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Zeitung << 2/2003 << Besuch im Goethe-Institut in Budapest


Besuch im Goethe-Institut in Budapest
Autorin: Györgyi Turóczi

Am 1.-2. Dezember 2003 haben einige GeMa-Journalisten an einer Studienreise nach Budapest teilgenommen und haben unter anderem auch das Goethe-Institut besucht. Uns hat die Direktorin des Instituts, Dr. Brigitte Kaiser-Derenthal erwartet, die eine sehr nette und intelligente Frau ist. Sie hat über sich selbst und auch über das Institut gesprochen, aber wir haben ihr auch einige Fragen gestellt.

Das Goethe-Institut in Budapest gibt es seit 1988. Im Institut arbeiten dreißig feste und viele freie Mitarbeiter. Das Goethe Institut hat im Sprachbereich sehr wichtige Aufgaben. Nicht nur in der Sprachvermittlung, sondern auch in der Fortbildung. Es gibt pro Jahr ca. 100 Veranstaltungen, wo auch Multiplikatoren fortgebildet werden. Es ist sehr wichtig, die Lehrer fortzubilden, da ein guter Lehrer das Interesse sehr vieler Studenten oder Schüler weckt. Das Institut möchte Lust auf Deutsch machen, wie uns Frau Dr. Kaiser-Derenthal mitteilte. Die deutsche Sprache wird ja in Deutschland, Österreich und einem Teil der Schweiz gesprochen. Und diese Länder sind wichtige Partner für Ungarn. Englisch zu sprechen ist selbstverständlich, es ist sehr wichtig, aber eine Fremdsprache ist heutzutage nicht genug. Man sollte insgesamt, also mit seiner Muttersprache, drei, wenn es geht, vier Fremdsprachen beherrschen, meint Frau Kaiser-Derenthal. Wir sind jetzt alle in einem europäischen Jahrhundert geboren und das Wichtigste ist auch die Sprache der anderen zu sprechen.
Im Goethe-Institut befinden sich mehrere Abteilungen wie die Sprachabteilung, die Bibliothek- und die Programmabteilung. In der Sprachabteilung fängt der Unterricht nicht mit der Grundstufe an. Das Goethe-Institut arbeitet mit dem Österreichischen Kulturinstitut zusammen, wo Anfänger unterrichtet werden. Das Goethe-Institut beginnt bei der Mittelstufe und hat 1200 eingeschriebene Lerner pro Jahr. Man kann hier alle akkreditierten Prüfungen ablegen, auch wenn man keinen Kurs besucht hat. Seit 2001 ist die Zahl der Prüfungsteilnehmer von 1000 auf 5000 gestiegen. Man kann die Prüfungen aber nicht nur in Budapest ablegen. Es gibt Lizenznehmer, die in Begleitung des Goethe-Instituts prüfen können. Ein ganz wichtiger Zweig im Bereich der Sprache ist die pädagogische Verbindungsarbeit. Wir haben im Goethe-Institut auch drei Mitarbeiterinnen getroffen, eine aus Russland und zwei aus Ungarn, die mit einem Projekt zum Beispiel bis nach China fahren. Für die Deutschlehrer ist es vorteilhaft, dass sie neue Unterrichtsformen kennen lernen und den ganzen Unterricht interaktiv gestalten, wobei das Goethe Institut auch viel helfen kann. Im Goethe-Institut verkehren bis zu 3000 Lehrer pro Jahr.
Das Institut hat auch eine Lese- und Ausleihbibliothek mit ungefähr 12000 Bänden. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich das Café Eckermann, in dem man auch verschiedene deutschsprachige Zeitungen lesen kann. Im Café gibt es mehrere Computer mit Internetzugang, wo man den ganzen Tag kostenlos surfen kann, auch am Samstag. Viele Studenten kommen hierher. Sie fühlen sich hier nicht wie in den übrigen Internetcafés oder an der Uni, wo man oft Schlange stehen muss.
Das Goethe-Institut organisiert viele Kulturprogramme: Theater, Tanz, Film, Musik und Ausstellungen. Für den Kulturaustausch, die Sprach- und die Kulturvermittlung wurde das Goethe-Institut mit dem Kulturpreis der Stadt Budapest ausgezeichnet.

Frau Kaiser-Derenthal, warum haben Sie sich entschieden, nach Ungarn zu kommen? Warum eben Ungarn?
Das ist eine sehr gute Frage, die ich nur persönlich beantworten kann. Ich war in China und Frankreich. Ich hatte einmal von Frankreich aus nach Budapest einen Besuch gemacht, mit meinem Mann zusammen. Er hat im Bundeskanzleramt gearbeitet, als wissenschaftlicher Berater des Bundeskanzlers seit Willy Brandt. Er hatte den Kanzler in den Währungsfragen beraten, und er wurde auch eingeladen die ungarische Regierung zu beraten. Er hat auch mich mitgenommen. Ich bin hier angekommen und habe mich so willkommen gefühlt, wie ich mich in Frankreich noch nie gefühlt habe. Ich hatte da nie das Gefühl, wie hier in Ungarn. Wir arbeiten aber auch jetzt mit Franzosen zusammen. Sie sind selbstbewusst zu ihrer Kultur. Durch den Frankreichaufenthalt hatte ich den Vergleich zu Frankreich. Paris hat mich ganz natürlich gefangen genommen, aber ich hatte das Gefühl bei Ungarn, hier möchte ich einmal arbeiten. Und das ist mir gelungen.

Gibt es Unterschiede bei Ihren bisherigen Arbeitsplätzen?
Was mich fast am meisten neben meinem jetzigen Gastland fasziniert, war Deutschland. Es gibt 15-16 Goethe-Institute in Deutschland und da kommen sie sich ganz seltsam vor. Die Leute kommen von weit her, möchten Deutsch lernen und über die Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur eine große Chance haben. Jeder neue Anfang ist eine große Chance, die wir Menschen im Leben haben können. Wenn wir unsere Sachen gut machen, dann kehren wir als Germanisten, Hochschulprofessoren, Wirtschaftsminister oder als Personen, die auch immer Preise, Stipendien haben, in ein Land zurück. Diese Chance hat mir wunderbar gefallen, dadurch wollte ich auch Leiterin sein, zum Beispiel in Bonn. Als Leiterin in Bonn hatte ich Kontakte zu den ausländischen Vertretungen, und da habe ich Ungarn ganz gern kennen gelernt, in ihren Botschaftern und Botschafterinnen und in ihrem Botschaftsgebäude. Die Botschafter, die ich kennen gelernt habe, haben die Sache ganze ausgezeichnet gemacht, haben mich neugierig gemacht und haben Fenster in ihr Land aufgeschlossen. Denn Ungarn ist kein Nachbarland, die Sprache ist fremd, und die Deutschen schauen nach Westen. Dieser neue Blick hat mich fasziniert. Der Blick nach Osten und auch sogar der Blick in unseren Osten.

Haben Sie hier mehr Arbeit als an Ihren bisherigen Arbeitsplätzen?
Wir haben natürlich viele Aufgaben, auch protokollarischer Art, auch besonders an Wochenenden. Aber das ist schön. Andere haben eine Arbeit, die sie frustrieren.

Wir bekommen sehr selten Nachrichten von der Tätigkeit des Goethe-Instituts, und wir können auch sehr wenig von den Veranstaltungen, die Sie hier organisieren, hören. Einige glauben, dass die Veranstaltungen zu teuer sind, und haben keine Lust Geld dafür auszugeben. Aber das Interesse ist sehr groß. Viele möchten an diesen Veranstaltungen teilnehmen, und sie warten auf die Informationen.
Die Veranstaltungen im Goethe-Institut kosten null Forint. Es gibt keine Eintrittspreise. Alles ist frei. Wir tun aber alles, um in die Regionen zu gehen. Zum Beispiel machen wir viermal im Jahr eine Veranstaltung für eine andere Stadt, einen Film. Wir versuchen wirklich in die Regionen zu gehen, auch mit den Autorenlesungen. Wenn wir eine junge Autorin einladen, dann schicken wir sie auch in die Regionen. Ich bin sehr froh, dass Sie mir sagen, dass Sie darauf warten. Alle Programme sind im Internet, vielleicht sind sie nur für die Benutzer neuer Leseformen. Natürlich können wir nicht an zehn Millionen so ein Programm verschicken, man will es auch nicht. Der Interesse hat, kann sich informieren. Wir haben ein Netzwerk geschaffen. In Kaposvár haben wir ein Kindertheater, in Gyõr ein „Tanz zu Hause“. In Debrecen gibt es viele Veranstaltungen, viele auch in Pécs. Hier in Budapest arbeitet Herr Felix Bubenheimer, Leiter des DAAD-Informationszentrums. Eine solche Person ist schon wie eine Insel im Netzwerk. Wir betreuen die Multiplikatoren, die Lektoren. Eine Bosch-Lektorin hat z.B. gewünscht, dass wir ihr unsere Vorschau für 2004 per E-Mail zuschicken. Sie können dann sehen: Aha, da ist eine prächtige Ausstellung, da ist eine Autorenlesung und das interessiert uns. Wenn man uns anschreibt, tue ich alles, dass man auch in eine andere Stadt gehen kann.

Haben Sie einen Vorschlag, was wir Studenten nach dem EU-Beitritt machen sollen?
Sie sind ein kleines Atomkraftwerk! Sie können einfach sagen: Schau einmal, mich macht das interessant. Oder Sie fragen: Wo kann ich besser werden? Wir können Ihnen dann helfen. Aber lernen müssen Sie selbst. Wenn ich einen guten Film sehe, werde ich alles tun, meine Freunde zu motivieren, diesen Film zu sehen. Aber das Goethe-Institut hat ihn ihnen schon gezeigt, um Sie darauf aufmerksam zu machen. Man kann unsere Bibliothekare befragen, die helfen. Man kann telefonieren, man kann e-mailen: „Wo kann ich besser werden?“

Dankeschön für das Interview. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Gesundheit!
Die Gesundheit ist ganz, ganz wichtig. Ich bedanke mich für diesen Wunsch deshalb auch sehr, und ich bedanke mich für Ihr Interesse. Ich finde es großartig, dass Sie diese Reise hierher gemacht haben.

Dr. Brigitte Kaiser-Derenthal ist Leiterin des Goethe-Instituts in Budapest und hat Anglistik, Romanistik, Philosophie und Psychologie studiert. Sie hat in Paris mit einem französischen Promotionsstipendium in vergleichender Literaturwissenschaft promoviert. Nach der DaF-Ausbildung hat sie in Göttingen, München, Bonn und zwischendurch in einer Kleinstadt am Rhein unterrichtet. Sie hat im Goethe-Institut in Paris und in Peking gearbeitet. Seit 2001 lebt sie in Budapest.