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Zeitung << 2/2003 << Interview mit einem österreichischen Fußball-Fan


„Eines meiner ersten Weihnachtsgeschenke war ein Fußball“
Interview mit einem österreichischen Fußball-Fan

Autor: Balázs Simkó

In der von Fan-Skandalen wiederhallenden, kümmerlichen Lage des heutigen ungarischen Fußballs können wir den österreichischen Fußball als Vorbild betrachten. Österreich kann zwar auch nicht über die Qualität seines Fußballs froh sein, es ist genug an das katastrophale Spiel der Nationalmannschaft zu denken, aber das den Fußball umgebenes Milieu kann beispielhaft sein. Im Folgenden spreche ich mit einem österreichischen Fußballfan, Rene Lambert aus Wien darüber, wie er über den Fußball seiner Heimat denkt, und warum er eben Fußball als seine wichtigste Freizeitbeschäftigung gewählt hat.

Seit wann interessierst du dich für Fußball?
Ich interessiere mich für Fußball seit meiner frühesten Jugend. Mein Vater hat mit mir schon über Fußball gesprochen, als ich noch ein Baby war. Eines meiner ersten Weihnachtsgeschenke, die ich bekam, war natürlich ein Fußball. Ich habe damit sehr oft gespielt und viel Spaß dabei gehabt. Dadurch wurde mein Interesse am Fußball richtig geweckt.

Warum ist Rapid Wien deine Lieblingsmannschaft?
Das geht auch auf meinen Vater zurück. Er ist ebenfalls Rapid-Anhänger und war in seiner Jugend sehr oft im Stadion. Er hat mich dann zu den Rapid-Spielen mitgenommen, und somit war ich auch schon im Kreis der Rapid-Familie aufgenommen.

Gehörst du zu einer organisierten Fan-Sektion?
Ja. Unser Fanklub heißt „Sempre In Olio“. Er besteht seit sieben Jahren und hat zur Zeit siebzehn Mitglieder. Das ist im Vergleich zu anderen Fanklubs nicht so viel, aber wir kennen uns alle untereinander, und daher ist es eigentlich ein Zusammenschluss von Freunden. Wir wollen unseren Fanklub auch in einer familiären Atmosphäre halten und sind nicht darauf aus, so viele Mitglieder wie möglich zu haben. Wir sind immer im West-Sektor des Hanappi Stadions, dass ist der Fansektor von Rapid. Wir versuchen bei den Spielen auch optisch präsent zu sein. Wir haben drei Transparente, mehrere Doppelhalter und eine große Fahne. Wir organisieren auch hin und wieder Busfahrten zu Auswärtsspielen.

Wie oft gehst du zu den Spielen?
Ich habe ein Abonnement und sehe daher jedes Heimspiel. Ich fahre aber auch zu einigen Auswärtsspielen. Wenn ich es zusammenzähle, komme ich auf ca. 26 Meisterschaftsspiele, die ich live im Stadion erlebe. Dazu kommen dann noch diverse Cup- bzw. Europacupspiele, wenn wir in diesen Bewerben vertreten sind. Zum Beispiel war ich vor ein paar Jahren in Paris, als Rapid gegen Paris St. Germain gespielt hat. Ich war auch beim Europacupfinale 1996 in Brüssel, ebenfalls gegen Paris St. Germain. Leider haben wir damals mit 0:1 verloren. Ich sehe mir aber auch Meisterschaftsspiele in anderen Ländern an. Vor allem in Italien und England. Meistens suche ich mir mit ein paar Freunden eine Runde mit guten Spielen aus, und dann fahren wir für ein Wochenende nach Italien bzw. fliegen nach England und sehen uns einige Spiele an. Ich habe mir aber auch schon ein paar Spiele in Ungarn angesehen. Vor allem waren es Spiele von Ferencváros, die ich gesehen habe. Aber ich war auch bei MTK, Újpest, Vasas und BKV Elõre.

Was denkst du über den österreichischen Fußball, die Nationalmannschaft und die Qualifikationsspiele zu den Europa-Meisterschaften?
Wir sind ein kleines Land, und dadurch kann man unsere Liga nicht mit den großen Ligen wie Deutschland oder Italien vergleichen. Ich denke, dass unsere Liga ein annehmbares Niveau hat. Hin und wieder können österreichische Mannschaften im Europacup für eine Überraschung sorgen, aber leider bleibt das die Ausnahme. Ich würde mir wünschen, dass Rapid z.B. im UEFA-Cup regelmäßig zumindest in die dritte Runde kommt. So eine konstant gute Leistung in einem internationalen Bewerb wäre für das Image der Liga sicher sehr gut. Sturm Graz hat in der Champions League zwei Jahre lang sehr gut gespielt. Danach sind sie dann aber schon in der Qualifikation gescheitert. Dadurch war der erarbeitete Ruhm auch gleich wieder weg. Unsere Nationalmannschaft ist mit unserer Liga vergleichbar. Hin und wieder gibt es recht gute Spiele, aber wirklich erfolgreich sind wir nicht. Wir haben jetzt aber einige junge talentierte Spieler, die sehr gute Spieler werden können. Somit sehe ich der Zukunft positiv entgegen. Vor allem, wenn man sich die Ergebnisse unserer Nachwuchs-Teams ansieht. Unsere Unter 17- und Unter 19-Nationalmannschaften erreichten bei der Europameisterschaft jeweils den dritten Platz. Auch hier ist also Potential vorhanden. Ganz wichtig wird es für uns sein, eine gute Mannschaft 2008 zu haben. Dann findet nämlich die Europameisterschaft bei uns in Österreich statt. Es wird im Nachwuchs auch schon auf diesen Termin hingearbeitet. Es gibt einige Projekte, die den Nachwuchs verstärkt fördern, damit wir bei der Heim-Europameisterschaft eine starke Mannschaft haben. Natürlich wäre es super, wenn wir uns davor für die Weltmeisterschaft in Deutschland qualifizieren würden. Es wäre für die jungen Spieler eine gute Möglichkeit Erfahrung zu sammeln, um eben 2008 in Österreich erfolgreich zu sein.

Was denkst du über die Gewalt auf der Tribüne?
Gewalt ist natürlich zu verurteilen. Es gibt nach wie vor Leute, die eigentlich gar nicht wegen des Fußballs ins Stadion kommen, sondern einfach um Schlägereien anzufangen. Es ist klar, dass Schiedsrichterentscheidungen oder Leistungen der eigenen Mannschaft sehr ärgerlich sind und die Emotionen daher auch hochgehen. Aber es sollte nicht so weit kommen, dass sich die Fans zu prügeln anfangen.

Welche sind Deine Lieblingsmannschaften im Ausland?
Meine Lieblingsmannschaften im Ausland sind in Italien AS Roma, in England Millwall und Newcastle und in Ungarn Ferencváros.

Spielst du auch selbst Fußball?
Ja, ich spiele selbst in einem Verein. Der Verein heißt Red-Star Penzing und spielt in der Wiener Oberliga A, das ist die fünfte Liga in Österreich. Begonnen habe ich mit dem vereinsmäßigen Fußball spielen mit sieben Jahren. Damals habe ich im Nachwuchs von Rapid gespielt. Später bin ich dann zu Red-Star gewechselt und habe dort alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen. Danach habe ich bei verschiedenen Vereinen in der Kampfmannschaft gespielt, davon auch zwei Jahre in der vierten österreichischen Liga u.a. beim Wiener Sportclub, der zweimal österreichischer Meister geworden ist.

Hast du neue Bekanntschaften im In- und Ausland durch den Fußball?
Durch den Fußball selbst habe ich eigentlich keine neuen Bekanntschaften gemacht. Ich habe bis jetzt keinen meiner Freunde im Stadion das erste Mal gesehen. Aber wenn man im Ausland ist, dann kommt man mit den Leuten sehr leicht ins Gespräch, wenn man über Fußball spricht. Die erste Frage ist natürlich immer, welchen Verein man unterstützt. Durch diese Gespräche sind dann auch schon Freundschaften entstanden.

Danke für das Gespräch, Rene.

Internet: www.sio96.at.tf