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Zeitung << 2/2002 << Mein Lehrerpraktikum


Mein Lehrerpraktikum
Autorin: Judit Straub

Als ich im Ságvári Gymnasium gelesen habe, dass ich mein Praktikum in diesem Semester im Deák Ferenc Gymnasium machen werde, war ich aufgeregt. Jede Menge Fragen tauchten in mir auf: Werde ich meine Mentorin sympathisch finden? Wird sie mich auch sympathisch finden? Werde ich eine gute Lehrerin sein? Welche Klasse werde ich unterrichten? Werde ich alles richtig machen?

Im fünften Studienjahr muss man ein Lehrerpraktikum machen. Man muss fünfzig Stunden hospitieren und zwölf bis fünfzehn Stunden unterrichten. Da die Universität nur wenige Plätze für das Praktikum in Gymnasien sichern kann, kommt es oft vor, dass die Studenten in Grundschulen unterrichten und hospitieren müssen. In den nächsten Jahren wird es vielleicht nicht so hektisch sein, weil man die fünfzig Stunden nicht in einem Semester hospitieren muss, sondern auf mehrere Semester verteilt. Im zweiten Studienjahr könnte man damit beginnen. Aber das alles ist noch eine Frage der Zukunft.

Vorbereitungen
Als ich Frau Regényi, meine Mentorin, Anfang September aufsuchte, konnte ich schon meine erste Frage beantworten: sie war sehr nett und hilfsbereit. Sie hat mir alles erklärt, ich habe mir ihren Stundenplan aufgeschrieben und schon am nächsten Tag meine Hospitation begonnen. Mir ist sofort aufgefallen, dass sie die Kinder sehr mag, und das beruht auf Gegenseitigkeit: die Kinder mögen sie auch. Sie hat meiner Meinung nach sehr interessante Stunden gehalten. Sie konnte auch die Schüler motivieren, was keine leichte Aufgabe ist, wie ich erfahren habe. Ich habe sehr viel von ihr gelernt. Nach den Stunden haben wir die Geschehnisse besprochen, wir haben sehr viele Pausen damit verbracht. Sie hat oft gefragt, was meine Meinung über die Stunde, über die einzelnen Schüler war. Sie hat mich so behandelt, als ob ich auch eine „echte” Lehrerin wäre. Frau Regényi und ich haben sehr lange darüber diskutiert, welche Klasse ich unterrichten sollte. Schließlich haben wir uns für eine neunte Klasse entschieden. Diese Klasse war mir sehr sympathisch, weil die Schüler sehr fleißig waren, sie hatten viele Fragen und waren wissbegierig. Sie hatten ein gutes Benehmen, was meine Entscheidung unterstützte.

Meine erste Deutschstunde
Man kann sich gar nicht vorstellen, wie nervös ich war, als ich noch fünf Minuten bis zum Beginn meiner ersten Deutschstunde hatte. Obwohl ich alles bis zu dem kleinsten Schritt geplant und mit meiner Mentorin besprochen hatte, hatte ich echtes Lampenfieber. Ich habe dutzendmal meinen Unterrichtsplan durchgelesen, ich habe dieses Blatt schon zerknittert, bis die Pause zu Ende war. Aber als ich die ersten Worte hinter mir hatte, war mein Lampenfieber wie weggeblasen. Die Kinder waren sehr nett, sie haben mich sofort akzeptiert.
Ich konnte mit „meiner” Klasse sehr gut zusammenarbeiten, denn sie waren sehr neugierig, und sie haben sehr viele Fragen an mich gestellt. Sie waren in der Stunde sehr fleißig, sie haben wirklich sehr viel und sehr hart gearbeitet. Ich habe zwar Probleme mit ihrem Benehmen gehabt, aber sie haben sich immer noch besser benommen als die anderen Klassen.
In den Stunden haben wir sehr viel gespielt, was der Klasse Spaß gemacht hat. Wir haben sehr viel gelacht. Wir haben zum Beispiel „Ich packe in meinen Koffer …” gespielt, was zum Üben des Akkusativs dient. Und so habe ich auch ein Bild von ihrem Wortschatz bekommen. Mit den Noten, die ich gegeben habe, bin ich immer noch nicht zufrieden. Ich habe ständig das Gefühl, dass ich nicht gerecht war. Aber ich glaube, dass auch die LehrerInnen, die diesen Beruf schon seit vielen Jahren ausüben, über die gegebenen Noten lange nachdenken.
Meine nächste Aufgabe war, eine Klassenarbeit zusammenzustellen. Ich habe zwei Tage damit verbracht, mir die richtigen Aufgaben auszudenken. Schließlich habe ich meine Vorstellungen mit meiner Mentorin besprochen. Sie hat noch einige Aufgaben geändert, damit sie besser zu verstehen sind. So war meine erste Klassenarbeit fertig. An einem Dienstag haben die Schüler diese Klassenarbeit geschrieben. Sie waren sehr früh fertig, deshalb habe ich ihnen gesagt, dass sie die Arbeiten noch durchlesen sollten. Sie haben gesagt, sie haben es schon getan, und sie haben die Blätter abgegeben. Ich war von den Ergebnissen frustriert! Ich glaube, sie haben die schon gelösten Aufgaben nicht gründlich durchgelesen. Ich habe leider sehr viele Fehler gefunden, deren Grund die Unaufmerksamkeit war. Sie haben nicht auf die Großschreibung und auf die Artikel geachtet, wofür ich natürlich Punkte abziehen musste. Ich habe dann die Punktzahlen so festgelegt, dass die schlechteste Note die Drei war. Frau Regényi hat aber gesagt, dass ich zu weichherzig bin. Ab 60% bekommen die Schüler eine Zwei, ab 70% eine Drei, ab 80% eine Vier und ab 90% eine Fünf. Der Durchschnitt war immer noch sehr gut (3.74), aber ich wollte bessere Noten geben.
Am Morgen meiner Lehrprobe war ich noch nervöser als vor meiner ersten Stunde. Ich habe meinen Unterrichtsplan zehnmal durchgelesen, ich wusste es schon auswendig. Als die Pause vor der Stunde zu Ende war, klopfte mein Herz schon in meinem Hals. Aber als die Schüler in den Raum hereingekommen sind, war ich schon sehr ruhig. Als die Stunde zu Ende war, hat meine Mentorin gesagt, dass es eine gute Stunde war.
Was wir im vierten Studienjahr in Didaktikvorlesungen und -seminaren behandelt haben, konnte ich leider kaum benutzen, da wir keine praktischen Ratschläge für den Unterricht bekommen haben. Diese Stunden waren theoretisch und wir haben nicht darüber gesprochen, wie man die Theorie in die Praxis umsetzen kann. Einmal haben wir eine Doppelstunde gehabt, in der wir Spiele kennen gelernt haben, die die Fähigkeiten fördern. Diese Spiele konnte ich gut benutzen. Das Problem mit den Didaktikvorlesungen und -seminaren ist, dass wir nur theoretische, aber keine praktischen Sachen lernen mussten. Das Lehrerpraktikum beginnen wir so, dass wir keine Ahnung haben, wie man unterrichten sollte. Die fünfzehn Stunden sind zu wenig, um Erfahrungen zu sammeln. Ich finde es schade, dass mein Praktikum zu Ende ist, weil es mir Spaß gemacht hat.