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Zeitung << 2/2002 << Deutsche Berufe lernen in Ungarn


Deutsche Berufe lernen in Ungarn
Das Deutsch-Ungarische Bildungszentrum in Budapest

Autor: Andor Hajdú

Die meisten GermanistikstudentInnen denken wahrscheinlich, dass eine Berufsausbildung für sie nutzlos wäre. Man wird ja sein Diplom, wenn alles gut klappt, in der Hand haben und damit eine gute Stelle finden. Dazu gibt es aber eine gute Alternative. Als ich in der vorzustellenden Berufsschule lernte, hat mehr als die Hälfte meiner Mitschüler schon ein Diplom gehabt. Es waren auch ein paar Germanisten dabei, die sich in das Wirtschaftsleben stürzen wollten. Die großen deutschen Firmen in Ungarn freuen sich über eine deutsche Ausbildung. Sie ist ein großer Vorteil anderen gegenüber, und wir stehen ja an der Schwelle der EU-Integration. Wenn die Grenzen verschwinden und jeder problemlos in ganz Europa arbeiten kann, kann einem ein deutscher Beruf zugute kommen.

Im Betondschungel von Békásmegyer, an der nördlichen Grenze von Budapest, ganz versteckt gibt es eine kleine, aber feine Berufsschule. Das GtB Deutsch-Ungarisches Bildungszentrum e.V. (Német-Magyar Képzõ Központ Egyesület). Es ist keine herkömmliche Schule, sondern eine Bildungsanstalt, die außerhalb des ungarischen Schulsystems funktioniert. Sie wurde von der Kolping Stiftung und der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer ins Leben gerufen. Es werden hier deutsche Berufe mit den Mitteln und Methoden der deutschen Berufsausbildung gelehrt und die Methode der „dualen Ausbildung” geübt. Das heißt, dass es neben der theoretischen Bildung, die in der Schule erfolgt, es auch eine praktische Ausbildung gibt. Um diese absolvieren zu können, braucht jeder Schüler eine sog. „Sponsorfirma”. In einem Jahr gibt es drei Monate Schule, die restliche Zeit wird bei der Firma verbracht. Man bekommt einen Arbeitsvertrag und ein vernünftigen Gehalt. Meistens suchen die Firmen selbst die Leute, die sie ausbilden lassen wollen, und schließen mit ihnen einen Vertrag ab, der sie einige Jahre nach der Ausbildung an die Firma bindet. Das ist ja auch verständlich. Der finanzielle Aufwand, der nicht klein ist, da die Schule nicht kostenfrei ist, soll sich auch für die ausbildenden Firmen lohnen. Diese Art der Ausbildung ist in Deutschland allgemein üblich. Die Schüler, die diese Form der Berufsausbildung gewählt haben, werden Auszubildende oder einfach Azubis genannt.
Die Aufnahmebedingungen sind hier anders als bei den herkömmlichen Berufsschulen in Deutschland. Die Sponsorfirmen können individuell entscheiden, wen sie aufnehmen und ausbilden lassen wollen. Die einzige Bedingung, die die Schule fordert, ist das Abitur. Den Auszubildenden gegenüber wird von der Schule das Beherrschen der deutschen Sprache vorausgesetzt. Die Anforderungen liegen ungefähr zwischen Mittel- und Hochstufe. Es wird in deutscher Sprache unterrichtet, also braucht man auch diese Kenntnisse, sonst kann man leicht durchfallen.

In der Gtb werden Industriekaufleute, Groß- und Außenhandelskaufleute, Bankkaufleute und Bürokaufleute ausgebildet. Die Ausbildung dauert zwei Jahre. In der Schule muss der Azubi insgesamt nur sechs Monate verbringen. In der übrigen Zeit wird in der Firma von Abteilung zu Abteilung gewechselt. Es müssen alle kennen gelernt werden, sowie Beschaffung, Absatz, Rechnungswesen, EDV, Organisation. Am Ende des zweiten Jahres müssen die Auszubildenden verschiedene Prüfungen ablegen. Es gibt eine mündliche und eine schriftliche Prüfung in deutscher Sprache, eine Rechnungswesenprüfung auf Ungarisch, eine ECDL Prüfung für die Computerkenntnisse und eine Wirtschaftsdeutschprüfung am Goethe Institut.

Internet:
www.gtbbp.hu