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Zeitung << 2/2003 << Internet und Literatur
Internet und Literatur
Ein Seminar von Róbert Csõsz
Autoren: Renáta Récsi, Balázs Simkó
August 2003. Kursbelegung an der Universität Szeged. Fach Germanistik. Angebotene Kurse der Philosophischen Fakultät – die Qual der Wahl. Studenten ohne ein konkretes Ziel, interessante Lehrveranstaltungen, umfassende Themen, bekannte Namen, geheimnisvolle Kurstitel. Es ist eine langwierige Arbeit, die Kurse miteinander in Einklang zu bringen. Es gibt mittlerweile viele Veränderungen, aber schließlich ist unser Stundenplan fertig. Vorlesungen gingen, Seminare kamen. Es gab jedoch einen Kurs, der uns von Anfang an in der Liste der belegten Lehrveranstaltungen ohne irgendwelche Unsicherheiten anlächelte. Sein Titel ist so einfach wie hochinteressant: Internet – Literatur. Seminarleiter: Róbert Csõsz.
Wir besuchten dieses Seminar immer mit großer Neugier, und wir waren auch nicht enttäuscht. Wir bekamen, was wir erwarteten oder vielleicht noch mehr. Der Kurs bestand aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Meistens leitete Herr Csõsz das Seminar, aber es gab häufig Einzel- oder Gruppenarbeiten. Das Ziel des Seminars war die literarischen Werke im Internet kennen zu lernen. Im Vordergrund unserer Untersuchungen standen keine abstrakt-theoretischen Thesen, vielmehr praktische Aspekte. Um jedoch Missverständnisse zu vermeiden, mussten wir einige zentrale Definitionen und Termini erlernen. Diesem Zweck diente eine kurze Einführung in die Medienkenntnisse, wobei auch literaturtheoretische Fragen besprochen wurden. In diesen Sitzungen lernten wir die Theorien von Literaturhistorikern und Medientheoretikern kennen. Wir lernten auch, was z.B. Interaktivität, Intermedialität, Inszenierung und Skriptraum sind. Das Hauptziel war, uns mit der Welt der Hyperfiktionen bekannt zu machen. Hyperfiktionen sind Internet-Werke, die für die Leser eine Wahlmöglichkeit zur Fortsetzung der Geschichte eines Werkes anbieten. Der wichtigste Vertreter der Hyperfiktion ist Susanne Berkenheger.
Im zweiten, praktischen Teil des Seminars teilten wir die Werke im Internet in Gruppen, Typen ein, um sie voneinander unterscheiden und verstehen zu können. Diese Werke funktionieren nämlich nicht so, wie die "einfachen" Bücher. Der Faden ihrer Erzählung kann nicht nur linear, sondern auch multilinear, multiple, rhizomatisch sein. In einer der Sitzungen schauten wir uns zunächst literarische Websites im PC-Raum an, dann untersuchten wir konkrete Werke, z.B. das Mitschreibprojekt Beim Bäcker und die Hyperfiktion Zeit für die Bombe (vgl. unseren Rahmentext). Die Stimmung war im Seminar sehr gut, was die charakteristische Figur von Herrn Csõsz noch verstärkte. Auch deshalb können wir dieses Seminar allen, die sich für die Literatur im Internet interessieren, empfehlen.
Das Mitschreibprojekt Beim Bäcker und die Hyperfiktion Zeit für die Bombe
Das erste Werk hat einen linearen, das zweite einen multiplen Aufbau. Die Linearität bedeutet hier überhaupt nicht das, wie bei den gedruckten Büchern. In diesem Fall ist das Werk das Ergebnis mehrerer Verfasser. Die Autoren setzen sich mit dem Ablauf der Geschichte auseinander, in der sie je eine Figur darstellen. Zum Beispiel verkörpert der erste Verfasser im Werk eine junge, hübsche Frau, die aus dem Geschäft heraustritt und einen zerrissen verkleideten, schmutzigen Mann erblickt, der die Straße kehrt. Sie ist entsetzt und steigt in ein Taxi ein. Der zweite Verfasser versteckt sich in die Rolle des Mannes, der ein arbeitsloser Akademiker ist. Wenn er die Frau sieht, schämt er sich, jedoch kann er anderswie nicht zu Geld kommen. Und so bekommen die Figuren Rollen im Roman und so entsteht eine Diskussion, sogar ein Kampf unter den Verfassern. Alles geht so weiter, bis eine komplexe Geschichte entsteht. Der multilineare Aufbau bedeutet, dass es eine Geschichte gibt, die in verschiedene Textteile geteilt ist. Es gibt weitere Möglichkeiten, wobei sich der Leser entscheidet, in welche Richtung er die Geschichte weiterschreiben möchte. Veronica tritt z.B. in der Hyperfiktion Zeit für die Bombe mit einer Bombe in der Tasche aus dem Zug heraus. Der Leser kann wählen: 1. Veronica steigt in ein Taxi ein; 2. Veronica geht zu Fuß los. Das "Ziel" ist, dass die Bombe nicht explodiert.
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