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Zeitung << 1/2001 << Verschwinden der Siebenbürger Sachsen


Verschwinden der Siebenbürger Sachsen
Autor: Csaba Fülöp

Die Siebenbürger Sachsen sind mit den Sachsen von Deutschland nicht zu verwechseln. Sie sind mehr als eine rumänendeutsche Volksgruppe, sie bilden ein selbständiges Volk. Das hängt damit zusammen, dass sie im Laufe der letzten 800 Jahre von anderen deutschen Nationen getrennt gelebt haben. Diese irreführende Benennung haben sie angeblich von den Szeklern (ungarische Ethnie in Siebenbürgen) erhalten und angenommen. Der Großteil der Siebenbürger Sachsen kam - auf den Ruf König Gézas II. - vom Niederrhein und den Ufern der Mosel und siedelte sich in Südostsiebenbürgen an. Die Legende dagegen lautet so: Die am Ufer der Weser liegende Stadt Hameln wurde von Ratten so sehr heimgesucht, dass die Stadtväter schon über die Aufgabe der Stadt redeten, als ein Bursche mit seiner Wunderpfeife erschien. Er war der Mann König Gézas. Er forderte einen so hohen Preis für die Befreiung von den Ratten, dass die Stadtväter zwar genötigt waren, diesen zu versprechen, ihn aber nicht bezahlen konnten, wonach der Bursche statt dem ausgebliebenen Lohn mit dem Ton seiner Zauberpfeife die Kinder von Hameln, so wie vordem die Ratten, weglockte, doch nicht in die Fluten der Weser, sondern nach Siebenbürgen, damit sie hier blühende Dörfer erbauen.
So sind die Siebenbürger Sachsen der Geschichte und der Legende nach angekommen. Mehrmals wurde Siebenbürgen wegen seiner Berge und wegen der miteinander lebenden Völker mit der Schweiz verglichen. Aber es gab hier nie eine solche friedliche Koexistenz wie in der Schweiz. Die Sachsen sind stufenweise verschwunden. Nach 1918 sind viele sächsische Familien nach Deutschland und Österreich übersiedelt, obgleich die sächsischen Abgesandten die Vereinigung angenommen haben. Nach dem zweiten Weltkrieg sind viele Sachsen entflohen und haben sich in Niederösterreich angesiedelt. Wahrend des Ceausescu-Regimes hat der rumänische Staat die Sachsen systematisch verkauft. Es gab billigere und teurere Sachsen.
Meine Tante hat einen Sachsen geheiratet. Beide sind Ärzte. Sie haben zwei Kinder. Für diese Familie hat der deutsche Staat dem rumänischen Staat 1988 44000 DM bezahlt. Sie gehörten zu den teureren Sachsen. Seit 1980 haben sie um Übersiedlung angesucht und drei Wochen nach der Bezahlung des Geldes mussten sie nach Deutschland ziehen. Sie wohnten in Bierthalm (Berethalom), in einer Gemeinde mit 3000 Einwohnern. Heute sind dort nur fünf sächsische Familien geblieben. In den Häusern der Sachsen leben heute Zigeuner. Der rumänische Staat hat sie angesiedelt. Bierthalm, die ehemalige schöne Gemeinde ist heute in jämmerlichem Zustand. Vor 1918 betrug die Zahl der Sachsen noch ungefähr 200000, heute sind weniger als 50000 geblieben (1970 waren noch 180000).
Leider wird die Anzahl der Siebenbürger Sachsen auch heute immer kleiner. Sie werden langsam assimiliert. Die Kinder und Enkel derjenigen, die schon in Deutschland leben, können kein Sächsisch mehr, sie sprechen nur Deutsch. Das siebenbürgische Sachsentum wird leider wahrscheinlich verschwinden.