Startseite | Impressum | Zeitung | Beiheft | Archiv nach Autoren | Archiv nach Rubriken








Zeitung << 2/2003 << Die Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität Budapest


Die Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität Budapest
„Fitt für Europa”

Autorin: Tünde Mészáros

Am 2. Dezember 2003 hat die Journalistengruppe des GeMa die Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität in Budapest besucht. Dr. Stefan Okruch, der Dekan der Fakultät für Internationale Beziehungen, hat uns die Universität vorgestellt. Nach dem Gespräch hat uns die Pressereferentin, Erika Józsa das Gebäude, das Festetics Palais gezeigt.

Gespräch mit Dr. Stefan Okruch

Wie ist die Universität entstanden?
Die Andrássy Universität wird sowohl von der Bundesrepublik und von einigen Bundesländern als auch von der Republik Österreich und von Ungarn selbst finanziert. Es gab die berühmte Ulmer Erklärung 2001, mit der innerhalb dieser regionalen Donaukooperation beschlossen wurde, eine deutschsprachige Universität in Budapest zu gründen. Daran waren die Bundesländer Baden-Württenberg, Bayern, die Republik Österreich und die Republik Ungarn beteiligt. Nach gut einem Jahr wurde dann dieser Gedanke auch tatsächlich realisiert, und im September 2002 haben wir mit dem Studium angefangen. Wir sind jetzt also im zweiten Studienjahr und bilden Absolventen aller Fakultäten mit Aufbaustudiengängen aus. Wir haben drei Fakultäten: Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften, Fakultät für Mitteleuropäische Studien, Fakultät für Internationale Beziehungen. Unser Motto ist “Fit für Europa“. Wir machen die Studenten fit für Europa. Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte, einerseits die Idee Westeuropäer an diesen Raum heranzuführen. In Deutschland kennt man alles, was eben östlich von der früheren deutschen Grenze war, nicht. Das nimmt man nicht als Europa wahr. Aber Europa ist auch hier! Ein anderes Ziel ist, Kenntnisse zu vermitteln in Recht, Wirtschaftspolitik usw.

Woher kommen die Studenten?
Ein Drittel der Studenten kommen aus den deutschsprachigen Ländern, also aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, ein Drittel aus Ungarn, und dann ein Drittel aus den Nachbarnländern von Ungarn. Gerade das letzte Drittel ist ein Problem, weil es für Studenten aus Rumänien, aus Moldawien, aus der Ukraine schwierig ist, die Studiengebühren zu bezahlen (das sind 500 Euro im Semester), und Budapest ist natürlich von der Lebenshaltung her gesehen relativ teuer. Eben deshalb haben wir zwei neue eigene Stipendien von deutschen Stiftungen eingebaut. Zurzeit haben wir 140 Studenten. Das ist schon ziemlich viel. Diese Uni bleibt immer klein. Viel größer können wir auch wegen der Räumlichkeiten nicht werden, weil dieses Palais eigentlich relativ klein ist.

Warum haben Sie sich entschieden, an einer Universität hier in Ungarn zu arbeiten?
Ich komme aus Bayern, wo gerade eine Professur ausgeschrieben wurde, und man konnte sich bewerben. Ich habe einen verwaltungswissenschaftlichen Studiengang in Cositu, eine Fakultät in Ostdeutschland mitaufgebaut und eine Marktplangruppe in Bonn von Anfang an aufgebaut. Ich habe mich also qualifiziert und habe keine Berührungsängste gegenüber Mitteleuropa, Osteuropa. Dann wurde ich berufen. Ich habe nicht lange nachgedacht. Man kann nicht jeden Tag eine Universität mitaufbauen. Und das macht mir Spaß.

Welchen Kriterien muss man entsprechen, wenn man hier studieren möchte?
Wenn Sie vergleichende Staats- und Rechtswissenschaft studieren wollen, dann müssen Sie Juristin sein. Die anderen Studiengänge sind offen für Absolventen aller Fakultäten. Sie sind interdisziplinäre Studiengänge und auch die Hörerschaft ist interdisziplinär gemischt. Auch Germanisten können Internationale Beziehung Wirtschaft, Internationale Beziehung Diplomatie oder Mitteleuropäische Studien studieren. Das ist natürlich nicht ganz einfach, auch die Didaktik müssen wir anpassen. Wir haben ein relativ straffes Programm, das eben sofort anfängt mit Ausarbeiten von Papieren, Halten von Referaten, Schreiben von Seminararbeiten. Man muss sehr gut Deutsch sprechen.

Haben diejenigen Studenten, die das Studium absolviert haben, bessere Chancen eine Arbeit zu finden?
Zu jedem Studium gehört ein Pflichtpraktikum, und die Universität stellt aktiv Praktikumplätze bereit. Wir schauen selbst, dass wir Praktikumplätze erwerben. Als private Universität sind wir natürlich auch angewiesen, dass wir Sponsoren haben. Nach dem zweiten Semester müssen die Studenten das Praktikum machen. Nach dem dritten Semester sollen sie eine Magisterarbeit schreiben und dann ist das Studium schon zu Ende.

Wir bedanken uns bei Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit!


Das Gebäude der Universität – das Festetics Palais

Die Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität Budapest befindet sich im wunderschönen Festetics-Palais. Das Gebäude wurde zwischen 1862 und 1865 von Miklós Ybl gebaut. Hier waren wichtige und vertrauliche Verhandlungen über den Ausgleich im Gange. Dieses Gebiet von Budapest war nach dem Ausgleich ein wichtiges Zentrum des öffentlichen Lebens. Hinter dem Nationalmuseum stand auch das ehemalige Abgeordnetenhaus. Das Palais ist seit 1933 (in diesem Jahr starb Tasziló Festetics) Eigentum des Staates, aber erst jetzt, von 2001 bis 2003, wurde es renoviert. Im neu gebauten Dachboden wird unterrichtet, die schönsten Räume dienen nur repräsentativen Zwecken. Ein solcher Raum ist das Marmorzimmer, dessen Besonderheit es ist, dass die Wände mit Kunstmarmor bedeckt sind. Dieser Stoff war damals sehr modisch und kostete mehr Geld als der echte Marmor. Die Luster wurden bei der Renovierung bei der ursprünglichen Firma Bohémia bestellt. Die Familie Festetics hat diesen Saal für Stehempfänge benutzt. Die Wände und die Decke des größten Saales werden von wunderschönen Stuckes geschmückt, deren Renovierung sehr viel Zeit brauchte. Hier wird die Jahreseröffnungsfeier veranstaltet, manchmal auch Gastvorträge und Konferenzen. In dem ehemaligen Musikzimmer, das heute als Verhandlungssaal benutzt wird, kann man schöne Gemälde über den Türen sehen. Diese Supraports sind die Werke von Friedrich Schnitt. Zwei solche Gemälde sind auch im Lektorenzimmer. Im Flügel, dessen Räume in Richtung Nationalmuseum liegen, waren die Säle für repräsentative Veranstaltungen. Der Flügel in der Bródy Sándor Straße war der Teil des Privatlebens, hier befanden sich die Schlafzimmer und die Kinderzimmer. Im rückwärtigen Flügel wohnte das Personal, im Stockwerk gab es auch einige Gastzimmer. An der Stelle des ehemaligen Stalles befindet sich heute eine moderne Fachbibliothek.

Internet: www.andrassyuni.hu