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Zeitung << 2/2002 << Der Teufel und seine Dienerinnen


Der Teufel und seine Dienerinnen
Die Hexenverfolgung

Autorin: Andrea Tóth

Die Hexenverfolgungen des 16. und 17. Jahrhunderts haben im Laufe der Geschichte in Europa die nach den Judenverfolgungen größte nicht kriegsbedingte Massentötung von Menschen bewirkt. Sie zählten insgesamt etwa 70000 Opfer, von denen etwa 40000 auf das Heilige Römische Reich deutscher Nation entfielen.

Bei den Hexenprozessen muss bezüglich der Verfolgung zwischen der geistlichen Führungsschicht, der heiligen Inquisition, und den einfachen Dorfpfarrern unterschieden werden. Nur die geistliche Führungsschicht nahm die Hexenlehre mit ihrer Frauenfeindlichkeit als Maßstab bei den Hexenprozessen. Dorfpfarrern war die Hexenlehre zwar bekannt, doch zeigten sie eine geringe Bereitschaft bei Zaubereidelikten hart und schnell durchzugrei­fen, andere wiederum trugen zur Auslösung von Prozessen bei.
Die Rolle der Bevölkerung bei der Hexenverfolgung ist eine nicht zu unterschätzende, da die Masse bei den öffentlichen Hinrichtungen immer präsent war. Im 17. Jahrhundert waren die Angeklagten auch durch private Verdächtigungen in Prozesse verwickelt, die sie niemals gewinnen konnten. Wobei auch zu bemerken ist, dass der Hexenglaube in allen Bevölkerungsschichten eher den traditionellen Zaubereivorstellungen als der Hexenlehre entsprach. Die Dominikaner Jakob Sprenger und Heinrich Institoris verfassten das Lehrbuch der Inquisition. Der “Malleus Maleficarum“ (Der Hexenhammer, erstmals erschienen 1487) beinhaltete die Verfahren, die einen Maßstab zu Verdächtigung, Schuldbeweis, Quälen und Hinrichtung der Angeklagten gab. Bei den Prozessen waren entweder politische, religiöse, oder beide Beweggründe ausschlaggebend und der Hauptgrund der Verfahren.

Die Praxis der Scheinprozesse
Das Gericht wurde öffentlich abgehalten. Nach­dem das Urteil beschlossen worden war, wurde die Anklage vorgelesen, daraufhin musste die Angeklagte ihr Geständnis öffentlich bestätigen. Da einige sich diesem Teil des Prozesses wiedersetzten, wurde die Folter angewandt. Wobei es mehrere Stufen der Folter gab, als erstes nur als Drohung im Späteren auch praktisch vorgeführt. Unter Schmerzen gaben sie natürlich dem Willen der Kirche nach, wobei sie ihr eigenes Todesurteil unterschreiben und als Letztes wurde das schriftlich fixierte Urteil vorgelesen. Daraufhin folgte die Hinrichtung.
Die Angeklagten hatten während des Prozesses die Möglichkeit dem Teufel abzuschwören und in den Schoss der Mutter Kirche zurückzukehren, wodurch zwar ihr Leben gerettet wurde, allerdings mussten sie mit lebenslanger Gefangenschaft rechnen . Aber in Wahrheit konnte das Eingestehen aller Sünden und aller Schuld wenig am Feuertod ändern, weil das Statuieren eines Exempels eine alte, berüchtigte Maßnahme zur Kontrolle der Bevölkerung durch die weltliche oder kirchliche Macht war. Die Liste der Verurteilten ist eine unendlich lange, aber um nur eine der bekanntesten Opfer der Hexenprozesse beim Namen zu nennen, bedarf es einer überregionalen Verlagerung des Themenkreises.
Im Jahre 1431 wurde in Frankreich, in Rouen gegen Jeanne d'Arc ein Inquisitionsprozess unter dem Vorsitz von Pierre Cauchon, dem Bischof von Beauvais abgehalten. Die Richter warfen Jeanne ihre Männerkleidung und ihren kurzen Haarschnitt vor. Sie würde damit gegen die Natur ihres Geschlechts handeln. Vor allem ihre selbst proklamierte Gottgesandtheit ist der Kirche ein Dorn im Auge. Der Papst erhebt den alleinigen Anspruch der Vertretung Gottes auf Erden. Darum bezichtigt man sie, mit Dämonen und bösen Mächten im Bunde zu sein. Da ihr im Gerichtssaal nicht beizukommen ist, verlegt man die Verhöre in ihre Zelle. Eindringlich wird Jeanne d'Arc ermahnt, ihre Irrtümer zu bekennen und sich dem Urteil der Kirche zu unterwerfen. Um ihren Willen zu brechen, bedrohen die Richter sie mit der Folter. Erst als man sie, nach langen zermürbenden Verhören, vor einen aufgeschichteten Scheiterhaufen bringt widerruft sie den Tod vor Augen alles und gibt dem Willen der Kirche nach. Sie wird zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt. Im Gefängnis bereut sie ihre kurzzeitige Schwäche, zieht wieder ihre Männerkleidung an, worauf sie ein letztes Mal verhört wird. Ihre Antwort lautet, dass sie den Widerruf nur aus Angst vor dem Feuer unterzeichnet habe. Daraufhin notiert der Gerichtsschreiber an den Rand des Protokolls: Responsio mortifera - tödliche Antwort. Jeanne d'Arc wurde auf den alten Marktplatz von Rouen geführt, wo ein Scheiterhaufen “zu ihren Ehren“ vorbereitet lag. Bei lebendigem Leib wurde sie als Hexe verbrannt und ihre Asche in die Seine geworfen.
Macht und Interessen hatten immer eine große Rolle bei den Hexenprozessen gespielt. Wobei der Bund mit dem Teufel im Vordergrund stand, die Sorge um das ewige Leben und die Gefahr der Ansteckung anderer. Hauptcharakteristikum der Hexen war ihr Teufelspakt. Eine Besonderheit bei einigen war, dass sie dem Teufel beinahe göttliche Macht einräumten. Es wurden zwar nicht ausschließlich, aber doch hauptsächlich Frauen verfolgt. Im Dorf waren für Hexereiverdächtigungen der Ruf der Familie und nicht das Geschlecht entscheidend. In den Hexenprozessen des 16. Jahrhunderts hingegen wurde der Hexereivorwurf nahezu ausschließ­lich gegen Frauen gerichtet, die sich in Gebrauch und Herstellung von Tränken und Drogen zur Heilung, Abtreibung, für Liebes- und Schadenzauber auskannten. Doch ist anzufügen, dass die Ausübung von Magie schlechthin keineswegs eine weibliche Domäne darstellte. Männer wie Frauen betrieben Wahrsagerei, sprachen Segen und Gegenzauber. Doch nur Frauen wurde der Umgang mit "schwarzer", schädigender Magie zugeschrieben. Verdacht und Verfolgung wurde prinzipiell gegen jede Frau gerichtet, egal ob sie sich abweichend verhielt oder nicht.
Diese Art des Fanatismus muss wohl in der menschlichen Natur liegen. Anders ist es nicht zu erklären, wie sich einige an der Erniedrigung und dem Quälen anderer ergötzen können. Es ist nicht als Feminismus gedacht, wenn hier die Hexenverfolgung auch als Frauenverfolgung dargestellt wurde. Aber Tatsache ist, dass die Hexenprozesse voriger Jahrhunderte zum Großteil weibliche Opfer forderten.