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Zeitung << 2/2003 << Germanistikstudium an der Universität Szeged


Germanistikstudium an der Universität Szeged – Erwartungen und Erfahrungen
Gespräch mit zwei Studentinnen

Autorin: Orsolya Birta

Wie finden die Germanistikstudenten das Studium an unserer Uni? Sind sie damit zufrieden, oder sind sie der Meinung, dass irgendetwas verändert werden sollte? Welche Vorstellungen haben sie angesichts ihrer Zukunft? Was kann man mit einem Diplom in der Hand machen? Diese Fragen gehen uns Germanistikstudenten nahe. Meine Fragen habe ich einer Studentin aus dem zweiten Studienjahr, Boglárka Rácz (links) und einer aus dem fünften, Szilvia Drahó (rechts) gestellt. Diese Wahl war nicht zufällig. Die eine Befragte ist schon fast am Ende ihres Studiums, sie ist wohl erfahrener, während die andere noch ziemlich am Anfang ihres Studiums ist.

Warum habt ihr euch eben für diese Stadt und für dieses Fach entschieden?
Boglárka: Ich habe viele Bekannte, die in dieser Stadt studieren, Sie haben mir wärmstens empfohlen in Szeged zu studieren. Bei der Wahl des Faches hat mich niemand beeinflusst. Ich habe es gewählt, weil ich im Gymnasium in einer Klasse mit erweitertem Deutschunterricht gelernt habe. Die deutsche Sprache stand mir immer nahe. Außerdem habe ich als Gymnasiastin an einem Wettbewerb, am sog. OKTV (Országos Középiskolai Tanulmányi Verseny) teilgenommen. Es war also eindeutig, dass ich mich mit Fremdsprachen beschäftigen will.
Szilvia: Die Szegediner Uni hat einen sehr guten Ruf weit und breit im Lande. Das war also ein triftiger Grund dafür, dass ich diese Uni gewählt habe. Außerdem liegt die Stadt meinem Heimatort ziemlich nahe. Ich habe ein zweisprachiges Gymnasium besucht, daher hatte ich gute Sprachkenntnisse. Der Weg zum Germanistikstudium war sozusagen selbstverständlich.

Wie findet ihr das Fach Germanistik? Was würdet ihr Positives erwähnen?
Boglárka: Ich glaube, es ist ganz toll, dass alle StudentInnen sozusagen „gezwungen“ sind und auch die Möglichkeit bekommen, im ersten Studienjahr alle solche Seminare zu absolvieren, von denen man auch in der Grundprüfung Gebrauch machen kann. Diese sind nicht überflüssig. Im Gegenteil, sie sind sehr nützlich.
Szilvia: Ich denke, mit den Professoren kann man völlig zufrieden sein. Die Liste ist einwandfrei. Es war für mich immer ein Wunder, dass ich Seminare und Vorlesungen solcher ProfessorInnen besuchen kann, die im ganzen Land anerkannt sind, und deren Büchern ich im Buchhandel begegnen kann.

Was würdet ihr ändern?
Boglárka: Ich persönlich bevorzuge Linguistik vor Literatur. Daher würde ich mich freuen, wenn ich nicht so viele literarische Kurse absolvieren müsste. Auch denjenigen, die sich für Literatur interessieren, muss es zur Last fallen, fast so viele linguistische Kurse zu besuchen wie literarische. Ich würde also den Studenten mehr Möglichkeiten geben, sich mit von ihnen gewählten Themen zu beschäftigen.
Szilvia: Schade, dass der Lehrstuhl für deutsche Literatur keine solchen Kurse anbietet, die die Studenten richtig auf die Zwischenprüfung vorbereiten. Ich würde das auf jeden Fall ändern.

Inwieweit haben sich eure Sprachkenntnisse verbessert oder eventuell verschlechtert im Laufe eures Studiums?
Boglárka: Als ich hierher kam, standen meine Sprachkenntnisse zwischen Mittel- und Oberstufe. Ich würde nicht sagen, dass ich hier gelernt habe, wie man wirklich gut Deutsch spricht, obwohl ich es erwartet habe. Bloß in der Sprachübung besteht die Möglichkeit dazu, aber es ist auch ziemlich beschränkt. Ich bin vielen Wörtern und Ausdrücken begegnet, die eher spezifisch sind, also Wörtern aus dem literarischen und linguistischen Gebiet. Aber das gehört natürlich auch zum Germanistikstudium.
Szilvia: Ich habe ganz am Anfang bemerkt, dass hier der Wert nicht auf die Verbesserung der Sprachkenntnisse gelegt wird. Was hier gelehrt wird, ist eher wissenschaftlich. Es wäre nützlich, wenn die StudentInnen mehr mündliche Prüfungen hätten. So wären sie gezwungen, auf Deutsch zu sprechen. Ich weiß aber, dass es wegen der großen Zahl der Studenten nicht leicht ermöglicht werden kann.

Welche Erinnerungen habt ihr an die Grundprüfung?
Boglárka: Es war schockierend, wie viele StudentInnen in der ersten Runde durchgefallen waren. Da bemerkte man, wozu es führen kann, wenn man nicht regelmäßig lernt. Viele aber, von denen ich weiß, dass sie tüchtig gelernt hatten, konnten auch nicht alle Teile der Grundprüfung bestehen. Man braucht natürlich auch Glück, wie immer. Momentan freue ich mich, dass ich es hinter mir habe. Das zweite Studienjahr finde ich viel einfacher.
Szilvia: Als ich die Grundprüfung bestand, war sie vielleicht schwieriger als heute. Auch damals fielen sehr viele StudentInnen durch. Dann gab es noch Seminare zum Hörverstehen. Das fand ich sehr nützlich. Als Studentin im fünften Studienjahr kann ich sagen, dass es später auch noch schwierigere Prüfungen gibt als die GP.

Was würdet ihr denjenigen empfehlen, die jetzt im ersten Studienjahr sind?
Boglárka: Seid fleißig, lernt viel und regelmäßig, sonst werdet ihr direkt vor der Grundprüfung Probleme haben. Außerdem genießt, dass ihr Studenten seid und geht auf Partys!
Szilvia: Ihr solltet Kontakte mit StudentInnen aus den höheren Jahrgängen aufnehmen, um über alles im Klaren zu sein. Es wäre übrigens keine schlechte Idee, Germanistenpartys zu diesem Zweck zu organisieren.

Würdet ihr einem die Stadt Szeged und das Fach Germanistik empfehlen? Für wen lohnt es sich, hier Germanistik zu studieren?
Boglárka: Szeged würde ich auf jeden Fall jedem empfehlen. Jeder weiß, dass die Studienjahre nicht nur Studieren bedeuten, sondern auch Unterhaltung, Partys und Beziehungen. Szeged bietet das alles. Das Fach Germanistik schlage ich in erster Linie denjenigen vor, die schon gut Deutsch können. Wer nur die Sprache erlernen will, sollten lieber einen anderen Weg wählen. Denjenigen aber, die über einen reichen Wortschatz und gute grammatische Kenntnisse verfügen und noch dazu Lust haben, auf Deutsch u.a. Linguistik oder Literatur zu studieren, würde ich das Germanistikstudium sehr empfehlen.
Szilvia: Die Stadt ist toll, nicht zu groß, aber groß genug für alle, die hierher kommen. In Szeged werden alle Erwartungen erfüllt. Das Fach Germanistik empfehle ich nur den entschlossenen Deutschlernern. Hier wird man weniger lernen, wie man deutsch spricht. Es ist eine Bedingung und nicht das Ziel des Germanistikstudiums.

Was wollt ihr machen, wenn ihr das Diplom in der Hand habt?
Boglárka: Am liebsten würde ich eine Stufe höher treten und ein PhD-Studium beginnen. Linguistik interessiert mich am meisten, das ist die Richtung, mit der ich mich später beschäftigen möchte. Lehrerin in einem Gymnasium zu sein, kann ich mir momentan nicht vorstellen. Ich habe auch einen anderen Plan, falls meine Träume bezüglich PhD nicht in Erfüllung gehen: Ich würde gerne als Dolmetscherin arbeiten.
Szilvia: Mit diesem Diplom in der Hand will ich mit dem Studium auf keinen Fall Schluss machen. Ich möchte an Kursen teilnehmen, in denen ich auch meine Deutschkenntnisse nutzen kann. Dolmetscherin oder Fremdenführerin zu sein, interessiert mich. Ich schließe nicht aus, Lehrerin zu werden. Lehrerin an einem zweisprachigen Gymnasium zu sein, reizt mich besonders . Da lehrt man nicht nur grammatische Regeln, sondern auch etwas Spezifisches wie Literatur oder Geschichte.

Wisst ihr, worüber ihr eure Diplomarbeit schreiben werdet?
Boglárka: Ich interessiere mich für Linguistik, deshalb bin ich mir ganz sicher, dass ich auch bei der Diplomarbeit diese Richtung wähle.
Szilvia: Da ich Linguistik immer für objektiver als Literatur hielt, ist es kein Wunder, dass ich ein linguistisches Thema wählte. Mein Thema hat mit den Entlehnungen aus anderen Sprachen zu tun: Anglizismen in der deutschen Sprache.

Haltet ihr es für gut, dass GermanistikstudentInnen die Möglichkeit haben, als StipendiatInnen im Ausland zu studieren?
Boglárka: Auf jeden Fall. Ich selbst bewerbe mich eben in diesem Semester um ein Auslandsstipendium. Mein Interessenkreis richtet sich auf Soziolinguistik und die Grammatik der gesprochenen Sprache.
Szilvia: Es hat sich so ergeben, dass ich während meines Studiums nicht ins Ausland konnte. Aber ich halte es für eine gute Idee. Jeder sollte es einmal probieren.