAAD-Stipendiaten. Als Semesterstipendiatin des DAAD bin ich am 8. Oktober 2003 in meiner künftigen Unistadt gelandet. Ich hätte im vorigen Semester in Szeged nie gedacht, dass ich in dieser historischen Institution Bayerns fünf Monate verbringen könnte.

Universität fürs Wohlfühlen der Studenten und Dozenten
Das war meine erste Feststellung in Würzburg. Die Universität bietet eine riesengroße Auswahl für die Studenten, bei uns in WÜ besonders mit dem Schwerpunkt Literatur und Volkskunde. Die Ältere und Neuere Literatur sind an der Spitze im Angebot. Die Veranstaltungen von Herrn Pfotenhauer oder die Seminare von Herrn Cersowsky zur zeitgenössischen Literatur sind am meisten gefragt. Man kann sogar an Theaterseminaren teilnehmen mit regelmäßigem Theaterbesuch in Frankfurt oder Nürnberg. Wer hat zu Hause die Möglichkeit Brechts Mutter Courage LIVE in einem deutschen Schauspielhaus zu sehen? Die Veranstaltungen sind wirklich spannend, und hier ist es schick Vorlesungen zu besuchen. Für mich war es unglaublich, dass Studenten Woche für Woche sogar auf der Treppe des Hörsaals sitzen. Es kommt öfter vor, dass Hörsäle getauscht werden müssen; es gibt einfach keinen Platz mehr! Das System und das Leben an der Universität sind sehr frei und demokratisch. Es ist interessant zu beobachten, dass man auch in den Seminaren einfach aufstehen und weggehen kann, wenn man etwas „Wichtigeres” zu tun hat, wenn man in die Cafeteria gehen will, oder einen Anruf hat. Es passiert oft, dass die Studenten mit dem Frühstück oder mit dem Morgenkaffee im Seminarraum sitzen und essen. Für die Studenten ist es auch wichtig, die eigene Meinung zu formulieren, und nicht nur an den „offiziellen” Stellen wie in den Lehrveranstaltungen. Sie äußern oft Respekt oder Missfallen etwa in der Verwaltung. Als Dankeschön klopft man auf Tisch am Ende der Vorlesung, wenn es einem gefallen hat.

„Der kleine Muck”
In Würzburg bekommen alle Studierenden eine Plastikkarte schon am Anfang. Diese kleine Karte ist die Multifunktionale-Universitäts-Chipkarte und dient als Geldkarte in der Mensa, als Eintritt in die Uni-Bibliothek, und ist geeignet fürs Kopieren und Drucken. Die Karten können im Foyer der Mensa mit Papiergeld aufgeladen werden. Eine wundervolle Idee, mit der man Zeit und Mühe sich und anderen erspart. „Der kleine Muck“ hat also Erfolg: Es gibt sogar ein Studentencafé in der Innenstadt von Würzburg mit dem gleichen Namen.

Zauberwort DAAD
An der Universität Würzburg oder zumindest am Institut für Germanistik der Uni herrscht noch das gute alte System: Die Voranmeldung auf Liste für verschiedene Veranstaltungen. Für Neuankömmlinge heißt das, dass im Oktober alle Plätze in den Seminaren schon besetzt sind. Die Voranmeldung läuft nämlich immer ab Juli oder August. Als DAAD-Stipendiatin genießt man aber zahlreiche Vorteile. Es reicht dieses „Zauberwörtchen” dem jeweiligen Dozenten zu sagen: „Ich bin DAAD-Stipendiatin” und siehe da: Man bekommt immer einen Platz extra in den beliebigen Seminaren. Aber auch allgemein sind die Dozenten bereit den Studenten weiter zu helfen. Ich habe von mehreren Dozenten gehört: „Wir sind für die Studierenden da“. Es gibt immer eine Lösung, und nicht nur bei „Studiensachen”.

Aller Anfang ist schwer
Obwohl das Leben an der Universität wirklich sehr bequem und angenehm ist, gibt es einige Schwierigkeiten mit dem hiesigen Aufenthalt. Die Studentenheime sind ziemlich weit voneinander und auch besonders weit von der Uni entfernt. Es dauert ca. eine Stunde von zu Hause bis in die Vorlesung. Mann muss den Zeitplan für die Busse erlernen, sonst muss man laufen. Die erste Wochen verbringt man mit offiziellen Angelegenheiten bei den Behörden. Wenn man die einzelnen Institutionen nicht alleine besuchen möchte (Bankkonto eröffnen, Geld abheben und einzahlen, Krankenversicherung abschließen), kann man mit anderen oder mit dem Tutor zusammen die Sachen erledigen. Es gibt für DAAD-Stipendiaten immer eine Einführungswoche, wo man in der jeweiligen Stadt Orientierung bekommt, und mit der Führung eines Tutors die einzelnen Behörden besucht. Erstaunlicherweise gehen diese offiziellen Sachen ganz locker und ohne Probleme. Die Gaststudenten haben die Unterstützung eines Dozenten: In Würzburg ist das Herr Prof. Norbert Richard Wolf. Er hält übrigens sensationelle Vorlesungen in Sprachgeschichte und Dialektologie. Der Hörsaal ist in seiner Vorlesung immer voll, er fragt und kommentiert, während die Studenten eine Menge Spaß haben. Das größte Problem hat aber gar nichts mit den Behörden oder mit der Hektik der Universität zu tun: Das Schlimmste ist das Heimweh, was immer ganz plötzlich und unerwartet kommt, und in dem nächsten Augenblick (ungefähr in 1-2 Tagen) weggeht. Eins kann man dann machen: Freunde suchen und finden. An der Uni Würzburg existieren mehrere Organisationen, die verschiedene Programme für ausländische Studierende organisieren. Es gibt immer eine Fülle von Exkursionen und Besuchen, zu den Sehenswürdigkeiten von Würzburg oder auch in die Nachbarstädte. Der „offizielle” Veranstalter der Uni ist das Akademische Auslandsamt, das mehrmals im Monat Auflüge und weitere Programme anbietet. Der Arbeitskreis Internationales ist eine Organisation von Studenten für Studenten: Wochenendfahrten, Internationale Weihnachten und Kreativer Tag stehen bei ihnen auf dem Programm.

Fortsetzung folgt?
Es kommt die Frage immer häufig vor: Kann man das Stipendium verlängern? Leider ist das bei mir nicht möglich. Aber es gibt noch eine Chance für DAAD-Stipendiaten: einen Aufbaustipendium in Deutschland. Nach dem Diplom im Heimatland kann man sich um dieses Stipendium bewerben, und im Falle einer erfolgreichen Bewerbung bekommt man wieder vier Semester in Deutschland. Dadurch kann man ein zweites Diplom bekommen. Dieses Programm steht also Diplomanden zur Verfügung, und, wie die Sachbearbeiter des DAAD an einem DAAD-Treffen gesagt haben, kann direkt beim DAAD in Bonn beantragt werden.

Tipps für Stipendiaten in Würzburg:
- In der Stadt sind große Entfernungen zwischen den verschiedenen Anlagen, deswegen zeitlich losfahren.
- Es lohnt sich, an den Veranstaltungen des Auslandsamtes und des AKs teilzunehmen. Man kann sich die ganze Gegend sehr günstig ansehen und tolle Menschen kennen lernen.
- Die besten Partys finden in der Leo Weißmantel Straße statt.
- Wenn man reisen will, lohnt es sich, sich mit 4-5 Leuten zusammen ein Wochenend-Ticket oder ein Bayern-Ticket zu besorgen. Für 28 Euro kann man dann zu viert das ganze Schienennetz des Landes 24 Stunden lang benutzen.
- In Deutschland dauert das Semester im Allgemeinen von Mitte Oktober bis Ende Februar. Dann folgen die „Semesterferien”, wo die Studenten die Seminararbeiten anfertigen oder Prüfungen haben. Ungewöhnliches Gefühl: Während die Kommilitonen in Szeged schon am Ende der Prüfungen sind, hat man in Würzburg immer noch die arbeitsvollen Semesterferien.